Rechtsanwalt Jürgen Rehberg, Terminsgebühr auch bei Abschluss eines Vergleichs bzw. einer Vereinbarung im Kindschaftsverfahren nach § 155 FamFG ohne Erörterungstermin?, JurBüro 2022, 507
Nach Abs. 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV entsteht die Terminsgebühr auch in einem Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, wenn im Einverständnis mit den Parteien oder Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden wird oder in einem solchen Verfahren mit oder ohne Mitwirkung des Gerichts ein Einigungsvertrag nach Nr. 1000 VV geschlossen wird. Rehberg weist in seinem Beitrag zunächst darauf hin, dass in Kindschaftsverfahren betreffend den Aufenthalt, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes oder die Gefährdung des Kindeswohls gem. § 155 Abs. 2 FamFG zwar keine mündliche Verhandlung, wohl aber die Erörterung der Sache in einem Termin vor dem FamG vorgeschrieben ist. Angesichts dieser Regelung ist umstritten, ob der Erörterungstermin nach § 155 Abs. 2 FamFG gebührenrechtlich der mündlichen Verhandlung in Abs. 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV gleichgestellt ist, wenn das Kindschaftsverfahren ohne eine Erörterung bei Gericht durch Abschluss eines Einigungsvertrages beendet wird.
Rehberg referiert zunächst den Meinungsstand in der Rspr. zu dieser Gebührenrechtsfrage. Viele Gerichte würden auf den insoweit eindeutigen Wortlaut von Abs. 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV abstellen, der nur von Verfahren mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung, nicht aber auch von Verfahren mit vorgeschriebener mündlicher Erörterung spricht. Hieraus folgert diese Auffassung, der Gesetzgeber habe eine Gleichstellung von mündlicher Verhandlung einerseits und mündlicher Erörterung andererseits in Kindschaftsverfahren nicht vornehmen wollen. Demgegenüber hätten sich einige Gerichte für eine Anwendung von Abs. 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV in Kindschaftsverfahren ausgesprochen. Dies werde damit begründet, § 155 Abs. 2 FamFG sehe für Kindschaftsverfahren als zwingend einen Erörterungstermin vor, sodass die Verfahrensrechtslage mit der vorgeschriebenen mündlichen Verhandlung vergleichbar sei. Dieser Auffassung habe sich – so Rehberg – vor kurzem das OLG Frankfurt (JurBüro 2022, 182) angeschlossen. Rehberg verweist darauf, dass das OLG einmal auf die Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Regelung in Abs. 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV und der Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VV sowie auf den Sinn und Zweck dieser Vorschriften und auf die Entwicklung des Verfahrensrechts in Kindschaftsverfahren abgestellt habe. In § 50e Abs. 2 FGG sei früher bestimmt gewesen, dass in Kindschaftssachen zwingend ein Erörterungstermin stattzufinden hat, was stets die Terminsgebühr ausgelöst habe. Diese Regelung sei bei der Familienrechtsreform in die nunmehr geltende Vorschrift des § 155 Abs. 2 FamFG übernommen worden. Der Gesetzgeber habe lediglich übersehen, die Vorschrift des Abs. 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV entsprechend anzupassen.
In seinem Beitrag stimmt Rehberg der Auffassung des OLG Frankfurt zu. Die von dem OLG vorgenommene theologische Auslegung von Abs. 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV führe dazu, dass gebührenrechtlich zwischen dem Begriff der mündlichen Verhandlung und dem Begriff der mündlichen Erörterung kein Unterschied besteht. Diese Begriffe würden beispielsweise in § 54 Abs. 2 und § 57 FamFG bei einstweiligen Anordnungen in Familiensachen, die ohne mündliche Verhandlung ergehen und bei denen auf Antrag aufgrund mündlicher Verhandlung erneut zu entscheiden ist, sinngemäß gleichgestellt.
Ferner verweist der Autor darauf, dass es für den Verfahrensbevollmächtigten, der in einem Kindschaftsverfahren nach außergerichtlicher Erörterung mit Gericht und der Gegenseite eine vergleichsweise Einigung in der Kindschaftssache erzielt, keinen Unterschied mache, ob dies in einem Verfahren erfolge, für das eine mündliche Verhandlung oder eine mündliche Erörterung vorgeschrieben sei. Folglich dürfe auch hinsichtlich des Anfalls der Terminsgebühr kein gebührenrechtlicher Unterschied gemacht werden. Dem steht nach den weiteren Ausführungen Rehbergs nicht entgegen, dass in Verfahren mit mündlicher Verhandlung nur die Tatsachen Grundlage der Gerichtsentscheidung sind, die auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, während bei Verfahren mit vorgeschriebenem Erörterungstermin Grundlage der Sachentscheidung des Gerichts der gesamte Akteninhalt sei. Dieser Umstand spreche eher für den Anfall der in Abs. 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV geregelten Terminsgebühr auch in Kindschaftsverfahren.
Rechtsanwalt Norbert Schneider, Gerichtsgebühr bei Rechtsbeschwerde gegen Verwerfungsbeschluss, NJW-Spezial 2022, 731
Verwirft das Berufungsgericht eine Berufung gem. § 522 Abs. 1 S. 1 ZPO als unzulässig, ist hiergegen auch ohne Zulassung durch das Berufungsgericht kraft Gesetzes gem. § 522 Abs. 1 S. 4 ZPO die Rechtsbeschwerde gegeben. Schneider weist in seinem Beitrag darauf hin, dass in diesem Rechtsbeschwerdeverfahren eine 2,0-Gebühr nach Nr. 1820 GKG KV erhoben w...