Dr. Julia Bettina Onderka
Zusammenfassung
Die Möglichkeit einer nachträglichen Korrektur der Kostenrechnung (§ 10 RVG) hängt von der Art des Fehlers ab.
I. Formale Fehler
Formale Voraussetzungen der Berechnung
Eine formal ordnungsgemäße Abrechnung muss insbesondere folgende Voraussetzungen erfüllen: Sie muss in Schriftform (§ 126 BGB) an den Auftraggeber gerichtet werden und die Angelegenheit bezeichnen. Es müssen die jeweiligen Gebühren- und Auslagentatbestände bezeichnet sowie die konkreten Beträge, die Nummern des Vergütungsverzeichnisses und der Gegenstandswert angegeben werden. Hat der Anwalt die formellen Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Abrechnung nicht eingehalten, ist die Vergütung nicht einforderbar. Sie kann weder eingeklagt noch im Wege der Aufrechnung geltend gemacht werden. Der Mandant kann auch nicht in Verzug geraten, bevor er nicht eine formell ordnungsgemäße Abrechnung erhalten hat. Die Verjährung des anwaltlichen Gebührenanspruchs beginnt jedoch unabhängig von einer Kostenrechnung (§ 10 Abs. 1 S. 2 RVG).
II. Falscher Gegenstandswert angegeben
Falscher Gegenstandswert grundsätzlich unerheblich
Geht die Abrechnung von einem falschen Gegenstandswert aus, ist die Vergütung zwar inhaltlich falsch berechnet. Sie ist jedoch trotzdem einforderbar – allerdings nur in Höhe der Vergütung nach dem zutreffend berechneten Gegenstandswert. Hat der Anwalt den Gegenstandswert also beispielsweise irrtümlich zu niedrig angesetzt, kann er ihn nachträglich korrigieren und dann auf Grundlage der neuen Abrechnung die übersteigende Vergütung verlangen (BGH NJW-RR 1995, 758; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.6.2008 – I-24 U 204/07).
III. Falscher Gebührentatbestand angegeben
Falscher Gebührentatbestand grundsätzlich unerheblich
Rechnet der Anwalt einen unzutreffenden Gebührentatbestand ab (z.B. statt einer 0,8-Verfahrensgebühr nach Nrn. 3100, 3101 VV eine 1,3-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV, obwohl ihm bereits ein Verfahrensauftrag erteilt war), ist die Vergütung ebenfalls inhaltlich falsch berechnet. Sie ist jedoch – in Höhe der nach den zutreffenden Gebührentatbeständen berechneten Vergütung – trotzdem einforderbar (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.6.2008 – I-24 U 204/07). Einen eventuellen Mehrbetrag kann der Anwalt allerdings erst verlangen, wenn er nachträglich eine inhaltlich zutreffende Berechnung erstellt hat.
IV. Falsche Ermessensausübung
Nachträgliche Korrektur grundsätzlich ausgeschlossen
Eine nachträgliche Korrektur der Abrechnung ist ausgeschlossen, wenn der Anwalt bei Bestimmung der konkreten Gebühr aus einem Gebührenrahmen – also beispielsweise bei der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV – sein Ermessen nach § 14 Abs. 1 RVG ausgeübt hat. Denn dabei handelt es sich um die Ausübung eines Gestaltungsrechtes gegenüber dem Mandanten, die für den Anwalt bindend ist.
Nachträgliche Erhöhung ausnahmsweise möglich
Eine Ausnahme gilt dann, wenn die Bestimmung unter Vorbehalt erfolgte oder sich nach der Abrechnung eine weitere Tätigkeit anschließt, die nicht berücksichtigt werden konnte.
Das Strafverfahren wird nach § 170 Abs. 2 StPO mangels Tatverdacht eingestellt. Daraufhin rechnet der Anwalt für die Verfahrensgebühr eine Mittelgebühr ab. Das Verfahren wird später wieder aufgenommen. Der Verteidiger wird weiter tätig.
Jetzt ist der Anwalt nicht mehr an die von ihm bestimmte Mittelgebühr gebunden, sondern kann aufgrund der weiteren Tätigkeit jetzt eine höhere Verfahrensgebühr ansetzen. Er kann sie aber nur mit Umständen begründen, die nach der ersten Rechnung eingetreten sind, nicht mit Umständen, die bereits bei der ersten Rechnung hätten berücksichtigt werden können.