1. Gesetzliche Regelung
Gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 3 S. 1 ZPO findet gegen die Bewilligung der VKH die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn das Gericht weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt hat. Dabei kann nach § 127 Abs. 3 S. 2 ZPO die Beschwerde nur darauf gestützt werden, dass die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen in der Lage ist, Zahlungen zu leisten.
2. Beschwerdefrist
Die sofortige Beschwerde ist gem. § 127 Abs. 3 S, 3 ZPO binnen einer Notfrist von einem Monat einzulegen, die mit der Bekanntgabe des VKH-Bewilligungsbeschlusses beginnt. Gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 3 S. 4 ZPO ist die Einlegung einer sofortigen Beschwerde durch die Staatskasse nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung unstatthaft. Wenn die Entscheidung über die Bewilligung der VKH nicht verkündet worden ist, so tritt gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 3 S. 5 ZPO an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird.
Vorliegend hatte die Bezirksrevisorin in Anwendung dieser Regelungen ihre sofortige Beschwerde vom 1.6.2022 rechtzeitig eingelegt.
3. Form der Beschwerde
Nach Auffassung des OLG Bamberg hätte die Bezirksrevisorin als Vertreterin der Staatskasse ihre sofortige Beschwerde dem AG Gemünden als elektronisches Dokument übermitteln müssen. Das zur Akte geheftete Beschwerdeschreiben der Bezirksrevisorin stelle keine formgerechte Beschwerdeeinlegung dar. Gem. § 130d S. 1 ZPO sind vorbereitende Schriftsätze und schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch eine Behörde oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln. Für die Frage, ob die Bezirksrevisorin als Behörde i.S.d. § 130d ZPO anzusehen ist, kommt es nach Auffassung des OLG Bamberg nicht auf ihre An- oder Eingliederung in die Justiz und ihre Dienststellung an. Beschwerdeführer sei vielmehr der Freistaat Bayern, der nach Maßgabe der landesrechtlichen Regelungen durch die Bezirksrevisorin vertreten werde. Deshalb sei maßgeblich auf den Freistaat Bayern, der als "Staatskasse" i.S.v. § 127 Abs. 3 ZPO allein beschwerdeberechtigt sei, abzustellen und nicht auf die Bezirksrevisorin. Der Freistaat Bayern ist nach den weiteren Ausführungen des OLG Bamberg eine juristische Person des öffentlichen Rechts, für die § 130d ZPO einschlägig sei. Folglich würden juristische Personen des öffentlichen Rechts ebenso wie Behörden seit dem 1.1.2022 für schriftlich einzureichende Erklärungen der aktiven Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs unterliegen. Dies hat nach Auffassung des OLG Bamberg zur Folge, dass der in § 130d ZPO geregelte aktive Nutzungszwang auch für schriftliche Verfahrenshandlungen der "Staatskasse" gelte und damit auch für die vorliegende sofortige Beschwerde gegen die ratenfreie VKH-Bewilligung.
Das OLG Bamberg hat deshalb die sofortige Beschwerde der Staatskasse als unzulässig verworfen. Da insoweit höchstrichterliche Rspr. zur Frage, ob auf die Staatskasse die Vorschriften über den elektronischen Rechtsverkehr anwendbar seien, noch nicht vorliegt, hat das OLG Bamberg gegen seine Entscheidung die Rechtsbeschwerde zugelassen.