Die Verfahrensgebühr der Nr. 3305 VV entsteht unter den Voraussetzungen der Vorbem. 3 Abs. 2 VV, also sobald der Anwalt im Verfahren auf Erlass des Vollstreckungsbescheids tätig wird. Die Tätigkeit kann aber auch noch nach Erlass des Vollstreckungsbescheids entfaltet werden, etwa wenn der Anwalt nur mit der öffentlichen Zustellung des Vollstreckungsbescheids beauftragt wird (LG Bonn AGS 2005, 340 m. Anm. N. Schneider = RVGreport 2005, 350).
Ausreichend ist insoweit jede Tätigkeit nach Erteilung des Auftrags. Die noch zu § 43 BRAGO vertretene Auffassung des OLG Bamberg (JurBüro 1980, 721), wonach die Gebühr erst mit Eingang des Vollstreckungsbescheid-Antrags bei Gericht entstehen soll, ist mit dem Gesetz – jedenfalls mit dem RVG – nicht vereinbar.
In der Regel wird der Anwalt seine Tätigkeit dadurch entfalten, dass er den Antrag stellt und an das Gericht schickt.
Vollstreckungsbescheid muss nicht erlassen werden
Voraussetzung für die Gebühr ist nicht, dass der Vollstreckungsbescheid auch erlassen wird. Daher entsteht die Gebühr auch dann, wenn nach Ablauf der 14-tägigen Gelegenheit, Widerspruch einzulegen (§ 692 Abs. 1 Nr. 3 ZPO), der Vollstreckungsbescheid beantragt wird, vor dessen Eingang dann aber doch noch ein Widerspruch erhoben wird, so dass der Vollstreckungsbescheid nicht mehr erlassen werden darf (OLG Karlsruhe Rpfleger 1996, 421; OLG Hamburg JurBüro 2000, 473).
Hatte der Antragsgegner dagegen rechtzeitig innerhalb der 14 Tage des § 692 Abs. 1 Nr. 3 ZPO Widerspruch eingelegt, kommt es erst gar nicht zu einem Verfahren auf Erlass des Vollstreckungsbescheids, so dass eine Gebühr nach Nr. 3308 VV auch nicht anfallen kann.
Anders verhält es sich dagegen, wenn nachträglich ein rechtzeitig eingelegter Widerspruch wieder zurückgenommen wird. Dann ist der Erlass eines Vollstreckungsbescheids wieder möglich, so dass der Anwalt für einen entsprechenden Antrag wiederum die Gebühr nach Nr. 3308 VV erhält.
Die Gebühr der Nr. 3308 VV entsteht auch dann, wenn der Widerspruch erst im streitigen Verfahren zurückgenommen wird. In diesem Fall ist aus prozessökonomischen Gründen zwar das Prozessgericht für den Erlass des Vollstreckungsbescheids zuständig; dies ändert jedoch nichts daran, dass die Sache in das Verfahren auf Erlass des Vollstreckungsbescheids zurückversetzt wird und die dort vorgesehenen Gebühren anfallen können.
Der Anwalt erhält den Auftrag für ein Mahnverfahren über 7.500,00 EUR. Der Antragsgegner legt fristgerecht Widerspruch ein. Nach Abgabe an das zuständige LG wird vor mündlicher Verhandlung der Einspruch zurückgenommen. Das LG erlässt daraufhin antragsgemäß den Vollstreckungsbescheid.
Mit der Rücknahme des Streitantrags wird die Sache wieder in das Mahnverfahren zurückversetzt, so dass dort wiederum die Vollstreckungsbescheidgebühr (Nr. 3308 VV) anfallen kann. Die im streitigen Verfahren verdienten Gebühren bleiben dagegen erhalten. Zu beachten ist allerdings die Anrechnung (Anm. zu Nr. 3305 VV).
a) Mahnverfahren (Wert: 7.500,00 EUR)
1. |
1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3305 VV |
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412,00 EUR |
2. |
0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3308 VV |
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206,00 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
638,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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121,22 EUR |
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Gesamt |
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759,22 EUR |
b) Streitiges Verfahren (Wert: 7.500,00 EUR)
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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535,60 EUR |
2. |
anzurechnen gem. Anm. zu Nr. 3305 VV, 1,0 aus 7.500,00 EUR |
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– 412,00 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
143,60 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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27,28 EUR |
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Gesamt |
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170,88 EUR |