Einführung
In Heft 10 (S. 99 ff.) wurde die Terminsgebühr bei Abschluss eines Vergleichs in Zivilsachen dargestellt. Eine (fiktive) Terminsgebühr bei Abschluss eines schriftlichen Vergleichs kommt jedoch nicht nur in Zivilsachen in Betracht, sondern in allen gerichtlichen Verfahren nach Teil 3 VV. Diese weiteren Verfahren sollen in diesem Beitrag näher beleuchtet werden.
I. Arbeitsgerichtliche Verfahren
Mündliche Verhandlung ist vorgeschrieben
In den Urteilsverfahren vor den Arbeitsgerichten ist eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben (§ 46 Abs. 2 ArbGG, § 128 Abs. 1 ZPO), ebenso wie in Beschlussverfahren (§ 83 Abs. 4 S. 3 ArbGG). Wird hier ein schriftlicher Vergleich geschlossen, so entsteht eine Terminsgebühr.
Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV stellt auf den Vergleichsabschluss in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, ab. Unerheblich ist, ob der Vergleich in mündlicher Verhandlung protokolliert oder schriftlich nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt wird.
BAG, Beschl. v. 20.6.2006 – 3 AZB 78/05, AGS 2007, 189 = BAGE 118, 286 = NZA 2006, 1060 = NJW 2006, 3022 = MDR 2007, 116 = BB 2006, 1916 = ArbuR 2006, 335 = DB 2006, 2020 = RVGreport 2006, 386 = BB 2006, 2760
Wird im Urteilsverfahren vor den Arbeitsgerichten ein Vergleich geschlossen, so entsteht eine Terminsgebühr. Unerheblich ist, ob der Vergleich in mündlicher Verhandlung protokolliert oder schriftlich nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt wird.
Hessisches LAG, Beschl. v. 22.10.2007 – 13 Ta 400/07
Privatschriftlicher Vergleich reicht aus
Auch hier ist es anerkannt, dass eine gerichtliche Protokollierung oder Feststellung nach § 278 Abs. 6 ZPO nicht erforderlich ist und die Terminsgebühr bereits bei Abschluss eines einfachen schriftlichen Vergleichs anfällt.
1. Die Terminsgebühr setzt nicht, wie ihre Bezeichnung eigentlich suggeriert, die Teilnahme an einem Termin, also an einer mündlichen Verhandlung, sei es eine Güteverhandlung oder einer streitige Kammerverhandlung, voraus, sondern die Gebühr wird bereits dann fällig, wenn der Prozessbevollmächtigte nach Einreichung der Klage mit dem Gegner mit dem Ziel einer Erledigung des Rechtsstreits verhandelt.
2. Noch nicht einmal der Abschluss eines Vergleichs nach § 278 Abs. 6 ZPO ist erforderlich, sondern die Terminsgebühr wird z.B. auch dann fällig, wenn nach Einreichung der Klage ein privatschriftlicher Vergleich zwischen den Parteien abgeschlossen wird.
LAG Hamburg, Beschl. v. 16.8.2010 – 4 Ta 16/10, RVGreport 2011, 110 = RVGprof. 2010, 192
II. Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit
Mündliche Verhandlung ist nicht vorgeschrieben
In Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist eine mündliche Verhandlung grds. nicht vorgeschrieben (arg. e § 32 FamFG), so dass durch den bloßen Abschluss eines Vergleichs eine Terminsgebühr nicht ausgelöst wird.
Ausnahme: Verfahren nach dem LwVfG
Anders verhält es sich in Verfahren nach dem LwVfG. Soweit hier ein Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt werden kann, gilt das Verfahren als ein solches mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung, so dass bei einem schriftlichen Vergleich folglich auch die Terminsgebühr anfällt.
Fiktive Terminsgebühr auch bei Entscheidung ohne mündliche Verhandlung
Eine Terminsgebühr entsteht in Verfahren nach dem LwVfG (hier Verfahren auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses) auch dann, wenn das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheidet.
OLG Schleswig, Beschl. v. 17.5.2018 – 60L WLw 6/18, AGS 2018, 324 = NJW-Spezial 2018, 476 = RVGprof. 2018, 168
III. Familiensachen
In Familiensachen ist zu differenzieren, nach welchen Verfahrensvorschriften sich die jeweilige Familiensache richtet. Zu unterscheiden ist nach
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Familienstreitsachen, |
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Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und |
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Verbundverfahren. |
1. Familienstreitsachen
Mündliche Verhandlung ist vorgeschrieben
In Familienstreitsachen ist die mündliche Verhandlung grds. vorgeschrieben (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 128 Abs. 1 ZPO), so dass beim Abschluss eines schriftlichen Vergleichs hier die Terminsgebühr ebenso anfällt wie in Zivilsachen. Insoweit kann auf die dortigen Ausführungen (AG kompakt 2018, 99 ff.) verwiesen werden.
Beispiel 1
In einer Unterhaltssache wird ein schriftlicher Vergleich geschlossen.
Es entsteht eine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV.
Auch in Beschwerdeverfahren ist eine Terminsgebühr bei Abschluss eines schriftlichen Vergleichs möglich. Dass das Gericht nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG in bestimmten Fällen ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, macht das Beschwerdeverfahren nicht zu einem Verfahren mit fakultativer mündlicher Verhandlung.
2. Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit
Mündliche Verhandlung ist nicht vorgeschrieben
Grds. ist hier eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben (arg. e § 32 FamFG), so dass durch den bloßen Abschluss eines Vergleichs eine Terminsgebühr nicht ausgelöst wird.
Beispiel 2
In einer Ehewohnungssache schließen die Anwälte einen schriftlichen Vergleich über die zu zahlende Nutzungsentschädigung.
Da eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist, entsteht keine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV.
Nach überwiegender Rspr. gilt dies auch in den ...