I. Prozessuale Ausgangslage

Vollstreckbarerklärung erforderlich bei Teilanfechtung

Wird ein Urteil nur teilweise angefochten, tritt im übrigen Rechtskraft ein, so dass das Urteil ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar wird. In einem solchen Fall kann jedoch kein Teilrechtskraftzeugnis erteilt werden. Vielmehr ist beim Berufungsgericht der Antrag zu stellen das Urteil für vollstreckbar zu erklären, soweit es mit dem Rechtsmittel nicht angegriffen worden ist (§§ 537, 558 ZPO). Erst mit diesem Beschluss ist dann die Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung möglich. Die Entscheidung über den Antrag ist erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist zulässig (§ 537 Abs. 1 S. 2 ZPO).

II. Gesonderte Angelegenheit

Verfahren auf Vollstreckbarerklärung ist grundsätzlich gesonderte Angelegenheit

Für ein solches Verfahren auf Vollstreckbarerklärung erhält der Anwalt eine gesonderte Vergütung. Das Verfahren auf Vollstreckbarerklärung gehört zwar nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG mit zum Rechtszug. Dies betrifft jedoch nur den Fall, dass der betreffende Gegenstand auch Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens war, nämlich wenn

der Rechtsmittelführer sein ursprünglich beschränktes Rechtsmittel auf den zunächst nicht angefochtenen Teil nachträglich erweitert,
der Rechtsmittelführer das Rechtsmittel nachträglich beschränkt oder
die Parteien im Rechtsmittelverfahren eine Einigung auch über den nicht angegriffenen Teil des Urteils erzielen oder darüber Verhandlungen führen und diese Gegenstände somit auch zum Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens machen (OLG Hamburg JurBüro 1982, 1512 = MDR 1982, 945 = VersR 1983, 465).

Möglich auch Teil der Hauptsache

War der für vollstreckbar zu erklärende Teil jedoch gar nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens, dann handelt es sich um eine eigene Angelegenheit, in der die Gebühren gesondert entstehen (LG Bonn AGS 2001, 76 = JurBüro 2001, 252 = BRAGOreport 2001, 58 = MDR 2001, 416 = BRAGOreport 2001, 58 = KostRsp. BRAGO § 49 Nr. 11 m. Anm. N. Schneider). Die Vorschrift des § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG ist in diesem Fall nicht anwendbar.

III. Anwaltsgebühren

Gesonderte Gebühren

Der Anwalt erhält im isolierten Verfahren auf Vollstreckbarerklärung zunächst eine 0,5-Verfahrensgebühr (Nr. 3329 VV). Diese Gebühr deckt die gesamte Tätigkeit des Anwalts ab. Bei mehreren gemeinschaftlich beteiligten Auftraggebern erhöht sich die Gebühr nach Nr. 1008 VV um 0,3 je weiteren Auftraggeber.

Terminsgebühr ist möglich

Für die Wahrnehmung eines Termins entsteht zusätzlich eine 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3332 VV. Das ist der Fall, wenn der Beschluss über die Vollstreckbarerklärung erst in der mündlichen Verhandlung des Rechtmittelverfahrens ergeht.

Möglich ist auch eine Einigungsgebühr nach den Nrn. 1000 ff. VV.

IV. Keine Gerichtsgebühren

Keine Gerichtsgebühren

Gerichtsgebühren für dieses Verfahren werden nicht erhoben, da das GKG hierfür keine Gebühren vorsieht (arg. e § 3 Abs. 2 GKG).

V. Streitwert/Gegenstandswert

Wertfestsetzung nur für den Anwalt

Mangels Gerichtsgebühren ist vom Gericht auch kein Streitwert festzusetzen. Lediglich für die Anwaltsgebühren bedarf es eines Wertes. Dieser Gegenstandswert ist auf Antrag nach § 33 RVG festzusetzen.

Wert der für vollstreckbar zu erklärenden Forderung ist maßgebend

Maßgebend ist der volle Betrag, der für vollstreckbar erklärt werden soll, allerdings ohne Nebenforderungen (LG Bonn AGS 2001, 76 = JurBüro 2001, 252 = BRAGOreport 2001, 58 = MDR 2001, 416; AnwK-RVG/N. Schneider, Nr. 3329 VV Rn 24 f.; Hansens, BRAGO, § 50 Rn 12; a.A. OLG Hamm FamRZ 1994, 248 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1181 m. Anm. Herget: 1/5) Ein Abschlag ist nicht gerechtfertigt (so aber OLG Hamm FamRZ 1994, 248; OLG Koblenz AGkompakt 2010, 123 = RVGprof. 2010, 177). Erst recht ist nicht allein auf die zu vermeidenden Avalkosten für eine sonst zu stellende Bürgschaft abzustellen (so aber OLG Frankfurt OLGR 1996, 48 = JurBüro 1996, 312). Die geringe Bedeutung eines solchen Verfahrens wird bereits durch die geringeren Gebühren des Anwalts berücksichtigt.

VI. Abrechnungsbeispiele

 

Beispiel 1: Antrag auf vorläufige Vollstreckbarerklärung

Der Beklagte ist vom LG zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 40.000,00 EUR verurteilt worden. Er legt Berufung ein und beantragt jetzt nur noch, die Klage in Höhe von 30.000,00 EUR abzuweisen. Daraufhin beantragt der Berufungsanwalt des Klägers, das landgerichtliche Urteil in Höhe von 10.000,00 EUR für vollstreckbar zu erklären. Nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist ergeht der beantragte Beschluss ohne mündliche Verhandlung.

I. Berufungsverfahren (Wert: 30.000,00 EUR)

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   1.380,80 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV   1.035,60 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 2.436,40 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   462,92 EUR
  Gesamt 2.899,32 EUR

II. Verfahren auf Vollstreckbarerklärung (Wert: 10.000,00 EUR)

 
1. 0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3329 VV   279,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 299,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   56,81 EUR
  Gesamt 355,81 EUR
 

Beispiel 2: Antrag auf vorläufige Vollstreckbarerklärung mit Termin

Der Be...

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