Gegenstandswert ist frei vereinbar
Anwalt und Auftraggeber können für die vom Auftraggeber zu zahlende Vergütung einen Gegenstandswert grds. frei vereinbaren (LG Düsseldorf, Urt. v. 5.12.1990 – 3 S 56/90 JurBüro 1991, 530; OLG Hamm, Beschl. v. 28.1.1986 – 28 U 201/85, AnwBl 1986, 452 = JurBüro 1986, 1878). Dieser Gegenstandswert ist dann allerdings nur dem Vergütungsanspruch des Anwalts gegen seinen Auftraggeber zugrunde zu legen und führt zu einem höheren oder niedrigeren Vergütungsanspruch als dem gesetzlichen.
Vereinbarung bei PKH unzulässig
Soweit dem Mandanten Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe bewilligt ist, ist die Vereinbarung eines höheren Gegenstandswertes allerdings unzulässig (§ 3a Abs. 3 RVG).
Bloße Vereinbarung eines Mindestwerts möglich
Möglich ist es auch, lediglich einen Mindestwert zu vereinbaren, der nur dann greift, wenn der gesetzliche Gegenstandswert nicht höher liegt.
Gegenüber Dritten sind solche Vereinbarungen unmittelbar bedeutungslos. Sie führen also weder zu höheren oder geringeren Gerichtskosten noch zu einem höheren Kostenerstattungsanspruch oder einem höheren Vergütungsanspruch gegenüber der Staatskasse.
Lediglich für den Kostenerstattungsanspruch kann die Vereinbarung eines geringeren Gegenstandswerts von Bedeutung sein, da der Erstattungsberechtigte vom Erstattungspflichtigen nie mehr erstattet verlangen kann, als er an seinen Anwalt zu zahlen verpflichtet ist. Da im gerichtlichen Verfahren die Vereinbarung einer geringeren Vergütung nicht zulässig ist, hätte eine solche Vereinbarung lediglich im außergerichtlichen Bereich Bedeutung. Sie kommt in der Praxis aber kaum vor.
Formvorschriften sind zu beachten
Soweit zwischen Anwalt und Auftraggeber eine Vereinbarung über die Höhe des Gegenstandswerts getroffen wird, handelt es sich um eine Vergütungsvereinbarung nach §§ 3a ff. RVG.
Das gilt auch dann, wenn die Vertragsparteien den tatsächlichen Streitwert nicht kennen und dieser möglicherweise schwer zu ermitteln ist und die Parteien durch eine Vereinbarung die Ungewissheit darüber beseitigen wollen. Die Formvorschriften des § 3a Abs. 1 S. 1 u. 2 RVG müssen daher beachtet werden, soll der Abrechnung des Anwalts ein höherer Gegenstandswert zugrunde gelegt werden als der gesetzliche. Die Vereinbarung muss insbesondere in Textform geschlossen und als solche bezeichnet sein. Sie darf nicht in einer Vollmacht enthalten sein und muss sich von anderweitigen Vereinbarungen deutlich absetzen. Soweit gegen die vorgenannten Formvorschriften verstoßen wird, bleibt die Vereinbarung zwar wirksam; der Anwalt kann gem. § 4b RVG jedoch nur nach dem gesetzlichen Wert abrechnen (BGH, Urt. v. 5.7.2014 – IX ZR 137/12, MDR 2014, 931 = AGS 2014, 319).
Hinweis auf eingeschränkte Kostenerstattung geboten
Der Anwalt ist ferner verpflichtet, darauf hinzuweisen, dass eine Kostenerstattung nur nach dem zutreffenden, nicht nach dem vereinbarten Streitwert vorzunehmen ist (§ 3a Abs. 1 S. 3 RVG). Anderenfalls macht er sich schadensersatzpflichtig.
Kein Unterschreiten der gesetzlichen Vergütung
In gerichtlichen Verfahren ist darüber hinaus zu beachten, dass die gesetzliche Vergütung nicht unterschritten werden darf (§ 49b Abs. 1 BRAO). Daher ist es in gerichtlichen Verfahren nicht zulässig, einen geringeren Streitwert als den gesetzlichen zu vereinbaren. Lediglich in außergerichtlichen Tätigkeiten kann auch ein geringerer Gegenstandswert vereinbart werden (§ 4 Abs. 1 S. 1 RVG). Soweit in einem gerichtlichen Verfahren unzulässigerweise ein geringerer Gegenstandswert vereinbart wird, bleibt der Anwalt daran allerdings gebunden, da der Verstoß die Wirksamkeit der Vereinbarung nicht berührt (BGH, Urt. v. 5.7.2014 – IX ZR 137/12, MDR 2014, 931 = AGS 2014, 319).
AGB-Kontrolle
Auch wenn grundsätzlich der Gegenstandswert frei vereinbart werden kann, unterliegt er doch der AGB-Kontrolle, zumindest gegenüber einem Verbraucher (BGH, Urt. v. 13.2.2020 – IX ZR 140/19, AGS 2020, 161; BGH, Urt. v. 13.2.2020 – IX ZR 141/19). So kann die Vereinbarung eines bestimmten Gegenstandswerts von den wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes abweichen und den Mandanten unangemessen benachteiligen, sodass die Vereinbarung gegen § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB verstößt. Der Verstoß kann sich auch aus einer Kombination einer erhöhten Gebührenvereinbarung mit einer erhöhten Gegenstandswertvereinbarung ergeben. So hat der BGH in zwei Fällen eine Vereinbarung, wonach dem Gegenstandswert einer Kündigungsschutzklage der Wert der Abfindung hinzuzurechnen sei, als unwirksam angesehen (BGH, Urt. v. 13.2.2020 – IX ZR 140/19, AGS 2020, 161; BGH, Urt. v. 13.2.2020 – IX ZR 141/19).
Gegenstandswertvereinbarung kann herabzusetzen sein
Ergibt sich aus der Vereinbarung eines höheren Gegenstandswertes eine unangemessen hohe Vergütung, kann diese nach § 3a Abs. 2 S. 1 RVG vom Gericht herabgesetzt werden. Zuvor ist das Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen (§ 3a Abs. 2 S. 2 RVG).
Vielfaches des gesetzlichen Gegenstandswerts
Zu beachten ist allerdings, dass die...