Die gem. § 56 Abs. 1 S. 1 RVG statthafte Erinnerung gegen die Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütungen durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle v. 7.9.2010 ist zulässig. Eine Fristbindung besteht für die Einlegung der Erinnerung nicht (vgl. Bayerisches LSG, Beschl. v. 18.1.2010 – L 13 SF 288/09 E; SG Berlin, Beschl. v. 1.11.2010 – S 127 SF 407/10 m.w.Nachw.). Denn § 56 RVG, der keine Rechtsbehelfsfrist enthält, ist als speziellere Norm gegenüber § 178 S. 1 SGG, wonach gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten das Gericht nur binnen eines Monats nach Bekanntwerden angerufen werden kann, vorrangig (vgl. Bayerisches LSG, Beschl. v. 18.1.2010 – L 13 SF 288/09 E; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 24.9.2008 – L 19 B 21/08 AS). Auch die Subsidiarität gerichtlichen Rechtsschutzes gem. §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 4 S. 1 RVG ist gewahrt; die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

Die Erinnerung ist jedoch unbegründet. Die Entscheidung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ist rechtmäßig. Dem Erinnerungsführer steht gegenüber der Staatskasse kein Anspruch auf Festsetzung einer höheren als der festgesetzten Vergütung zu.

Nach § 45 Abs. 1 S. 1 RVG erhält der Erinnerungsführer als im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneter Rechtsanwalt die gesetzliche Vergütung aus der Landeskasse. Die Höhe der Vergütung bestimmt sich gem. § 2 Abs. 2 RVG nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Im vorliegenden Hauptsacheverfahren ist bei der Bemessung der einzelnen Gebühren zu berücksichtigen, dass die Vorschriften des GKG gem. § 197a Abs. 1 S. 1 Hs. 1 SGG keine Anwendung finden, da der Berufungskläger zu dem durch § 183 S. 1 SGG privilegierten Personenkreis zählt. Daher entstehen im Berufungsverfahren vor dem LSG gem. § 3 Abs. 1 S. 1 RVG Betragsrahmengebühren.

Anders als der Erinnerungsführer meint, fällt im vorliegenden Fall eine (fiktive) Terminsgebühr nicht deshalb an, weil im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht ein schriftlicher Vergleich geschlossen worden ist. Die erkennende Kammer bestätigt damit ausdrücklich die Aufgabe ihrer früheren gegenteiligen Rspr. (vgl. SG Stuttgart, Beschl. v. 30.10.2007 – S 20 AL 6741/07 KE), die bereits zuvor – unter neuem Vorsitz – erfolgt war (vgl. SG Stuttgart, Beschl. v. 10.11.2008 – S 20 SB 2559/08 KE; ebenso: SG Stuttgart, Beschl. v. 5.7.2010 – S 15 SF 7062/08 E; SG Stuttgart, Beschl. v. 24.3.2010 – S 21 SF 7175/09 E; SG Stuttgart, Beschl. v. 12.6.2008 – S 12 KR 945/08 KE; SG Stuttgart, Beschl. v. 2.4.2008 – S 15 SO 1384/08 KE; SG Stuttgart, Beschl. v. 2.7.2007 – S 3 SB 3709/07 KO; SG Stuttgart, Beschl. v. 19.4.2007 – S 2 SB 1345/07 KO-A; entgegen SG Stuttgart, Beschl. v. 23.12.2009 – S 6 SB 2031/09 KE).

Gem. Nr. 3205 VV beträgt die Terminsgebühr in Verfahren vor den Landessozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, 20,00 EUR bis 380,00 EUR. Die Anm. zu Nr. 3106 VV gilt entsprechend. Demnach entsteht die Terminsgebühr auch, wenn (Nr. 1) in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, oder (Nr. 2) nach § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden wird oder (Nr. 3) das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Im vorliegenden Fall ist keine dieser Voraussetzungen des Gebührentatbestands erfüllt. Die Beteiligten haben vielmehr zur Beendigung des Verfahrens einen schriftlichen Vergleich geschlossen.

Dass hierfür keine Terminsgebühr entsteht, ergibt sich im Wege der Auslegung nach dem Wortlaut der Nrn. 3205, 3106 VV und systematisch im Umkehrschluss aus der abweichenden Regelung in den Nrn. 3202, 3104 VV, die den Regelfall der Abrechnung nach einem Gebührenstreitwert (Gegenstandswert) betreffen. Eine der Anm. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV entsprechende Regelung, nach der eine (fiktive) Terminsgebühr beim Abschluss eines schriftlichen Vergleichs entsteht, sieht Nr. 3106 VV nicht vor. Da Nr. 3106 VV als Spezialvorschrift zu Nr. 3104 VV gefasst ist (“soweit in Nr. 3106 nichts anderes bestimmt ist”, vgl. LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 14.11.2007 – L 1 B 513/07 R SK), hätte inhaltlicher Gleichklang zwischen Nr. 3104 und Nr. 3106 VV mit Blick auf die Entstehung einer fiktiven Terminsgebühr ohne weiteres durch die Anordnung der entsprechenden Geltung der Anm. zu Nr. 3104 VV in Nr. 3106 VV erreicht werden können. Dass sich der Gesetzgeber dieser Regelungstechnik bewusst war, zeigt gerade der Wortlaut von Nr. 3205 VV. Die von Anm. 1 zu Nr. 3104 VV abweichende Aufzählung einzelner Fälle einer fiktiven Terminsgebühr in Nr. 3106 VV deutet deshalb auf eine abschließende Regelung hin, wonach der Abschluss eines schriftlichen Vergleichs bei der Entstehung einer fiktiven Terminsgebühr bewusst nicht berücksichtigt werden soll.

Auch die analoge Anwendung von Anm. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV ist ausgeschlossen. Die sinngemäße Anwendung einer Norm setzt eine plan...

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