Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Anfechtbarkeit von Blankett-Zustimmungen
Leitsatz (amtlich)
Beschlüsse über die Genehmigung von sogenannten Balkonkraftwerken und Split Klimaanlagen müssen die näheren Umständen des jeweils konkreten Einbaus des Gerätes enthalten. Insbesondere muss den Wohnungseigentümern klar sein, welche Auswir-kungen das konkrete Gerät auf das optische Erscheinungsbild und der Immissionen hat.
Normenkette
WEG §§ 19, 20 Abs. 1
Tenor
Die Beschlüsse der Versammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 26.09.2023 zu TOP 8, Genehmigung Klimageräte und TOP 9, Balkonkraftwerke, werden für ungültig erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreites hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Der Streitwert wird festgesetzt auf 19.608,75 EUR.
Tatbestand
Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie hält einen Miteigentumsanteil von 581/10.000, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 6 bezeichneten Wohnung nebst Keller Nr. 6.
Am 26.9.2023 fand eine Wohnungseigentümerversammlung statt. Zu TOP 8 wurde der nachfolgende Beschluss gefasst:
„Die Wohnungeigentümergemeinschaft genehmigt die Montage einer Split-Klimaanlage innerhalb des Balkonbereiches und die dazu benötigte Kernbohrung durch die Außenwand. Die Montage muss fachgerecht ausgeführt werden. Die Kosten trägt der jeweilige Eigentümer der Wohnung. Künftige Wartungs- und Instandhaltungskosten einschließlich evtl. entstehende Schäden am Gemeinschaftseigentum trägt der jeweilige Eigentümer der Wohnung”.
Zu TOP 9 wurde der nachfolgende Beschluss gefasst:
„Die Wohnungseigentümergemeinschaft genehmigt die Montage bzw. das Anbringen von sogenannten Balkonkraftwerken (vom Netzbetreiber genehmigungsfreie Photovoltaikanlage) am eigenen Balkon der Wohnung. Künftige Wartung- u. Instandhaltungskosten einschließlich evtl. entstehende Schäden am Gemeinschaftseigentum trägt der jeweilige Eigentümer der Wohnung.”
Die Klägerin ficht mit der vorliegenden Klage beide Beschlüsse an. Sie ist der Ansicht, beide Beschlüsse seien nicht hinreichend bestimmt.
Hinsichtlich des Beschlusses zu TOP8 (Genehmigung der Split Klimaanlage) ist sie der Auffassung, dass die Auswahl eines Herstellers und die Auswahl eines konkreten Modells fehlen würden. Weiterhin fehlten Vorgaben hinsichtlich der Emission, der Geräuschent- wicklung oder der warmen Abluft. Es seien keine Angaben hinsichtlich der genauen Platzierung der Klimageräte gemacht worden, so dass die Gefahr bestehe, das die Geräte auch von außen sichtbar seien. Die Platzierung der Klimageräte auf den Balkonen würde für die Klägerin ein unzumutbarer Nachteil ergeben, da sie mit Geräuschen der Klimageräte und der Zufuhr von Warmluft konfrontiert sei und dass ihr Balkonen nicht mehr genutzt werden könne.
Hinsichtlich der des Beschlusses zu TOP 9 (Balkonkraftwerke) rügt die Klägerin, dass nicht ersichtlich sei, an welchen Stellen das Balkonkraftwerk zu montieren sei, welches Fabrikat genommen werden solle und welche Größe es haben solle. Dadurch fände eine massive Risikoerhöhung statt, da eine Brandgefahr gegeben sei, sofern keine ordnungsgemäßen Geräte montiert würden.
Die Klägerin beantragt,
die Beschlüsse zu TOP 8, Genehmigung Klimageräte, und TOP 9, Balkonkraftwerk, der Versammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 26.09.2023, werden für ungültig erklärt.
Hilfsweise wird beantragt, festzustellen, dass die Beschlüsse gemäß Antrag zu TOP 8 und TOP 9. nichtig sind.
Die Beklagte beantragt
die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt die gefassten Beschlüsse. Sie ist Auffassung, für die Bestimmtheit des Beschlusses sei nicht die Auswahl eines Herstellers oder gar eines konkreten Modells erforderlich. Unter Verweis auf das Urteil des Amtsgerichtes Ludwigshafen vom 26.1.2022 Aktenzeichen – 2 pC 88/21-Juris, ist sie der Auffassung, dass der bloße Einbau (nicht der Betrieb) einer Klimaanlage noch keinen relevanten Nachteil darstelle. Es sei völlig offen, welche benachbarten Sondereigentümer überhaupt eine Klimaanlage einbauen würden. Der Vortrag der Kläger hinsichtlich der Warmluftemissionen und Emissionen von Lärm seien rein spekulativ.
Hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 9 Balkonkraftwerk sei eine Erhöhung der Brandgefahr nicht ersichtlich, da „natürlich” nur zertifizierte und zugelassene Geräte angebracht werden dürften.
Wegen des weiteren Vortrages wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze einschließlich Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Die angefochtenen Beschlüsse entsprechen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.
Die Unwirksamkeit eines Beschlusses über eine bauliche Veränderung im Sinne des § 20 Abs. 1 WEG ist nicht nur an den Vorgaben von § 20 Abs. 4 WEG zu messen, wonach bauliche Veränderungen die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen nicht beschlossen...