Die Entscheidung ist in beiden vom LG angesprochenen Punkten zutreffend.
1. Das Revisionsverfahren beginnt grds. mit der Einlegung der Revision gegen das entsprechende Urteil (vgl. Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, Nr. 4130 VV Rn 2). Wird von der Staatsanwaltschaft Revision eingelegt, beginnt für den Verteidiger das Revisionsverfahren mit der ersten Tätigkeit, die er nach Einlegung der Revision durch die Staatsanwaltschaft für den Mandanten erbringt (Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, a.a.O., Nr. 4130 Rn 7 m.w.N. auch zur unzutreffenden a.A.). Das ist im Zweifel die Entgegennahme der Nachricht über die Einlegung der Revision durch die Staatsanwaltschaft. Auf die anderen hier vom Pflichtverteidiger erbrachten Tätigkeiten, die das LG allerdings zutreffend der Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV zugeordnet hat, kommt es daher für das Entstehen der Gebühr nicht mehr an.
2. Das LG sieht auch die Frage der Erstattungsfähigkeit der Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV zutreffend. Die Entscheidung hebt sich damit wohltuend von der in der Rspr. der OLG vertretenen Auffassung ab, wonach die Verfahrensgebühr in diesen Fällen erst dann erstattungsfähig sei, wenn der Verteidiger nach der Begründung der Revision durch die Staatsanwaltschaft für den Mandanten tätig werde. Bis dahin soll dieser keinen Beratungsbedarf haben (vgl. u.a. KG RVGreport 2002010, 351; RVGreport 2012, 187; OLG Köln AGS 2015, 511 = RVGreport 2015, 383; weitere Nachweise bei Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, Nr. 4130 Rn 29 und Nr. 4124 VV Rn 28 ff.). Dass das falsch ist, habe ich bereits wiederholt dargelegt. Abgesehen davon, dass der Mandant auch bereits vor der Begründung der Revision durch die Staatsanwaltschaft Beratungsbedarf hat – was der vorliegende Fall – anschaulich zeigt – ist die Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV bereits durch die Entgegennahme der Revisionsschrift der Staatsanwaltschaft entstanden. Diese anwaltliche Tätigkeit muss honoriert werden. Es gibt keine Verteidigung zum "Nulltarif", obwohl sich das sicherlich das ein oder andere OLG wünscht. Zudem hat bisher noch kein OLG eine nachvollziehbare Begründung gegeben, warum diese anwaltliche Tätigkeit nicht honoriert werden soll und wie man mit dem Umstand umgeht, dass die Gebühr Nr. 4130 VV bereits entstanden ist. Auf die nachfolgenden Beratungen kommt es insoweit gar nicht mehr an.
3. Das LG hat gegen seinen Beschluss wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage die weitere Beschwerde nach § 56 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 6 RVG zugelassen. Wir werden also in der Sache, da der Bezirksrevisor keine Ruhe geben wird, demnächst etwas aus Hamm hören. Das OLG hat dort dann die Gelegenheit, seine alte entgegenstehende Rspr. (vgl. MDR 1978, 586) zu überdenken und richtig zu entscheiden. Viel Hoffnung, dass es das tut, habe ich angesichts der Rspr. der letzten Jahre allerdings nicht (vgl. dazu Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, Nr. 4124 VV Rn 29).
Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg
AGS 2/2021, S. 78 - 80