Umsatzsteuer ist grds. zu erstatten
Als gesetzlicher Teil der anwaltlichen Vergütung ist die Umsatzsteuer grds. zu erstatten (§ 91 Abs. 2 S. 1 ZPO).
Umsatzsteuer muss anfallen
Dafür ist allerdings zunächst einmal Voraussetzung, dass die Vergütung des Anwalts umsatzsteuerpflichtig ist. Daran kann es fehlen, wenn der Anwalt Kleinunternehmer i.S.d. § 19 Abs. 1 UStG ist. Ferner fehlt es an der Umsatzsteuerpflicht in bestimmten Fällen mit Auslandsberührung (s. dazu ausführlich AnwK-RVG/N. Schneider, 8. Aufl., 2016, Nr. 7008 Rn 8 ff.). Soweit danach schon keine Umsatzsteuer anfällt, stellt sich die Frage der Kostenerstattung erst gar nicht, was häufig verkannt wird.
Höhe der Umsatzsteuer richtet sich nach der Fälligkeit der Vergütung
In welcher Höhe die Umsatzsteuer anfällt, bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit der anwaltlichen Vergütung gem. § 8 Abs. 1 RVG und nicht nach dem Zeitpunkt des Festsetzungsantrags (OLG Düsseldorf AGS 2006, 201 = GuT 2005, 125).
Keine Erstattung bei Vorsteuerabzugsberechtigung
Ist die erstattungsberechtigte Partei allerdings zum Vorsteuerabzug berechtigt, kann sie die Umsatzsteuer nicht erstattet verlangen, da sie für die Partei nur einen durchlaufenden Posten, aber keine nachhaltige Vermögenseinbuße darstellt.
Glaubhaftmachung für den Anfall
Der Anfall der Umsatzsteuer ist im Kostenfestsetzungsverfahren – wie alle anderen Positionen – glaubhaft zu machen (§ 104 Abs. 2 S. 1 ZPO). Insoweit reicht die anwaltliche Versicherung, da das RVG die Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV als Auslagentatbestand behandelt (§ 104 Abs. 2 S. 2 ZPO). Insoweit genügt bereits die Vorlage der anwaltlichen Rechnung.
Zusätzliche Erklärung zum fehlenden Vorsteuerabzug
Zur (fehlenden) Berechtigung des Vorsteuerabzugs enthält § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO eine spezielle Regelung. Danach genügt es, dass die erstattungsberechtigte Partei erklärt, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein. Wird diese Erklärung abgegeben, muss der Kostenfestsetzungsbeamte die Umsatzsteuer grds. festsetzen, unabhängig davon, ob die Erklärung zutreffend ist oder nicht. Eine besondere Glaubhaftmachung darf nicht verlangt werden (LAG Schleswig-Holstein AGS 2014, 298 = RVGreport 2014, 201). Auch ist die Erklärung der Partei vom Gericht grds. nicht zu überprüfen (BPatG GRUR-RR 2013, 311 = GRUR 2013, 864).
Offensichtlich falsche Erklärung
Ist die Berechtigung zum Vorsteuerabzug allerdings offensichtlich falsch, darf der Rechtspfleger die Umsatzsteuer absetzen (OLG Schleswig OLGR 2003, 375). Ein solcher Fall ist jedoch noch nicht gegeben, wenn eine schwierige umsatzsteuerrechtliche Frage vorliegt, die im Kostenfestsetzungsverfahren nicht geklärt werden kann (OLG Hamm AGS 2015, 146 = RVGreport 2015, 25).
Widersprüchliche Erklärung
Abgesetzt werden darf die angemeldete Umsatzsteuer auch dann, wenn die Erklärung der Partei widersprüchlich ist (BGH AGS 2003, 276; OLG Brandenburg AnwBl. 1996, 544; OLG Hamm OLGR 1997, 116), etwa, wenn im Rechtsstreit die Partei ausdrücklich erklärt hat, zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein, im Kostenfestsetzungsverfahren aber behauptet, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein. Sofern die Partei für diese widersprüchlichen Angaben keine Erklärung gibt, ist die bloße gegenteilige Angabe im Kostenfestsetzungsverfahren unbeachtlich, so dass die Umsatzsteuer abgesetzt werden kann.
Offensichtlich unrichtige Erklärung
Die Erstattung ist auch dann abzulehnen, wenn sich eine offensichtliche Unrichtigkeit der Erklärung aus anderen, dem Gericht bekannten Umständen, etwa aus dem Inhalt der Akten zweifelsfrei ergibt (FG Saarbrücken AGS 2004, 258).
Erklärung muss eindeutig sein
Die Erklärung der Partei muss eindeutig und unmissverständlich sein. Der Antrag auf Festsetzung der Umsatzsteuer kann nicht schon konkludent als Erklärung nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO angesehen werden (OLG Celle OLGR 1995, 124; LAG Frankfurt/M. AGS 2000, 233). Auch die Erklärung, der Auftraggeber wolle die Rechnung nicht zum Vorsteuerabzug verwenden, genügt nicht (OLG München JurBüro 1995, 34). Gibt die Partei keine Erklärung ab, so darf die Umsatzsteuer nicht festgesetzt werden.
Erklärung kann geändert werden
Während des Festsetzungsverfahrens und auch noch während des Erinnerungs- oder Beschwerdeverfahrens kann der Antragsteller seine Erklärung zur Vorsteuerabzugsberechtigung jederzeit ändern. Maßgebend ist die zuletzt abgegebene Erklärung (OLG München JurBüro 1996, 427 = Rpfleger 1996, 372).
Streitfall: Mehrere Streitgenossen
Soweit mehrere Streitgenossen, von denen einer oder mehrere zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, ein anderer oder andere dagegen nicht, durch einen gemeinsamen Anwalt vertreten sind, ist zu differenzieren:
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Folgt man der Rechtsprechung des BGH zur wertmäßigen Aufteilung der Kostenerstattungsansprüche bei mehreren Streitgenossen, braucht jeder Streitgenosse, sich nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO nur über seine eigene Vorsteuerabzugsberechtigung zu erklären (BGH NJW-RR 2003, 1217 = JurBüro 2004, 197; OLG Rostock, Beschl. v. 30.10.2008 – 5 W 164/08). |
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