Leitsatz
Wird in einem Rechtsstreit mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung ein Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO geschlossen, in den auch nicht rechtshängige Ansprüche mit einbezogen werden, so entsteht die Terminsgebühr auch aus dem Vergleichsmehrwert.
OLG Saarbrücken, Beschl. v. 11.11.2009 – 9 W 340/09 – 33
I. Der Fall
Auf Antrag der Parteien hatte das LG durch Beschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt, dass ein Vergleich über die Klageforderung (5.260,05 EUR) und weitergehende nicht anhängige Gegenstände in Höhe von 24.549,00 EUR zustande kommen sei. Mit seinem Kostenausgleichsantrag begehrte der Kläger daraufhin u.a. die Festsetzung einer 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV aus dem Gesamtwert von 29.809,50 EUR. Die Beklagte war demgegenüber der Auffassung, die Terminsgebühr sei lediglich aus einem Wert von 5.260,05 EUR angefallen, da der Vergleichsüberhang nicht anhängig gewesen sei und demzufolge auch keine Terminsgebühr hieraus anfallen könne. Die Rechtspflegerin hat die Terminsgebühr aus dem Mehrwert abgesetzt und dies damit begründet, aus Anm. Abs. 2, 3 zu Nr. 3104 VV ergebe sich, dass eine Terminsgebühr bezüglich des Mehrvergleichs nur in dem Termin entstehen könne. Die sofortige Beschwerde, der das LG nicht abgeholfen hatte, war erfolgreich.
II. Die Entscheidung
Terminsgebühr entsteht auch bei schriftlichem Vergleichsabschluss
Wird – wie hier – in einem Rechtsstreit mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung ein Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO geschlossen, ohne dass ein mündlicher Verhandlungstermin stattgefunden hat, so erhalten die beteiligten Anwälte eine 1,2-Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV. Das hat der BGH bereits entschieden (AGS 2006, 488 = AnwBl 2006, 676 = NJW 2007, 160; bestätigt in FamRZ 2006, 1441 = MDR 2007, 302).
Anhängigkeit ist nicht erforderlich
Die Formulierung „in einem solchen Verfahren“ in Nr. 3104 VV bedeutet nicht, dass die Ansprüche bereits rechtshängig sein müssen. Wenn eine außergerichtliche Einigungsbesprechung über einen nicht rechtshängigen Anspruch, für den der Verfahrensauftrag bereits besteht, genügt, um eine Terminsgebühr auszulösen, so muss im Rahmen der Anm. Abs. 1 zu Nr. 3401 VV dasselbe für das schriftliche Aushandeln eines Vergleichs gelten, zumal dieses häufig mühsamer ist als eine Besprechung (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 18. Aufl., Nr. 3104 VV, Rn 53 ff., 58, 61).
III. Der Praxistipp
Abzurechnen war wie folgt:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 5.260,05 EUR) |
439,40 EUR |
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2. |
0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 Nr. 1 VV (Wert: 24.549,00 EUR) |
548,80 EUR |
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gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,3 aus 29.809,50 EUR |
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985,40 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 29.809,50 EUR) |
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909,60 EUR |
4. |
1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1003 VV (Wert: 5.260,05 EUR) |
338,00 EUR |
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5. |
1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV (Wert: 24.549,00 EUR) |
1.029,00 EUR |
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gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,5 aus 29.809,50 EUR |
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1.137,00 EUR |
6. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
3.052,00 EUR |
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7. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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579,88 EUR |
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Gesamt |
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3.631,88 EUR |