Orientierungssatz

Zum Umfang der Akteneinsicht im Bußgeldverfahren

 

Verfahrensgang

AG Westerstede (Aktenzeichen 48 OWi 350/12)

 

Tenor

  • 1.

    Dem Landkreis Ammerland - Bußgeldstelle - wird aufgegeben, der Betroffenen durch ihren Verteidiger Akteneinsicht in das Referenzvideo durch Beifügung des Videos und Übersendung der Akte in dessen Kanzleiräume zu gewähren

  • 2.

    Im Übrigen wird der Antrag der Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen.

 

Gründe

Der nach §§ 62, 69 OWiG zulässige Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist teilweise begründet.

Dem Verteidiger ist Einsicht in das Referenzvideo zu gewähren, welches bei Einrichtung der Messstelle erstellt wurde. Der Betroffenen steht es zu, bereits im Verfahren der Verwaltungsbehörde zu überprüfen, ob die Messstelle entsprechenden den Vorgaben der Herstellerfirma ordnungsgemäß eingerichtet wurde. Da weitere Nachweise diesbezüglich nicht vorliegen, bedarf es der Übersendung des Referenzvideos,

Soweit der Verteidiger hingegen gerichtliche Entscheidung bezüglich der Versagung der Übersendung der Bedienungsanleitung beantragt hat,

war dieser Antrag als unbegründet zurückzuweisen. Zwar führt der Verteidiger zutreffend aus, dass das Akteneinsichtsrecht auch die Bedienungsanleitung des Messgeräts umfasst (vgl. AG Westerstede, Beschluss vom 27.06.2012 - 48 OWi 241/12 sowie auch bspw. AG Lüdinghausen, Beschluss vom 09.02,2012 - 19 OWi 19/12; AG Herford, Beschluss vom 20.09.2010 - 11 OWi 624/10; LG Ellwangen, Beschluss vom 14.09.2009 - 1 Os 166/09). Diesem Recht wurde jedoch vorliegend bereits durch die Bußgeldstelle hinreichend entsprochen, indem der Verteidiger mit E-Mail vom 06.07.2012 darauf hingewiesen wurde, dass die entsprechende Bedienungsanleitung auf der Internetseite der Herstellerfirma VIDIT GmbH eingesehen werden kann. Dem Verteidiger wird somit eine kostenlose Einsichtnahme in die Bedienungsanleitung und folglich Überprüfung der Messung ermöglicht, ohne dass es hierfür einer Vervielfältigung und Aktenübersendung bedarf. Eine entsprechende Vorgehensweise ist dem Verteidiger auch zumutbar, da sie ohne erheblichen Aufwand durchzuführen ist.

Ebenso war der Antrag auf gerichtliche Entscheidung bezüglich der Versagung der Übersendung der Lebensakte als unbegründet zurückzuweisen. Die Verwaltungsbehörde hat diesbezüglich mitgeteilt, dass eine Lebensakte für das eingesetzte Messgerät nicht geführt wird. Mangels Vorhandensein einer solchen Akte kann folglich auch keine Kopie hiervon erstellt oder Einsicht hierin gewährt werden.

Diese Entscheidung ist gemäß § 62 Abs.2 OWiG unanfechtbar.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3956550

VRA 2013, 15

VRR 2013, 39

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