Zusätzliche Gebühr bei Einstellung des Verfahrens
Nach Nr. 4141 VV erhält der Anwalt eine zusätzliche Gebühr, wenn er daran mitwirkt, dass sich das Verfahren durch eine nicht nur vorläufige Einstellung erledigt. Das Gesetz spricht ausdrücklich von einer "nicht nur vorläufigen Einstellung". Eine endgültige Einstellung ist nicht Voraussetzung. Die Einstellung muss also aus Sicht der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts endgültig gewollt sein. Ob sie letztlich endgültig bleibt, ist unerheblich.
Gebühr entsteht auch dann, wenn Einstellung nicht endgültig bleibt
Daher gehören auch unstreitig solche Einstellungen zum Anwendungsbereich der Nr. 4141 VV, die eine nachträgliche Wiederaufnahme bzw. Fortsetzung des Verfahrens ermöglichen, so bei einer Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO mangels Tatverdachts oder nach § 154 StPO wegen anderweitiger Verurteilung. Auch nach einer Einstellung gem. § 153 StPO kann das Verfahren wieder aufgenommen werden, wenn sich nachträglich der Verdacht eines Verbrechens herausstellt.
Keine zusätzliche Gebühr bei lediglich vorläufiger Einstellungen des Verfahrens
Lediglich Einstellungen, die von vornherein nur vorläufig – also nicht endgültig – gedacht sind, fallen aus dem Anwendungsbereich der Nr. 4141 VV heraus, insbesondere die Einstellung nach § 153a StPO bis zur Erfüllung der Auflage. Daraus, dass das Gesetz lediglich eine nicht nur vorläufige Einstellung voraussetzt, ergibt sich zweierlei:
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Eine einmal entstandene zusätzliche Gebühr bleibt auch dann bestehen, wenn das Verfahren nach Einstellung fortgesetzt wird. Einmal entstandene Gebühren können nachträglich nicht mehr entfallen (siehe auch § 15 Abs. 4 RVG). |
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In einem späteren Verfahrensabschnitt kann die zusätzliche Gebühr erneut entstehen, wenn dort wiederum eingestellt wird oder das Verfahren sich anderweitig erledigt. |
Beispiel
Das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten wird mangels Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Auf die Beschwerde des Geschädigten hin werden die Ermittlungen wieder aufgenommen und es wird Anklage erhoben. Das Gericht lehnt die Eröffnung des Hauptverfahrens ab.
Zusätzliche Gebühr im vorbereitenden Verfahren entstanden
Im vorbereitenden Verfahren ist eine zusätzliche Gebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 4141 VV angefallen, da das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt worden ist, sondern aus Sicht der Einstellungsbehörde eine dauerhafte, endgültige Einstellung gewollt war. Dass es bei der Einstellung letztlich nicht geblieben ist, ist für den Tatbestand der Nr. 4141 VV unerheblich.
Zusätzliche Gebühr im gerichtlichen Verfahren erneut angefallen
Im gerichtlichen Verfahren ist die zusätzliche Gebühr erneut entstanden, dieses Mal nach Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 4141 VV, da das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt hat. Dass im vorbereitenden Verfahren eine zusätzliche Gebühr bereits angefallen war, ist insoweit unerheblich, da der Anwalt die Gebühren in jedem Verfahrensabschnitt gesondert erhält (AG Düsseldorf AGS 2010, 224 = NJW-Spezial 2010, 349 = VRR 2010, 279 = RVGreport 2010, 302 = StRR 2010, 359; noch zu § 84 Abs. 2 BRAGO: LG Offenburg Rpfleger 1999, 38).
Zu rechnen ist daher wie folgt:
I. Vorbereitendes Verfahren
1. |
Grundgebühr, Nr. 4100 VV |
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165,00 EUR |
2. |
Verfahrensgebühr, Nr. 4104 VV |
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140,00 EUR |
3. |
Zusätzliche Gebühr, Nrn. 4141, 4106 VV |
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140,00 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
465,00 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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88,35 EUR |
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Gesamt |
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553,35 EUR |
II. Verfahren vor dem Amtsgericht
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 4106 VV |
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140,00 EUR |
2. |
Zusätzliche Gebühr, Nrn. 4141, 4106 VV |
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140,00 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
300,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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57,00 EUR |
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Gesamt |
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357,00 EUR |
Ebenso zu rechnen wäre, wenn im gerichtlichen Verfahren der Einspruch gegen einen Strafbefehl zurückgenommen wird oder wenn sich die Sache im gerichtlichen Verfahren erneut durch eine nicht nur vorläufige Einstellung erledigt.
Im selben Verfahrensabschnitt fällt zusätzliche Gebühr nur einmal an
In demselben Verfahrensabschnitt verhält es sich dagegen anders. Auch hier kann zwar der Gebührentatbestand der zusätzlichen Gebühr mehrfach ausgelöst werden, jedoch kann die Gebühr hier wegen § 15 Abs. 1 S. 1 RVG nur einmal anfallen.
Weitere Tätigkeit kann aber zu höherer Gebühr führen
Die weitere Tätigkeit nach Wiederaufnahme und die Bemühungen um eine neue Einstellung dürften dann aber im Rahmen der Verfahrensgebühr erhöhend zu berücksichtigen sein.
Beispiel
Das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten wird zunächst nach § 170 Abs. 2 StPO mangels Tatverdachts eingestellt. Auf die Beschwerde des Anzeigenerstatters hin werden die Ermittlungen wieder aufgenommen und schließlich nach § 154 StPO eingestellt, da der Beschuldigte in anderer Sache kürzlich rechtskräftig verurteilt worden ist.
Bereits mit der ersten Einstellung ist die zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV entstanden, da es sich bei der Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO n...