Vertritt der Anwalt mehrere Auftraggeber wegen desselben Gegenstands, so erhöht sich in gerichtlichen Verfahren seine Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV RVG um 0,3 für jeden weiteren Auftraggeber.

Viele Anwälte meinen, diese Gebührenerhöhung setze sich ohne Weiteres auch im Kostenfestsetzungsverfahren bzw. in einem Verfahren über die Erinnerung oder die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss fort. Dem ist jedoch nicht so. Im Verfahren über die sofortige Beschwerde gegen die Kostenfestsetzung ist vielmehr erneut zu prüfen, ob der Anwalt wegen desselben Gegenstands tätig wird, da dem Kostenfestsetzungsverfahren ein anderer Gegenstand zugrunde liegt als der Hauptsache. Hier geht es nämlich um den Kostenerstattungsanspruch.

Es ist also zu fragen, ob der Kostenerstattungsanspruch für oder gegen sämtliche Auftraggeber geltend gemacht wird. Nur dann ist auch im Kostenfestsetzungsverfahren von demselben Gegenstand auszugehen. Werden dagegen für oder gegen mehrere Auftraggeber unterschiedliche Kostenerstattungsansprüche geltend gemacht, dann greift dort keine Gebührenerhöhung mehr.

 

Beispiel 1

Die Beklagten sind als Gesamtschuldner verurteilt worden. Gleichzeitig sind ihnen als Gesamtschuldnern die Kosten des Verfahrens auferlegt worden. Im Kostenfestsetzungsverfahren legt der Anwalt gegen den Festsetzungsbeschluss wegen eines Betrags i.H.v. 3.000,00 EUR sofortige Beschwerde ein.

Da beide Auftraggeber auch für die Kosten als Gesamtschuldner haften (§ 100 Abs. 4 ZPO), liegt derselbe Gegenstand – nämlich derselbe Kostenerstattungsanspruch – zugrunde. Die 0,5-Verfahrensgebühr der Nr. 3500 VV RVG erhöht sich nach Nr. 1008 VV RVG um 0,3 für den weiteren Auftraggeber.

 
1. 0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3500, 1008 VV (Wert: 3.000,00 EUR)   151,20 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20.00 EUR
  Zwischensumme 171,20 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   32,53 EUR
Gesamt 203,73 EUR
 

Beispiel 2

Wie Beispiel 1, jedoch sind die Beklagten nicht als Gesamtschuldner verurteilt worden.

Werden mehrere Beklagte nicht als Gesamtschuldner verurteilt, dann haften sie auch für die Kosten nicht als Gesamtschuldner. Sie haften dann vielmehr als Teilschuldner nach Kopfteilen (§ 100 Abs. 1 ZPO). Der Kostenfestsetzung und damit auch dem Beschwerdeverfahren liegen damit jetzt verschiedene Ansprüche und damit verschiedene Gegenstände zugrunde. Der Anwalt erhält daher die 0,5-Verfahrensgebühr nur einfach, also ohne Erhöhung.

Es findet auch keine Werterhöhung statt. Da beide Beklagten nach Kopfteilen haften, wird der Anwalt hinsichtlich eines jeden Auftraggebers für 1.500,00 EUR tätig, insgesamt (§ 22 Abs. 1 RVG) nach einem Wert von 3.000,00 EUR.

 
1. 0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3500 VV (Wert: 3.000,00 EUR   94,50 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   18,90 EUR
  Zwischensumme 113,40 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   21,55 EUR
Gesamt 134,95 EUR

Vertritt der Anwalt mehrere Kläger im Beschwerdeverfahren, so kann grundsätzlich nie eine Gebührenerhöhung eintreten, weil mehrere Kläger grundsätzlich nicht als Gesamtschuldner haften können.

 

Beispiel 3

Das Gericht hat die Klage zweier Gesamtgläubiger abgewiesen und ihnen die Kosten des Verfahrens auferlegt. Es werden 5.000,00 EUR gegen die Kläger festgesetzt. Dagegen legt der Anwalt für beide Kläger sofortige Beschwerde ein, mit der er eine Herabsetzung um 1.000,00 EUR begehrt. Da mehrere Kläger nicht als Gesamtschuldner haften, sondern nur kopfteilig (§ 100 Abs. 1 ZPO), liegen dem Beschwerdeverfahren gegen die Kostenfestsetzung unterschiedliche Gegenstände zugrunde, sodass keine Gebührenerhöhung eintritt. Der Anwalt wird für jeden Kläger hinsichtlich eines Betrags i.H.v. 500,00 EUR tätig. Beide Werte sind nach § 22 Abs. 1 RVG zusammenzurechnen.

 
1. 0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3500 VV (Wert: 1.000,00 EUR   42,50 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   8,50 EUR
  Zwischensumme 51,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   9,69 EUR
Gesamt 60,69 EUR

Das gilt auch dann, wenn mehrere Kläger Kostenerstattung geltend machen.

 

Beispiel 4

Zwei Kläger klagen als Gesamtgläubiger eine Forderung ein. Der Beklagte wird antragsgemäß verurteilt. Er wird auch verurteilt, die Kosten der beiden Kläger zu tragen. Das Gericht setzt nach Auffassung des Beklagten 1.500,00 EUR zuviel fest, sodass dieser insoweit sofortige Beschwerde einlegt. Der Anwalt der beiden Kläger beantragt die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde.

Auch jetzt steht den Klägern der Kostenerstattungsanspruch nicht gesamthänderisch zu, sondern wiederum nach Kopfteilen (§ 100 Abs. 1 ZPO). Eine Gebührenerhöhung im Verfahren über die sofortige Beschwerde gegen die Kostenfestsetzung kommt daher nicht in Betracht. Der Anwalt erhält die einfachen Gebühren aus (750,00 EUR + 750,00 EUR =) 1.500,00 EUR (§ 22 Abs. 1 RVG.

 
1. 0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3500 VV (Wert: 1.500,00 EUR   52,50 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   10,50 EUR
  Zwischensumme 63,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   11,97 EUR
Gesamt 74,97 EUR

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