Ob der Anwalt auch dann eine Verfahrensgebühr verdienen kann, wenn er vor dem entsprechenden Gericht nicht postulationsfähig ist, ist umstritten. Nach einer Ansicht[1] kann bei „sinnvoller Tätigkeit“ des Anwalts das Fehlen der Postulationsfähigkeit unerheblich sein. Die Gegenansicht,[2] der sich auch der BGH in seiner Entscheidung vom 1.2.2007[3] angeschlossen hat, verlangt schon für die Entstehung einer Verfahrensgebühr die Postulationsfähigkeit unabhängig von der Art der anwaltlichen Tätigkeit. Der BGH hat zur Begründung ausgeführt, man gelange ansonsten zu einem mit den Grundsätzen des Vertragsrechts unvereinbarenden Ergebnis, weil dem nicht postulationsfähigen Rechtsanwalt ein Entgelt für eine anwaltliche Tätigkeit zuerkannt werde, die er nicht erfüllen könne. Soweit der Anwalt, auch ohne postulationsfähig zu sein, einzelne Tätigkeiten für seinen Auftraggeber ausführen könne, würde dies von Nr. 3403 VV erfasst.

Bei dieser Frage muss – und dies wird in der vorliegenden Entscheidung vom OLG ebenso übersehen wie vom BGH – zwischen der Entstehung der Gebühr und ihrer Erstattungsfähigkeit unterschieden werden:

Für die Entstehung der Gebühr reicht es aus, wenn der Anwalt mit der Führung des Verfahrens beauftragt wurde und eine entsprechende Tätigkeit ausgeführt hat. Ob ein solcher Verfahrensauftrag vorliegt, ist durch Auslegung zu entscheiden, wobei allein die Willenserklärungen der beteiligten Parteien (Anwalt und Mandant), nicht aber rechtliche Zulässigkeitserwägungen eine Rolle spielen dürfen.

Schon dies wird in der Rspr. nicht immer konsequent durchgeführt: In seinem Beschluss vom 4.5.2006[4] hatte der 3. Zivilsenat des BGH einen Verfahrensauftrag verneint, obwohl der Mandant dem Anwalt den Auftrag erteilt hatte „alles zu tun, um die Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde sofort zu erreichen“. Der Senat ließ den umfassenden Verfahrensauftrag maßgeblich daran scheitern, dass der betreffende Anwalt beim BGH nicht zugelassen war. Diese Argumentation ist jedoch nicht stichhaltig, denn für den Umfang des Auftrags kommt es allein darauf an, was zwischen Anwalt und Mandant vereinbart wurde und nicht darauf, welche konkreten Tätigkeiten der Anwalt dann rechtlich zulässigerweise hätte ausführen können. Angesichts der im Streitfall gewählten Formulierung „alles zu tun ...“ wäre es interessant zu erfahren, bei Verwendung welcher Worte der BGH denn von einem umfassenden Auftrag ausgegangen wäre. Mehr als „alles zu tun“ geht kaum.

Im vorliegenden Fall unterliegt zwar das OLG demselben Fehler wie der BGH, weil es vom Umfang der Postulationsfähigkeit des Anwalts auf den Inhalt des ihm erteilten Auftrages zurückschließt – ganz nach dem Motto: Was ein Anwalt rechtlich nicht tun darf, damit kann man ihn auch nicht beauftragen! Im Ergebnis ist die Auslegung allerdings nicht zu beanstanden: Da der Anwalt zunächst nur die Aussichten der von der Gegenseite eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde prüfen sollte, ohne selbst gegenüber dem BGH tätig zu werden, kam tatsächlich kein umfassender Verfahrensauftrag, sondern nur ein Auftrag zu einer Einzeltätigkeit (Nr. 3403 VV) oder zur Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels (Nr. 2100 VV) in Betracht.

Ob dem Gebührenanspruch des nicht postulationsfähigen Anwalts möglicherweise wegen subjektiver Unmöglichkeit eine dauerhafte Einrede entgegensteht, ist für die Entstehung der Gebühr dagegen unbeachtlich. Insofern greift auch die Kritik des BGH[5] zu kurz: Dem Anwalt entsteht gerade nicht – unter dem vom BGH beanstandeten Verstoß gegen die Grundsätze des Vertragsrechts – ein Gebührenanspruch für einen Auftrag, den er subjektiv nicht erfüllen kann. Sondern es entsteht nach den im Vergütungsverzeichnis genannten Tatbestandsvoraussetzungen zunächst die Verfahrensgebühr, und erst in einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob diese – im Hinblick auf mögliche Einreden – vom eigenen Mandanten bzw. – im Hinblick auf die Notwendigkeit im Sinne von § 91 ZPO – vom unterlegenen Gegner verlangt werden kann.

Bei der Frage der Erstattungsfähigkeit von Gebühren eines nicht postulationsfähigen Anwalts ist der Grundsatz zu beachten, dass Kosten, die durch eine überflüssige oder zwecklose Prozessmaßnahme verursacht worden sind, nicht erstattungsfähig sind. Die Tätigkeit eines nicht postulationsfähigen Anwalts kann jedoch nicht generell als überflüssig oder zwecklos eingestuft werden. Vielmehr ist für die Beurteilung dieser Frage – und damit auch für die Frage der Erstattungsfähigkeit der Gebühren nach § 91 Abs. 1 ZPO – auf den konkreten Verfahrensverlauf abzustellen. Zutreffend weist das OLG[6] im vorliegenden Fall darauf hin, dass es dem Rechtsmittelgegner frei steht, einen Anwalt zu beauftragen, sobald das Rechtsmittel eingelegt ist. Soweit neben diesem beratend und prüfend tätigen Rechtsanwalt nicht noch ein weiterer (postulationsfähiger) Anwalt für das Rechtsmittelverfahren beauftragt wird, sind die Kosten auch im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO erforderlich und damit erstattungsfähig. Denn durch die konkrete Vo...

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