Die Entscheidung des LG entspricht dem Wortlaut des Gesetzes. Das Ergebnis ist gleichwohl etwas kurios. Die Versuche des LG, die gesetzliche Schieflage zu begründen, überzeugen daher auch nicht.

Wenn das Gericht ausführt, das örtliche Gericht sei ebenso wie die eigene Kanzlei der Ort der alltäglichen Berufsausübung, dann fragt man sich, wieso ein nicht am Gerichtsort, aber innerhalb des Gerichtssprengels wohnender Anwalt Reisekosten und Parkgebühren erhält, nicht aber der am Gerichtsort wohnende. Für beide ist das zuständige Gericht der gleiche Mittelpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit. Diese Differenzierung vermag daher nicht zu überzeugen, zumal das auch nicht erklärt, wieso ein in Berlin-Köpenick ansässiger Anwalt nach dem RVG auch keine Reisekosten für einen Termin beim AG Berlin-Spandau erhält. Dass ein in Berlin-Köpenick ansässiger Anwalt den Mittelpunkt seiner anwaltlichen Tätigkeit in Spandau oder etwa in ganz Berlin an allen zwölf Amtsgerichten hätte, wäre mir jedenfalls neu.

Eine Ungleichbehandlung des Anwalts ergibt sich auch gegenüber Zeugen und Parteien. Diese erhalten nämlich Fahrtkostenersatz nach § 5 JVEG (§ 91 Abs. 1 S. 2 ZPO). Dort werden Parkgebühren immer übernommen, unabhängig davon, ob der Zeuge oder die Partei am Gerichtsort wohnt oder nicht.

 
Praxis-Beispiel

Man stelle sich folgende Situation in einem Zivilprozess vor: Vor dem LG findet ein Termin zur mündlichen Verhandlung statt. Der Anwalt reist zusammen mit der Partei, die beide in der Stadt wohnen, zum Termin an, und zwar

a) mit dem Pkw des Anwalts.

b) mit dem Pkw der Partei.

Im Falle a) fielen keine Reisekosten an, so dass auch nichts zu erstatten wäre.

Im Falle b) könnte die Partei Reisekosten und Parkgebühren abrechnen. Der Gegner müsste diese erstatten.

Diesen Unterschied zu verstehen, fällt mir schwer.

Dies könnte im Kostenfestsetzungsverfahren zu dem Einwand verleiten, es sei nicht notwendig gewesen, dass die Partei gefahren ist. Sie hätte sich von ihrem Anwalt mitnehmen lassen müssen. Dann wäre die Fahrt kostenlos gewesen.

Dem LG Halle ist allerdings insoweit Recht zu geben, als eine Abrechnung über Nr. 7006 VV nicht in Betracht kommt, weil diese Vorschrift eine Geschäftsreise voraussetzt. Eine Geschäftsreise wiederum ist in Vorbem. 7 Abs. 2 VV definiert und schließt gerade Fahrten eines ortsansässigen Anwalts zum Gericht aus.

Daran zu denken wäre aber, die Parkgebühren nach Vorbem. 7 Abs. 1 S. 2 RVG abzurechnen. Danach kann der Anwalt Aufwendungen seinem Auftraggeber in Rechnung stellen, soweit in den Nrn. 7000 ff. VV nichts anderes bestimmt ist. Eine anderweitige Bestimmung ergibt sich nicht aus Nr. 7006 VV. Dort ist nur geregelt, was im Falle einer Geschäftsreise abgerechnet werden kann. Dort ist aber nicht geregelt, dass umgekehrt bei Nichtvorliegen einer Geschäftsreise nichts abgerechnet werden könne. Fahrtkosten sind jedenfalls Aufwendungen nach § 670 BGB.[1]

Norbert Schneider

[1] Siehe Palandt/Sprau, BGB, 66. Aufl. 2007, § 670 Rn 2.

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