Dieser Fall zeigt einmal wieder anschaulich, dass viele Erstattungsprobleme ihre Ursache in einer fehlerhaften Streitwertfestsetzung haben und dass die Kenntnisse der Gerichte hinsichtlich der Streitwertfestsetzung und der Gerichtskostenabrechnung häufig – wie hier – äußerst mangelhaft sind.

Ein Gericht hat nach § 63 GKG einen Streitwert festzusetzen, wenn Gerichtsgebühren erhoben werden, die sich nach dem Wert richten. Das war hier der Fall.

Bei der Streitwertfestsetzung hätte sich das Gericht also einmal in dem Verfahren B 1 K 18... fragen müssen, welche Gerichtsgebühr hier erhoben wird.

Wird ein Verfahren getrennt, dann fallen die Gerichtsgebühren aus den getrennten Verfahren gesondert an, und zwar aus ihrem jeweiligen Streitwert. Mit anderen Worten: Im verbliebenen Verfahren wird eine Gerichtsgebühr aus dem Wert des verbliebenen Verfahrens und in den getrennten Verfahren aus jeweils den Werten der getrennten Verfahren erhoben.

Hier ist also die Gerichtsgebühr im verbliebenen Verfahren 30.000,00 EUR angefallen und in den getrennten Verfahren i.H.v. jeweils 5.000,00 EUR.

Wird aber im verbliebenen Verfahren nur eine Gerichtsgebühr aus dem Wert von 30.000,00 EUR erhoben, dann darf hier auch nur ein Streitwert i.H.v. 30.000,00 EUR festgesetzt werden.

Hinsichtlich der Anwaltsgebühren verhält es sich zwar so, dass der Anwalt ein Wahlrecht hat. Er kann also die Gebühren abrechnen vor Anrechnung. Er kann aber auch die Gebühren getrennt abrechnen nach den Einzelwerten.

Der Anwalt hatte hier also folgende Möglichkeiten:

Er hätte abrechnen können aus dem Gesamtwert von 40.000,00 EUR:

 
 
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV 1.316,90 EUR
(Wert: 40.000,00 EUR)    
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   1.215,60 EUR
(Wert: 40.000,00 EUR)    
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
Zwischensumme 2.552,50 EUR  
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   484,98 EUR
Gesamt   3.037,48 EUR

Er hätte auch abrechnen können aus den Einzelwerten:

 
 
Az. B 1 K 18…  
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV 1.121,90 EUR
(Wert: 30.000,00 EUR)    
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   1.035,60 EUR
(Wert: 30.000,00 EUR)    
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
Zwischensumme 2.177,50 EUR  
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   413,73 EUR
Gesamt   2.591,23 EUR
 
 
Az. B 1 K 19…4    
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV 393,90 EUR
(Wert: 5.000,00 EUR)    
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   363,60 EUR
(Wert: 5.000,00 EUR)    
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
Zwischensumme 777,50 EUR  
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   147,73 EUR
Gesamt   925,23 EUR
 
 
Az. B 1 K 19…5    
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV 393,90 EUR
(Wert: 5.000,00 EUR)    
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   363,60 EUR
(Wert: 5.000,00 EUR)    
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
Zwischensumme 777,50 EUR  
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   147,73 EUR
Gesamt   925,23 EUR

Für die Kostenerstattung ist es aber irrelevant, wie der Anwalt mit seinem Mandanten abrechnet. Entscheidend ist die Kostenentscheidung. Im verbliebenen Verfahren ist eine Kostenentscheidung nur über die dort zuletzt anhängigen Ansprüche ergangen. Über die abgetrennten Ansprüche ist dort keine Kostenentscheidung ergangen, sodass die dort entstandenen Kosten folglich auch nicht festsetzbar sind.

Ausgehend davon, dass sich der Anwalt auf die getrennte Abrechnung mit dem Mandanten berufen hat, jedenfalls hätte berufen können, sind die Kosten entsprechend auch zu erstatten.

Das bedeutet, dass im hiesigen Verfahren nur die Kosten zu erstatten sind, die in diesem Verfahren aus dem verbliebenen Wert von 30.000,00 EUR angefallen sind.

Die Erstattung der weiteren Kosten richtet sich alleine nach den Kostenentscheidungen in den abgetrennten Verfahren, die hier allerdings nicht bekannt sind.

Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen

AGS 2/2022, S. 74 - 76

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