Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Gebührenforderung vom 01.12.2004 seiner Prozessbevollmächtigten, Frau Rechtsanwältin ..., in Höhe von noch 224,11 EUR freizustellen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Eine Berufung gegen das Urteil wird gemäß § 511 Abs. 4 ZPO zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt Freistellung von einer anwaltlichen Gebührenforderung.

Zwischen den Parteien besteht ein Vertrag über eine Rechtsschutzversicherung auf der Grundlage der ARB 75. Der Kläger beauftragte am 19.10.2004 seine jetzige Prozessbevollrrächtigte mit der Geltendmachung einer Forderung aus einem Arbeitsverhältnis. Die Beklagte erteilte auf Grund eines Schreibens der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 28.10.2004 (Bl. 45 d. A.)eine Deckungszusage für eine außergerichtliche Tätigkeit. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers forderte den ehemaligen Arbeitgeber des Klägers durch Schreiben vom 28.10.2004 zur Zahlung auf. Dieser wies die Forderungen des Klägers durch Schreiben vom 01.11.2004 zurück. Am 25.11.2004 erteilte der Kläger seiner Prozessbevollmächtigten Klagauftrag. Am 26.11.2004 vereinbarten derKläger und seine Prozessbevollmächtigte, dass diese parallel zurweiteren Vorbereitung der Klage dem früheren Arbeitgeber ein Vergleichsangebot unterbreiten soll, was daraufhin geschah. Am30.11.2004 erörterten die Prozessbevollmächtigte des Klägers und der frühere Arbeitgeber das Vergleichsangebot. Es kam zu einer abschließenden Einigung. Eine Klagerhebung erfolgte nicht mehr.

Die Prozessbevollmächtigte des Klägers fertigte ihre Kostenrechnung vom 01.12.2004. Darin enthalten ist unter anderem eine 1,2 Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV in Höhe von 193,20 EUR netto (Bl. 15 d. A.). Diese Gebühr ist streitgegenständlich.

Der Kläger trägt vor:

Die Beklagte sei zur Übernahme auch der Terminsgebühr verpflichtet. Die Terminsgebühr sei angefallen.

Der Kläger beantragt,

wie entschieden.

Die Beklagte beantragt

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor:

Die Terminsgebühr sei nicht angefallen. Denn ein Klagverfahren sei nicht rechtshängig bzw. anhängig gewesen.

Wegen des weiter gehenden Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

1.

Der Kläger kann von der Beklagten Freistellung von der restlichen Gebührenforderung in Höhe von 224,11 EUR verlangen. Der Anspruch ergibt sich aus dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag.

Nach dem Versicherungsvertrag hat der Kläger einen Anspruch auf Erstattung bzw. Übernahme der Kosten seiner Rechtsanwältin, soweit sich für diese nach den gesetzlichen Vorschriften ein Vergütungsanspruch ergibt. Hier kann die Prozessbevollmächtigte des Klägers eine Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 RVG-VV in Höhe von 224,11 EUR verlangen. Es besteht ein entsprechender Freistellungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte.

Die Parteien streiten um die Frage, ob eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 RVG-W entsteht, wenn der Rechtsanwalt mit dem Gegner nach Klagauftrag, aber vor Anhängigkeit einer Klage ein Gespräch führt und eine Einigung erzielt. Diese Problematik ist- soweit ersichtlich - gerichtlich bislang noch nicht entscheiden worden. Inder Kommentierung werden unterschiedliche Standpunkte eingenommen. Hartmann bejaht die Entstehung einer Terminsgebühr, wenn der Rechtsanwalt einen Prozessauftrag hat (Hartmann Kostengesetze, 34. Auflage Rd.-Nr. 11 zu Nr. 3104 W-RVG). Gerold-Schmidt-von Eicken-Madert-Müller-Rabe halten die Rechtshängigkeit des streitigen Anspruchs nicht für erforderlich, damit eine Terminsgebühr entsteht (16. Auflage Vorbemerkung 3 W-Rd-Nr. 84). Hartung/Römermann stellen auf die Bestellung des Rechtsanwalts zum Prozessbevollmächtigten ab (RVG Praxiskommentar 2004 VV Teil 3 Rd.-Nr. 9 und 10). Gebauer/Schneider halten die Anhängigkeit des Klageverfahrens für erforderlich, damit eine Terminsgebühr entsteht (Anwaltkommentar RVG 2. Auflage VV Vormerkung 3 Rd.-Nr. 127).

Nach Auffassung des Gerichts ist das Entstehen der Terminsgebühr nicht von der Anhängigkeit des Anspruchs abhängig. Voraussetzung ist vielmehr ausschließlich, dass der Anwalt einen Prozessauftrag hat.

Gegen die Entstehung einer Terminsgebühr bei fehlender Anhängigkeit bzw. Rechtshängigkeit spricht zwar die systematische Stellung der Nr. 3104 im 3. Teil des RVG-W. Denn dort sind die Gebührentatbestände in den "bürgerlichen Rechtsstreitigen" und somit in den gerichtlichen Streitigkeiten geregelt (vgl. die Begründung in BT-Dr. 15/1971, S. 210). Allerdings sind in Teil 3 auch weitere Gebühren für den Fall aufgeführt, dass kein Gerichtsverfahren anhängig ist, z. B. die Nr. 3101. Daraus ergibt sich, dass nicht ausschließlich Gebührentatbestände im Zusammenhang mit einem gerichtlichen Verfahren in Teil 3 geregelt sind.

Der Wortlaut der Vormerkung 3 dritter Absatz zum Teil 3 des RVG-VV legt es nahe, das Entstehen der Terminsgebühr auch ohne Anhängigkeit zu bejahen. Dort heißt es: "Die Terminsgebühr entsteht für die ...

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