Die Entstehung der RVG-Einigungsgebühr kann deshalb als problematisch angesehen werden, weil die Entstehungsvoraussetzungen für die Einigungsgebühr in Anm. Abs. 1 zu Nr. 1000 VV anders geregelt sind als bei der Vergleichsgebühr in § 23 BRAGO. Anders als bei § 23 BRAGO, in dem durch das Klammerzitat (§ 779 BGB) feststand, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 779 BGB erfüllt sein müssen, um die Vergleichsgebühr entstehen zu lassen, fehlt in Nr. 1000 VV die Bezugnahme auf § 779 BGB. Hieraus wird einerseits übereinstimmend gefolgert, dass zur Entstehung der Einigungsgebühr gegenseitiges Nachgeben der Parteien (§ 779 Abs. 1 BGB) nicht mehr erforderlich ist. Andererseits wird tlw. aus dieser fehlenden Bezugnahme auf § 779 Abs. 2 BGB auch geschlossen, dass die Unsicherheit über die Rechtsverwirklichung die Einigungsgebühr im Gegensatz zur Vergleichsgebühr nicht auslöst und nach dem Wortlaut von Anm. Abs. 1 zu Nr. 1000 VV daher Streit oder Unsicherheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis vorliegen muss.

Der BGH hat in der vorliegenden Entscheidung klargestellt, dass auch bei der Einigungsgebühr die Unsicherheit über die Rechtsverwirklichung der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis gleichsteht (§ 779 Abs. 2 BGB). Erfüllt daher die Einigung die Merkmale eines Vergleichs i.S.v. § 779 BGB und wäre nach der früheren Regelung des § 23 BRAGO eine Vergleichsgebühr angefallen, entsteht regelmäßig auch die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV. Da sowohl die Klägerin durch Bewilligung von Ratenzahlungen als auch der Beklagte durch Verzicht auf Rechtsbehelfe gegen den Mahn- und Vollstreckungsbescheid i.S.v. § 779 BGB gegenseitig nachgegeben haben, ist die Einigungsgebühr angefallen.

Der Anfall der Einigungsgebühr ist somit nach Auffassung des BGH nicht nur dann zu bejahen, wenn ein streitiges Rechtsverhältnis vorliegt, sondern auch dann, wenn die Rechtsverwirklichung unsicher ist und gegenseitiges Nachgeben der Parteien vorliegt.

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