Ermäßigung der Terminsgebühr bei Versäumnisentscheidung

Im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren erhält der Anwalt eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV. Diese 1,2-Terminsgebühr reduziert sich nach Nr. 3105 VV auf 0,5, wenn zu dem anberaumten gerichtlichen Termin der Gegner nicht erschienen oder auch nicht ordnungsgemäß vertreten ist und lediglich der Antrag auf Erlass einer Versäumnisentscheidung gestellt wird. Unstreitig ist, dass diese Ermäßigungsvariante nur in ZPO-Verfahren und in Familienstreitsachen eintreten kann, da nur hier Versäumnisentscheidungen möglich sind. In Verfahren, in denen der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, also insbesondere in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und in verwaltungsgerichtlichen Verfahren, gibt es keine Versäumnisentscheidungen.

Ermäßigung der Terminsgebühr bei Entscheidung zur Prozess- und Sachleitung

Die ermäßigte 0,5-Terminsgebühr der Nr. 3105 VV entsteht ebenfalls, wenn bei Säumnis des Gegners lediglich ein Antrag zur Prozess- und Sachleitung gestellt wird oder das Gericht von Amts wegen zur Prozess- und Sachleitung entscheidet (Anm. Abs. 1 zu Nr. 3105 VV). Der Wortlaut enthält insoweit keine Einschränkung, sodass diese Tatbestandsvariante in allen Verfahren möglich erscheint, da in allen Verfahren bei Nichterscheinen des Gegners ein Antrag zur Prozess- und Sachleitung gestellt werden kann. Dagegen spricht jedoch die Systematik des Gesetzes.

Erforderlich ist die Möglichkeit einer Säumnisentscheidung

Schon aus dem Wort "auch" und der Voraussetzung "bei Säumnis" in Anm. Abs. 1 zu Nr. 3105 VV RVG folgt, dass an sich die Möglichkeit einer Säumnisentscheidung Tatbestandsvoraussetzung ist.

Ermäßigung beruht auf geringerem Aufwand

Auch Sinn und Zweck sprechen letztlich hierfür. Die Ermäßigung soll der Besonderheit im Zivilprozess Rechnung tragen, dass bei Säumnis des Gegners das einseitige Vorbringen des Klägers bzw. Antragstellers als zugestanden gilt und nicht weiter zu prüfen ist. In Verfahren, in denen der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, verhält es sich dagegen anders. Auch bei Nichterscheinen des Gegners muss der Sachverhalt ermittelt werden. Einseitiger Parteivortrag kann nicht ohne Weiteres unstreitig gestellt werden. Daher kann in FG-Verfahren und in sonstigen Verfahren, in denen der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, der Gegner nicht "säumig" sein, weil sein Erscheinen für die Durchführung des Termins nicht erforderlich ist.

Ebenfalls keine Ermäßigung bei Nichterscheinen des Rechtsmittelgegners

Letztlich folgt dies auch unmittelbar aus dem Vergütungsverzeichnis, nämlich aus der Nr. 3203 VV. In der Rechtsmittelinstanz ist eine Ermäßigung der Terminsgebühr – auch bei bloßen Anträgen zur Prozess- und Sachleitung – nur vorgesehen bei Säumnis des Rechtsmittelführers. Bei Säumnis des Rechtsmittelgegners gilt zwar das tatsächliche Vorbringen des Berufungsklägers als zugestanden. Das Gericht muss aber jetzt weiter prüfen, ob dieses Vorbringen auch den Berufungsantrag rechtfertigt, sodass hier keine Ermäßigung greift. Daraus folgt, dass das Gesetz nicht allein auf die Säumnis bzw. das Nichterscheinen abstellt, sodass das Gericht im Falle der Säumnis weitere Prüfungen vornehmen muss. Ist aber noch Weiteres zu prüfen, dann besteht kein Grund für die Ermäßigung.

Keine Ermäßigung in Verfahren mit Amtsermittlungsgrundsatz

Ähnlich verhält es sich in Verfahren, in denen der Amtsermittlungsgrundsatz gilt. Das Gericht muss hier sogar – auch bei Nichterscheinen einer Partei – gegebenenfalls den Sachverhalt von Amts wegen ermitteln. Auch bei Anträgen, die die Prozess- und Sachleitung betreffen, darf das Gericht in Verfahren, in denen der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, das gegnerische Vorbringen nicht unberücksichtigt lassen, sondern muss dieses beachten.

Daher ist in Verfahren, in denen der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, also insbesondere in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und verwaltungsrechtlichen Verfahren, eine Ermäßigung der Terminsgebühr bei Säumnis des Gegners nicht möglich.

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