Leitsatz
Ist der Anwalt im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet worden, kann er gem. § 47 RVG einen Vorschuss verlangen. Im Gegensatz zu den Gebühren kann ein Vorschuss auf Auslagen auch gefordert werden, wenn diese noch nicht entstanden sind.
LG Bautzen, Beschl. v. 3.8.2007 – 1 KfH O 560/06
1 I. Der Fall
Der auswärtige Anwalt war im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnet worden. Er beantragte hiernach einen Vorschuss in Höhe einer 1,3-Verfahrensgebühr sowie der voraussichtlichen Reisekosten zum mündlichen Verhandlungstermin. Der Urkundsbeamte hat lediglich die Verfahrensgebühr nebst Auslagen und Umsatzsteuer festgesetzt, nicht aber die Reisekosten.
Die hiergegen erhobene Erinnerung hatte Erfolg.
2 II. Die Entscheidung
Gegen Absetzung des Vorschusses ist Erinnerung gegeben
Ebenso wie gegen die Ablehnung der Vergütungsfestsetzung nach § 55 RVG ist auch gegen die Absetzung eines geforderten Vorschusses nach § 56 RVG die Erinnerung gegeben.
Die Erinnerung ist auch begründet.
Vorschussrecht ergibt sich aus § 47 RVG
Einem beigeordneten Rechtsanwalt steht gegen die Staatskasse ein Anspruch auf Vorschuss nach § 47 RVG zu. Die Gebühren müssen bereits entstanden sein. Sie müssen lediglich nicht fällig sein. Die entsprechenden Gebührentatbestände müssen jedoch ausgelöst worden sein.
Auch voraussichtlich entstehende Auslagen können verlangt werden
Hinsichtlich der Auslagen enthält § 47 RVG keine entsprechende Einschränkung. Hier kann also – wie auch für den Wahlanwalt – ein Vorschuss auf zu erwartende Auslagen beantragt werden.
Hier war der auswärtige Anwalt ohne Einschränkung beigeordnet worden, sodass die Landeskasse seine Reisekosten in vollem Umfang übernehmen musste. Da ein Termin zur mündlichen Verhandlung zu erwarten war, durfte der Anwalt auch einen entsprechenden Vorschuss auf seine Reisekosten verlangen.
3 III. Praxishinweis
Von dem Recht auf Vorschuss nach § 47 RVG wird in Prozess- und Verfahrenskostenhilfemandaten in der Praxis immer noch zu wenig Gebrauch gemacht.
Nur Gebühren müssen entstanden sein
Ist ein Anwalt beigeordnet, dann dürfte die Verfahrensgebühr regelmäßig bereits entstanden sein. Entweder hat der Anwalt die Klage oder Antragsschrift verfasst oder er hat eine Erwiderung gefertigt. Anderenfalls wäre das Gericht ja gar nicht in der Lage, die Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung zu prüfen, Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen und den Anwalt beizuordnen.
Ist danach aber die Verfahrensgebühr entstanden, kann sie auch als Vorschuss geltend gemacht werden. Dass die Verfahrensgebühr noch nicht fällig ist (§ 8 RVG), ist insoweit unerheblich.
Auslagen müssen nur zu erwarten sein
Auch auf zu erwartende Auslagen kann ein Vorschuss verlangt werden. Hier müssen die Auslagen noch nicht entstanden sein. Diese Regelung soll verhindern, dass der Anwalt hinsichtlich seiner Auslagen in Vorleistung treten muss (ebenso hat auch das OLG Hamm für einen Vorschuss auf Sachverständigenkosten, AGS 2013, 348 = AnwBl 2013, 771 = RVGreport 2013, 307 entschieden).
AGKompakt, S. 86