1 Leitsatz
Gestatten die Wohnungseigentümer ein Balkonkraftwerk oder eine Split-Klimaanlage, muss der Beschluss die näheren Umstände des konkreten Einbaus enthalten. Insbesondere muss den Wohnungseigentümern klar sein, welche Auswirkungen das Gerät auf das optische Erscheinungsbild und Immissionen hat.
2 Normenkette
§§ 18, Abs. 2 Nr. 2, 20 Abs. 1 WEG
3 Das Problem
Die Wohnungseigentümer fassen zu TOP 1 folgenden Beschluss: "Die Wohnungseigentümergemeinschaft genehmigt die Montage einer Split-Klimaanlage innerhalb des Balkonbereichs und die dazu benötigte Kernbohrung durch die Außenwand. Die Montage muss fachgerecht ausgeführt werden. Die Kosten trägt der jeweilige Eigentümer der Wohnung. Künftige Wartungs- und Instandhaltungskosten einschließlich evtl. entstehender Schäden am Gemeinschaftseigentum trägt der jeweilige Eigentümer der Wohnung". Zu TOP 2 heißt es: "Die Wohnungseigentümergemeinschaft genehmigt die Montage bzw. das Anbringen von sogenannten Balkonkraftwerken (vom Netzbetreiber genehmigungsfreie Photovoltaikanlage) am eigenen Balkon der Wohnung. Künftige Wartungs- und Instandhaltungskosten einschließlich evtl. entstehende Schäden am Gemeinschaftseigentum trägt der jeweilige Eigentümer der Wohnung." Gegen diese Beschlüsse wendet sich Wohnungseigentümer K. Er meint, sie seien nicht hinreichend bestimmt.
4 Die Entscheidung
Das AG sieht das auch so! Der Beschluss, mit dem eine bauliche Veränderung gestattet werde, müsse aus sich heraus genau, klar und deutlich erkennen lassen, was gelte. Dazu müsse er so ausführlich wie nötig beschreiben, was gebaut werden solle. Ob eine allgemeine Gestattung, nach der es im Belieben des Bauwilligen stehe, wie und was er im Einzelnen baue ("Blankett-Zustimmung"), dem Grundsatz der Bestimmtheit genügt, sei umstritten. Jedenfalls in der jüngeren erstinstanzlichen Rechtsprechung (Hinweis auf AG München, Urteil v. 1.6.2023, 1293 C 13.203/22 und AG Hamburg-St. Georg, Urteil v. 28.1.2022, 980b C 15/21) werde die Auffassung vertreten, in einem Gestattungsbeschluss sei die bauliche Veränderung nach Art, Maß und Umfang genau zu beschreiben. Dem sei auch zu folgen. Im Fall seien die näheren Umstände des jeweils konkreten Einbaus einer Klimaanlage und eines Balkonkraftwerks aber völlig unklar. Es sei offengeblieben, wie die Baumaßnahme technisch durchgeführt werde und welche Auswirkungen sie auf die Optik des Gebäudes habe. Lediglich die Finanzierung und die Haftung für Schäden am gemeinschaftlichen Eigentum seien geregelt worden. Im Hinblick auf die Vielzahl der am Markt erhältlichen Split-Klimaanlagen und Balkonkraftwerke sei den Wohnungseigentümern nicht klar, was sie erwarte. Im Hinblick auf die Split-Klimaanlagen komme erschwerend hinzu, dass die auf dem Markt erhältlichen Anlagen hinsichtlich der Lärmemissionen erheblich voneinander abweichen. Die Unterscheidung von AG Ludwigshafen, Urteil v. 26.1.2022, 2p C 88/21, zwischen der Genehmigung des Einbaus eines Klimageräts und der Genehmigung seines Betriebs erscheine künstlich. Da eine bauliche Maßnahme nicht zweckfrei erfolge, sei bei der Frage der Beurteilung der Ordnungsgemäßheit der Genehmigung einer baulichen Maßnahme bei der Einzelfallprüfung auch die Auswirkung der baulichen Maßnahme bei zweckentsprechendem Betrieb zu berücksichtigen.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall geht es um die Frage, wie bestimmt ein Gestattungsbeschluss sein muss, wenn es beispielsweise um Balkonkraftwerke und Split-Klimaanlagen geht.
Gestattungsbeschluss und Bestimmtheit
Ein Gestattungsbeschluss muss dem Grundsatz der Bestimmtheit genügen. Dazu muss der Beschluss die bauliche Veränderung nach Art, Maß und Umfang genau beschreiben. Es muss für jeden zum Zeitpunkt der Beschlussfassung klar sein, was, wann, wo, von wem, mit welchen finanziellen Mitteln errichtet/verändert/eingebaut/abgebaut usw. wird (LG Frankfurt a. M., Urteil v. 22.12.2022, 2-09 S 31/22, ZWE 2023, 366). Die Entscheidung über die Art und Weise der Bauausführung und der baulichen Details erfordert insbesondere bei genehmigungspflichtigen Bauvorhaben eine konkrete Fachplanung (BGH, Urteil v. 9.2.2024, V ZR 244/22, Rn. 34). Dabei sind unter anderem die Alternativen der Bauausführung auch im Hinblick auf die einzuhaltenden öffentlich-rechtlichen Vorgaben zu ermitteln. Die herrschende Meinung hält es allerdings dennoch für möglich, auch eine "allgemeine" Gestattung zu erteilen, nach der es im Belieben des Bauwilligen stehen soll, wie und was er baut, also eine Art "Blankettzustimmung".
Was ist für die Verwaltungen besonders wichtig?
Die Tendenz der Amtsgerichte ist klar: Es sollte im Einzelnen geregelt werden, wie eine bauliche Veränderung zu vollziehen ist. Bei Geräten muss deutlich sein, welche Beeinträchtigungen wohl zu erwarten sind. Bis es die höheren Gerichte deutlich anders und entspannter sehen, sollten sich die Verwaltungen an dieser strengen Haltung ausrichten.
6 Entscheidung
AG Wiesbaden, Urteil v. 26.4.2024, 915 C 2171/23