Leitsatz
Eine Streitwertbeschwerde, die auf die Heraufsetzung des vom Gericht festgesetzten Streitwerts abzielt, kann zulässigerweise nur vom Prozessbevollmächtigten erhoben werden. Eine im Namen der Partei erhobene Heraufsetzungsbeschwerde ist grundsätzlich unzulässig.
Sächsisches OVG, Beschl. v. 28.5.2014 – 3 E 38/14
1 I. Der Fall
Das VG hatte den Streitwert des Verfahrens auf 6.250,00 EUR festgesetzt. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hatte daraufhin Beschwerde im Namen der Antragstellerin erhoben und beantragt, den Streitwert auf 11.250,00 EUR abzuändern. Das OVG hat die Beschwerde als unzulässig verworfen.
2 II. Die Entscheidung
Voraussetzung für eine Streitwertbeschwerde ist, dass der Beschwerdeführer durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist. Daran fehlt es hier.
Partei wird durch zu niedrigen Streitwert grundsätzlich nicht beschwert
Eine Partei kann grundsätzlich nur durch einen zu hohen Streitwert beschwert sein, da sie dann an ihren Prozessbevollmächtigten eine höhere Vergütung zahlen muss, gegebenenfalls auch höhere Gerichtskosten und gegebenenfalls auch eine höhere Kostenerstattung an den obsiegenden Gegner leisten muss.
Erhöhungsbeschwerde grundsätzlich nur für Anwalt möglich
Lediglich der Prozessbevollmächtigte kann durch eine zu niedrige Streitwertfestsetzung beschwert sein, da er nach § 32 Abs. 1 RVG an die gerichtliche Wertfestsetzung gebunden ist und er daher – aus seiner Sicht – nur eine niedrigere Vergütung abrechnen darf.
3 III. Der Praxistipp
Klarstellen, wer Beschwerde einlegt
Bei Einreichung der Beschwerde sollte vorsorglich klargestellt werden, in wessen Namen die Beschwerde erhoben wird. Fehlt es an einer Angabe, dann wird zum Teil von der Rspr. im Wege der Auslegung davon ausgegangen, dass die im konkreten Fall zulässige Beschwerde eingelegt worden ist, also eine Erhöhungsbeschwerde im Namen des Anwalts und eine Herabsetzungsbeschwerde im Namen der Partei. Darauf verlassen kann und sollte sich der Anwalt aber nicht.
Heraufsetzungsbeschwerde der Partei nur bei Vergütungsvereinbarung
Ausnahmsweise ist auch eine Streitwertbeschwerde der Partei auf Heraufsetzung möglich, nämlich dann, wenn die Partei mit ihrem Anwalt eine wertunabhängige Vergütungsvereinbarung geschlossen hat und sie durch eine Heraufsetzung des Streitwerts einen höheren Erstattungsanspruch erlangen würde, ohne im Gegenzug ihrem Anwalt auch eine höhere Vergütung zahlen zu müssen (OLG Düsseldorf AGS 2006, 188 m. Anm. N. Schneider = MDR 2006, 297; VGH Mannheim NVwZ-RR 2002, 900; VGH Kassel DÖV 1976, 607; ZMR 1977, 112; OVG Bautzen NJ 2004, 280 = NVwZ-RR 2006, 654 = RVGreport 2006, 240; OLG Frankfurt AG kompakt 2010, 26).
Bei gesetzlicher Abrechnung würde keine Beschwer bestehen, da dem höheren Kostenerstattungsanspruch gleichzeitig auch immer ein höherer Vergütungsanspruch des eigenen Rechtsanwalts gegenüberstünde, so dass eine Heraufsetzung letztlich auf ein "Nullsummenspiel" hinauslaufen würde. Hat die Partei allerdings mit dem Anwalt eine wertunabhängige Vergütungsvereinbarung betroffen, so schuldet sie dem Anwalt die Vergütung, unabhängig davon, wie das Gericht den Streitwert festsetzt. Setzt das Gericht jetzt einen höheren Wert fest, erhält die Partei einen höheren Kostenerstattungsanspruch, ohne dass sie dem Anwalt hiervon etwas abgeben muss.
Vergütungsvereinbarung muss glaubhaft gemacht werden
Liegt ein solcher Fall vor, muss die Partei glaubhaft machen, dass sie mit ihrem Anwalt eine wertunabhängige Vergütungsvereinbarung getroffen hat und dass sich eine Erhöhung des Streitwerts zu ihren Gunsten auswirken würde, also ihr überhaupt ein Kostenerstattungsanspruch zusteht (OLG Stuttgart AGS 2014, 77 = NJW-Spezial 2014, 123 = Justiz 2014, 75).
AGKompakt 2/2015, S. 16