I. Überblick
Schiedsrichterliche Verfahren sind außergerichtliche Tätigkeiten
Schiedsrichterliche Verfahren und Verfahren vor den Schiedsgerichten sind außergerichtliche Tätigkeiten, da es sich bei den Schiedsgerichten nicht um staatliche Gerichte handelt. Einschlägig wären an sich daher die Gebühren nach Teil 2 VV. Das Gesetz enthält jedoch in § 36 RVG eine gesonderte Regelung, die die Gebühren nach Teil 2 VV ausschließt (Vorbem. 2 Abs. 1 VV) und auf die Vorschriften nach Teil 3 Abschnitt 1, 2 und 4 VV verweist.
Geregelt sind hier
II. Schiedsrichterliche Verfahren nach Buch 10 der ZPO
Verfahren nach Buch 10 der ZPO
Von der Verweisung des § 36 Abs. 1 Nr. 1 RVG erfasst sind Verfahren vor privaten Schiedsgerichten, die aufgrund einer Schiedsvereinbarung nach § 1029 ZPO in bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten, von Gesetzes wegen oder aufgrund einer letztwilligen oder einer anderen, nicht auf einer Vereinbarung beruhenden Verfügung (z.B. Satzung gem. § 1066 ZPO) zuständig sind.
Ebenso findet die Vorschrift Anwendung bei Verfahren vor Schiedsgerichten, die von Gesetzes wegen eingerichtet worden sind, wenn die Vorschriften der §§ 1025 ff. ZPO über das schiedsgerichtliche Verfahren darauf anzuwenden sind.
Das schiedsrichterliche Verfahren beginnt nach § 1044 ZPO mangels anderweitiger Vereinbarung mit dem Tag, an dem der Beklagte den Antrag erhält, die Streitigkeit einem Schiedsgericht vorzulegen. Das Verfahren endet nach § 1056 ZPO mit dem Schiedsspruch oder dem Beschluss des Schiedsgerichts auf Feststellung der Beendigung des Schiedsverfahrens.
III. Verfahren vor dem Schiedsgericht nach §§ 101, 104 ff. ArbGG
Verfahren nach dem ArbGG
In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen und Nichtbestehen von Tarifverträgen können die Parteien durch ausdrückliche Vereinbarung die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte ausschließen und vereinbaren, dass eine Entscheidung durch ein Schiedsgericht erfolgen soll (§ 101 Abs. 1 ArbGG). Gleiches gilt für Rechtsstreitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis, das sich nach einem Tarifvertrag bestimmt. Das Verfahren vor dem Schiedsgericht ist in den §§ 105–110 ArbGG geregelt. Diese Verfahren werden durch § 36 Abs. 1 Nr. 2 RVG erfasst.
IV. Unanwendbarkeit des § 36 RVG
Keine Anwendung von § 36 RVG
Keine Anwendung findet § 36 RVG
• |
in Verfahren, in denen sich die Parteien auf die Einholung eines Schiedsgutachtens verständigt haben, – hier gilt Nr. 2300 VV; |
• |
in Verfahren vor den ordentlichen Gerichten, in denen die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung inzident geprüft wird (§ 1032 Abs. 1 ZPO), – es gelten die Nrn. 3100 ff. VV unmittelbar; |
• |
soweit die Vorschriften der Vorbem. 3.1 Abs. 1 und 2, Vorbem. 3.2.1 Nr. 3 VV, §§ 16 Nr. 8 und 9 RVG sowie § 17 Nr. 6 RVG für die dort genannten selbstständigen Gebührenangelegenheiten greifen,
• |
in Verfahren vor dem ordentlichen Gericht, soweit es dort nur um die Frage der (Un-)Zulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens geht (§ 1032 Abs. 2 ZPO); |
• |
bei Rüge der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts (§ 1040 Abs. 2, 3 ZPO); |
• |
in Verfahren auf Aufhebung eines Schiedsspruchs (§ 1059 ZPO); |
• |
in Verfahren auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs (§§ 1060 ff. ZPO); |
• |
in Verfahren der Aufhebung der Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs (§ 1061 Abs. 3 ZPO); |
• |
in Verfahren der Rechtsbeschwerde (§ 1065 ZPO); |
• |
in Verfahren über die Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme bzw. deren Änderung oder Aufhebung (§ 1041 ZPO); |
|
• |
wenn sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts ausschließlich auf ein gerichtliches Verfahren beschränkt;
• |
betreffend die Bestimmung einer Frist (§ 102 Abs. 3 ArbGG), die Ablehnung eines Schiedsrichters (§ 103 Abs. 3 ArbGG) oder die Vornahme einer Beweisaufnahme oder einer Vereidigung (§ 106 Abs. 2 ArbGG), – dann gelten die Nrn. 3326, 3332 VV; oder |
• |
betreffend die Bestellung eines Schiedsrichters oder Ersatzschiedsrichters, die Ablehnung eines Schiedsrichters oder die Beendigung des Schiedsrichteramts, zur Unterstützung bei der Beweisaufnahme oder zur Vornahme sonstiger richterlicher Handlungen anlässlich eines schiedsrichterlichen Verfahrens, – es gelten dann die Nrn. 3327, 3332 VV); |
• |
für die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Schiedsrichter); es gilt die vereinbarte, ansonsten eine angemessene Vergütung als geschuldet, vgl. § 1 Abs. 2 S. 1 RVG. |
|
V. Die Gebühren
1. Überblick
Gebühren nach Nrn. 3100 ff. VV
§ 36 Abs. 1 RVG verweist zum einen auf die Gebühren nach Teil 3 Abschnitt 1 und 2 VV, also auf die Gebühren des ersten Rechtszugs, des Berufungs- und des Revisionsverfahrens. Darüber hinaus verweist § 36 Abs. 1 RVG auch auf Teil 3 Abschnitt 4 VV (Verkehrsanwalt, Terminsvertreter, Einzeltätigkeiten).
2. Gebühren im ersten Rechtszug
Erstinstanzlich erhalten die beteiligten Anwälte die Gebühren nach Teil 3 Abschnitt 1 VV, auch wenn die Rspr. im Rahmen der Kostenerstattung die Kosten eines Berufungsverfahrens zuspricht.
Der Anwalt erhält zunächst einmal eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV, die sich im Falle der vor...