Einführung
Parteiwechsel kommt in der Praxis häufig vor und zwar sowohl auf Seiten der klagenden Partei als auch auf Seiten der beklagten Partei.
Faktisch handelt es sich um eine Klagerücknahme für den bisherigen Kläger bzw. gegenüber dem bisherigen Beklagten unter Erhebung einer neuen Klage für den neuen Kläger bzw. gegen den neuen Beklagten.
Nur eine gebührenrechtliche Angelegenheit
In beiden Fällen liegt nur eine einzige gebührenrechtliche Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG vor. Die zum Teil früher vertretene gegenteilige Auffassung, die in bestimmten Konstellationen für den Anwalt, der sowohl die eintretende als auch die ausscheidende Partei vertreten hat, verschiedene Angelegenheiten angenommen hat, ist seit der Entscheidung des BGH v. 19.10.2006 (V ZB 91/06, AGS 2006, 583 = JurBüro 2007, 76 = NJW 2007, 769 = MDR 2007, 365 = FamRZ 2007, 41 = RVGreport 2007, 25) nicht mehr vertretbar.
Probleme ergeben sich aber immer wieder bei der Abrechnung.
I. Anwaltswechsel auf Klägerseite
Der Anwaltswechsel auf Klägerseite vollzieht sich dadurch, dass die Klage für den bisherigen Kläger zurückgenommen und gleichzeitig für den neuen Kläger erhoben wird. Dadurch findet faktisch ein Austausch des Klägers statt. Auf Beklagtenseite ändert sich dagegen nichts. Der Beklagte bleibt dem gleichen Anspruch ausgesetzt, mit dem Unterschied, dass dieser nunmehr von einer anderen Person geltend gemacht wird.
Beispiel 1
Der Anwalt erhebt für den A gegen den Beklagten Klage auf Zahlung in Höhe von 20.000,00 EUR. Nach Zustellung der Klage stellt der Anwalt fest, dass nicht der A, sondern der B anspruchsberechtigt ist. Daraufhin wird die Klage im Wege des Parteiwechsels auf den B als Kläger umgestellt.
Für beide Anwälte liegt nur eine einzige Angelegenheit vor. Es kann also sowohl der Anwalt, der die Kläger A und B im Laufe des Rechtsstreits vertreten hat, nur eine Angelegenheit abrechnen, als auch der Anwalt des Beklagten, der sich gegen zwei verschiedene Klageanträge verteidigt hat.
Der Streitwert beläuft sich auf den einfachen Wert der Forderung. Die geltend gemachte Forderung ist in der Sache dieselbe. Die Klägerpartei wollte stets insgesamt nur einmal die 20.000,00 EUR haben. Der Beklagte sollte auch stets nur einmal die 20.000,00 EUR zahlen. Eine Wertaddition kommt daher nicht in Betracht.
Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV beachten
Ausgehend davon, dass der Klage vor und nach Parteiwechsel derselbe Streitgegenstand zugrunde liegt, greift allerdings für den Anwalt des Klägers nunmehr die Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG, da er im Verlaufe des Rechtsstreits mehrere Auftraggeber wegen desselben Streitgegenstands vertreten hat (BGH AGS 2006, 583 = JurBüro 2007, 76 = NJW 2007, 769 = MDR 2007, 365 = FamRZ 2007, 41 = RVGreport 2007, 25).
Abzurechnen ist also wie folgt:
A. Klägervertreter
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV |
|
1.187,20 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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890,40 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
2.097,60 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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398,54 EUR |
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Gesamt |
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2.496,14 EUR |
B. Beklagtenvertreter
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
964,60 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
890,40 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.875,00 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
356,25 EUR |
|
Gesamt |
|
2.231,25 EUR |
II. Parteiwechsel auf Beklagtenseite
Der Anwaltswechsel auf Beklagtenseite vollzieht sich dadurch, dass die Klage gegen den bisherigen Beklagten zurückgenommen und gleichzeitig gegen den neuen Beklagten erhoben wird. Dadurch findet faktisch ein Austausch des Beklagten statt. Auf Klägerseite ändert sich dagegen diesmal nichts. Der Kläger macht den gleichen Anspruch geltend, mit dem Unterschied, dass dieser nunmehr gegenüber einer anderen Person erhoben wird.
Beispiel 2
Der Anwalt erhebt für seinen Mandanten Klage auf Zahlung von 20.000,00 EUR. Nach Rechtshängigkeit stellt er fest, dass nicht der A, sondern der B der richtige Schuldner ist. Er ändert daraufhin die Klage, dass anstelle des A nunmehr der B verklagt sein soll. B beauftragt nunmehr denselben Anwalt mit seiner Vertretung.
Auch hier handelt es sich um einen Parteiwechsel in der Form der Klagerücknahme gegen den bisherigen Beklagten und Erhebung einer neuen Klage gegen den neuen Beklagten.
Auch bei Beklagtenwechsel nur eine gebührenrechtliche Angelegenheit
Es bleibt auch hier bei einer Angelegenheit (OLG Hamm AGS 2010, 7 = MDR 2010, 356 = Rpfleger 2010, 241 = Justiz 2010, 277 = NJW-Spezial 2010, 29 = FamRZ 2010, 831).
Der Streitgegenstand ist auch hier derselbe, da nach wie vor dieselbe Forderung geltend gemacht wird, lediglich gegen verschiedene Personen.
Gebührenerhöhung auf Beklagtenwechsel zu beachten
Zu berücksichtigen ist allerdings, dass für den Anwalt des Beklagten hier eine Auftraggebermehrheit vorliegt, da er im Verlauf des Verfahrens mehrere Beklagte wegen desselben Streitgegenstands vertreten hat (OLG Nürnberg AGS 2010, 167 = MDR 2010, 532).
Für den Anwalt des Klägers verbleibt es dagegen bei der einfachen Gebühr, da er nur einen Auftraggeber vertreten h...