Die Frage der Notwendigkeit umfangreicher Fotokopien zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache und somit deren Erstattungsfähigkeit stellt in der Vergütungspraxis und insbesondere bei Abrechnung im Rahmen der Prozesskostenhilfe seit jeher eines der größeren Streitthemen dar.

a) Zusammenhang von Auslagen und Beiordnung/Bestellung

Maßgeblich für eine Erstattungsfähigkeit von Auslagen (auch solchen nach Nr. 7000 VV) aus der Landeskasse ist zunächst einmal die Frage, ob diese von der Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfasst sind.

Gem. § 48 Abs. 1 RVG bestimmt sich der Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts nach den Beschlüssen, durch die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist.

Nach § 48 Abs. 4 RVG i.d.F. Zweiten Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (2. KostRMoG ab 1.8.2013) erstreckt sich die Beiordnung in Angelegenheiten, in denen nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG Betragsrahmengebühren entstehen, auf Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe, wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt ist. Die Beiordnung erstreckt sich ferner auf die gesamte Tätigkeit im Verfahren über die Prozesskostenhilfe einschließlich der vorbereitenden Tätigkeit.

Diese als Regelfall geltende Rückwirkung auf den Antragszeitpunkt steht allerdings ausdrücklich unter dem Vorbehalt einer abweichenden Bestimmung (§ 48 Abs. 4 S. 1 a.E. RVG), nämlich dann, wenn die Bewilligungsreife aufgrund fehlender PKH-Unterlagen zum Antragszeitpunkt noch nicht vorlag.

Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse ist damit dem Grund und der Höhe nach vom Umfang der Beiordnung abhängig.

Ein gebührenrechtlicher Tatbestand, welcher ausschließlich und vollständig vor Stellung des Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe verwirklicht wurde, ist gegenüber der Landeskasse nicht erstattungsfähig.

Gleiches gilt, wenn Auslagen wie etwa die Fertigung von Fotokopien im Rahmen einer Akteneinsicht nicht vom Bewilligungszeitrum der Prozesskostenhilfe erfasst ist, etwa weil das Gericht gem. § 48 Abs. 4 S. 1 RVG einen abweichenden Bewilligungszeitraum bestimmt hat. Eine Erstattung scheidet dann bereits von vorneherein aus. Der Ausalgenersatz kann damit zeitlich begrenzt sein.

b) Zur sachgemäßen Vertretung erforderlich – § 46 Abs. 1 RVG

Auslagen können – wie weitere Vergütungstatbestände auch – allgemein zwar entstanden, aber nicht gleichzeitig auch erstattungsfähig sein.

Auslagen und Aufwendungen sind freilich nur dann zu vergüten, soweit diese tatsächlich angefallen sind.

Nach § 46 Abs. 1 RVG sind diese jedoch nicht zu vergüten, wenn sie nicht zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit erforderlich gewesen sind. Dabei ist auf die Sichtweise eines verständigen und durchschnittlich erfahrenen Rechtsanwalts im Zeitpunkt der Akteneinsicht abzustellen. Ob eine Fotokopie geboten war, hat ein Rechtsanwalt darzulegen und ggf. glaubhaft zu machen.

Mit der Bestimmung soll die Landes- bzw. Staatskasse vor überhöhten Nebenkosten in Schutz genommen werden und nur die zur sachgemäßen Mandatsbearbeitung notwendigen und auch tatsächlich erforderlichen Auslagen zu erstatten haben.

Unter Anwendung dieses Grundsatzes wird nach dem überwiegenden Teil der Rspr. die vollständige Ablichtung von Verwaltungsakten aufgrund fehlender Notwendigkeit abgelehnt (Bayerisches LSG, Beschl. v. 8.11.2016 – L 15 SF 256/14 E, Beschl. v. 16.9.2016 – L 15 SF 153/16 E, Beschl. v. 8.1.2014 – L 2 SF 272/13 E; LSG Schleswig-Holstein, a.a.O.; SG Schleswig-Holstein, a.a.O.; LSG Thüringen, Beschl. v. 23.2.2004 – L 6 B 54/03 SF). Dem Rechtsanwalt steht ein Ermessensspielraum zu, welcher ausgeübt werden muss. Nicht ohne Weiteres darf die gesamte Verwaltungsakte von einer juristisch nicht geschulten Kanzleikraft abgelichtet werden. Eine bloße Zweckmäßigkeit zur Fertigung einer Ablichtung führt nicht indes zu einer gebotenen Notwendigkeit.

Fehlt es an der Geltendmachung der Notwendigkeit durch den Rechtsanwalt, kann unter Beachtung der fehlenden Pflicht des Gerichts, von Amts wegen zu prüfen, welche Aktenbestandteile kopiernotwendig waren, bei Bestimmung der Höhe der anzusetzenden Dokumentenpauschale eine vereinfachte und damit pauschalierte Berechnung über die Hälfte der geltend gemachten Kopien oder eine vollständige Absetzung erfolgen (Bayerisches LSG, Beschl. v. 8.11.2016 – L 15 SF 256/14 E m.w.N.).

Das vollständige Kopieren der Akten ist regelmäßig nicht notwendig (OVG NRW, Beschl. v. 18.10.2006 – 7 E 1339/05).

Dementgegen wurde auch bislang schon vereinzelt vertreten, dass regelmäßig (nahezu) die vollständige Ablichtung der Behördenakte erfolgen kann, wenn dies bei gewissenhafter Betrachtung zur sachgemäßen anwaltlichen Mandatsausübung für erforderlich gehalten worden ist (SG Leipzig, Beschl. v. 3.3.2017 – L S 23 SF 99/16 E; VG Oldenburg, Beschl. v. 12.5.2009 – 11 A 48/08). Dies ist zur Wahrung der "Waffengleichheit" und Sicherstellung eines rechtsstaatlichen Verfahrens geboten.

Der Verzicht auf eine kleinteilige Durchsicht einer für wenige Tage übe...

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