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Umsatzsteuer ist dem Auftraggeber nach Nr. 7008 VV in Rechnung zu stellen
Nach Nr. 7008 VV kann der Anwalt seinem Auftraggeber die von ihm zu zahlende Umsatzsteuer in Rechnung stellen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Tätigkeit des Anwalts umsatzsteuerpflichtig ist. Daran fehlt es z.B., wenn der Anwalt Kleinunternehmer und damit nicht umsatzsteuerpflichtig ist (§ 19 Abs. 1 UStG).
Umsatzsteuerpflicht kann in Fällen mit Auslandsbezug fehlen
Darüber hinaus kann es an einer Umsatzsteuerpflicht auch bei Fällen mit Auslandsbezug fehlen.
Maßgebend ist der Leistungsort
Maßgebend für die Umsatzsteuerpflicht ist der Leistungsort (§ 1 Nr. 1 UStG). Eine Umsatzsteuerpflicht besteht grundsätzlich nur dann, wenn der Anwalt eine Leistung im Inland ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Zwar gilt dabei nach § 3a Abs. 1 UStG grundsätzlich die Kanzlei als Leistungsort, so dass Umsatzsteuerpflicht in diesem Fall bestünde. Davon sind aber wichtige Ausnahmen vorgesehen.
Das UStG differenziert dabei nach grundstücksbezogenen Tätigkeiten und nicht grundstücksbezogenen Tätigkeiten.
I. Grundstücksbezogene Tätigkeiten
Maßgebend ist der Ort des Grundstücks
Bei grundstücksbezogenen Tätigkeiten knüpft die Umsatzsteuerpflicht an den Ort des Grundstücks an (§ 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG). Leistungsort im Sinne des Umsatzsteuerrechts ist immer der Ort, an dem das Grundstück liegt. Es kommt dabei nicht darauf an, wo der Auftraggeber wohnt bzw. wo er seinen Sitz hat. Unerheblich ist ferner, ob der Auftraggeber Unternehmer oder ob er Privatperson ist.
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Liegt das betroffene Grundstück im Inland, so ist die Tätigkeit des Anwalts umsatzsteuerpflichtig. |
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Befindet sich das Grundstück im Ausland, dazu gehört auch das EG-Gebiet, ist die Tätigkeit des Anwalts nicht umsatzsteuerpflichtig. |
II. Nicht grundstücksbezogene Tätigkeiten
1. Abgrenzung
Differenzierung nach Unternehmer und Privatperson
In sonstigen – nicht grundstücksbezogenen – Tätigkeiten gilt § 3a Abs. 2, 4 UStG. Zu differenzieren ist danach, ob der Auftraggeber Unternehmer oder ob er Privatperson ist.
2. Auftraggeber ist Unternehmer
Für Unternehmer kommt es auf die Betriebsstätte an
Handelt es sich bei dem Auftraggeber um einen Unternehmer, ist auf den Ort abzustellen, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 2 S. 2 UStG) oder auf eine davon abweichende Betriebsstätte (§ 3a Abs. 2 S. 2 UStG).
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Liegt dieser Ort oder die Betriebsstätte im Inland, ist die Tätigkeit des Anwalts umsatzsteuerpflichtig. |
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Liegt der Ort oder die Betriebsstätte im Ausland, ist die Tätigkeit umsatzsteuerfrei. |
3. Auftraggeber ist kein Unternehmer
Für Privatpersonen kommt es auf den Sitz oder Wohnsitz an
Handelt es sich bei dem Auftraggeber nicht um einen Unternehmer, sondern um eine Privatperson, ist auf seinen Sitz oder Wohnsitz abzustellen (§ 3a Abs. 4 S. 1 UStG), da es sich bei der anwaltlichen Tätigkeit um eine „sonstige Leistung“ handelt (§ 3a Abs. 4 S. 2 UStG).
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Wohnt oder sitzt die Privatperson in einem Drittlandsgebiet, liegt der Leistungsort an dessen Sitz oder Wohnsitz, so dass keine Umsatzsteuerpflicht besteht (LG Berlin JurBüro 1988, 1497 = VersR 1988, 409; OLG Karlsruhe JurBüro 1993, 94 = AnwBl 1993, 42). |
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Hat die Privatperson ihren Sitz oder Wohnsitz nicht im Drittlandsgebiet, also im Inland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet, so liegt der Leistungsort am Sitz der Kanzlei des Rechtsanwalts; die Tätigkeit ist umsatzsteuerpflichtig (OLG Schleswig OLGR 2001, 146 = SchlHA 2001, 128; OLG München Rpfleger 1993, 127; OLG Saarbrücken OLGR 2000, 49). |
Gemeinschaftsgebiet gilt als Inland
Unter dem übrigen Gemeinschaftsgebiet versteht das UStG die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (§ 1 Abs. 2a S. 1 UStG). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland (§ 1 Abs. 2a S. 2 UStG).
Mitglieder der EG sind derzeit, abgesehen von der Bundesrepublik, die nach § 1 Abs. 2 UStG zugleich Inland ist:
Belgien (BE), Bulgarien (BG), Dänemark (DK), Estland (EE), Finnland (FI), Frankreich (FR), Griechenland (GR), Irland (IE), Italien (IT), Lettland (LV), Litauen (LT), Luxemburg (LU), Malta (MT), Niederlande (NL), Österreich (AT), Polen (PL), Portugal (PT), Rumänien (RO), Schweden (SE), Slowakei (SK), Slowenien (SI), Spanien (ES), Tschechien (CZ), Ungarn (HU), Vereinigtes Königreich (GB), und Republik Zypern (CY).
IV. Beispiele
Beispiel 1
Ein Schweizer Ehepaar ist Eigentümer einer Mietwohnung in Deutschland. Es kommt zu einer mietrechtlichen Auseinandersetzung.
Da in einer Mietsache nicht das Grundstück betroffen ist, sondern das Mietverhältnis, kommt es nicht auf den Ort an, an dem sich die Mietwohnung befindet. Abzustellen ist auf den Auftraggeber. Da die Schweiz weder Inland ist noch zum Gemeinschaftsgebiet gehört, ist die Tätigkeit des Anwalts also umsatzsteuerfrei.
Beispiel 2
Das Schweizer Ehepaar klagt auf Löschung einer Grundschuld, die auf ihrem in Deutschland befindlichen Grundstück lastet.
Da jetzt das Grundstück betroffen ist, kommt es auf den Ort an, an dem es sich befindet. Di...