Zur Untätigkeitsklage gibt es kein vorangegangenes Verwaltungsverfahren

Gegenüber einer sozialrechtlichen Untätigkeitsklage gibt es kein vorangegangenes Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren. Die Untätigkeitsklage ist nach § 88 SGG als rein formelle Bescheidungsklage ausgestaltet. Sie ist im Gegensatz zur Untätigkeitsklage im Verwaltungsrecht keine Klage zur Hauptsache. Mit ihr wird vielmehr lediglich der Anspruch auf Erlass eines Bescheides geltend gemacht. Da dem Verfahren auf Bescheidung kein gesondertes Verfahren vorausgeht, bleibt es folglich beim vollen Rahmen der Nr. 3102 VV.

Nr. 3102 VV entspricht überwiegender Rspr.

Dies entspricht auch der ganz überwiegenden Rspr.:

  • LSG Nordrhein Westfalen, Beschl. v. 30.11.2008 – L 20 B 59/08 SO,
  • LSG Nordrhein Westfalen AGS 2008, 550 = ZFE 2008, 436,
  • SG Berlin ASR 2005, 40 m. Anm. Weber,
  • SG Frankfurt ASR 2010, 82,
  • SG Gießen ASR 2009, 246.

Siehe dazu auch Hergenröder, AGS 2006, 313, 315.

A.A., also Gebührenrahmen nach Nr. 3102 VV:

 
Praxis-Beispiel

Der Anwalt wird erstmals mit der Erhebung des Widerspruchs beauftragt und, nachdem dieser nicht beschieden worden ist, mit der Erhebung einer Untätigkeitsklage. Daraufhin wird der beantragte Bescheid erlassen und die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

Für das Widerspruchsverfahren gilt Nr. 2400 VV, nicht Nr. 2401 VV, weil der Anwalt nicht im Verwaltungsverfahren tätig war. Im gerichtlichen Verfahren bleibt es bei der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV, wobei hier wegen der geringeren Bedeutung von der halben Mittelgebühr ausgegangen werden soll.

I. Widerspruchsverfahren

 
1. Geschäftsgebühr, Nr. 2400 VV   280,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 300,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   57,00 EUR
Gesamt     357,00 EUR

II. Untätigkeitsklage

 
1. Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV   125,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 145,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   27,55 EUR
Gesamt     172,55 EUR

Erst wenn es nach Bescheidung zur Hauptsacheklage kommt, entsteht dort, also im Hauptsacheverfahren, der geringere Gebührenrahmen der Nr. 3103 VV.

 
Praxis-Beispiel

Wie im vorangegangenen Beispiel; nach Klageerhebung hat die Behörde den Widerspruchsbescheid erlassen. Dagegen wird nunmehr Anfechtungsklage erhoben, über die verhandelt wird.

Jetzt kommen für die Hauptsacheklage eine weitere Verfahrensgebühr sowie eine Terminsgebühr hinzu, da es sich um ein neues Verfahren handelt und damit um eine gesonderte Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 RVG. Hier erhält der Anwalt allerdings nur die Verfahrensgebühr aus dem geringeren Rahmen der Nr. 3103 VV, da insoweit eine Vorbefassung des Anwalts im Nachprüfungsverfahren gegeben war.

I + II. Widerspruch und Untätigkeitsklage

(wie oben)

III. Anfechtungsklage

 
1. Verfahrensgebühr, Nrn. 3102, 3103 VV   170,00 EUR
2. Terminsgebühr, Nr. 3106 VV   200,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 390,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   74,10 EUR
Gesamt     464,10 EUR

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?