1. Gesetzliche Grundlagen
Nach der – vom BAG nicht erwähnten – Vorbem. 3 Abs. 2 VV entsteht die Verfahrensgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Das BAG hat zunächst festgestellt, dass den Prozessbevollmächtigten der Beklagten jedenfalls die geltend gemachte 1,1-Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 VV angefallen war. Hierzu hat das BAG auf die Bestimmung des § 15 Abs. 1 RVG verwiesen, wonach die Gebühren die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit abgelten würden. Dabei hat der Gesetzgeber als zum jeweiligen Rechtszug gehörend auch Neben- und Abwicklungstätigkeiten anhand von Regelbeispielen aufgeführt. Nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG zähle somit auch die Empfangnahme von Rechtsmittelschriften und ihre Mitteilung an den Auftraggeber zum Rechtszug der ersten Instanz. Somit entstehe die Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV, wenn der Rechtsanwalt in irgendeiner Weise über die genannten Neben- und Abwicklungstätigkeiten hinaus im Rahmen der Erfüllung seines Prozessauftrages tätig geworden sei. Dabei bedürfe es einer nach außen hin erkennbaren Tätigkeit nicht. Somit habe der Rechtsanwalt die Verfahrensgebühr bereits verdient, wenn er Informationen entgegennehme oder mit seinem Mandanten bespreche, wie er auf das von der Gegenseite eingeleitete Rechtsmittel reagieren sollte. Auch die interne Prüfung, ob ein Mandant sich gegen das eingelegte Rechtsmittel wehren soll, lasse die Verfahrensgebühr entstehen (s. BGH AGS 2013, 7 = zfs 2013, 103 m. Anm. Hansens = RVGreport 2013, 58 [Hansens]).
2. Jedenfalls 1,1-Verfahrensgebühr entstanden
Wenn der Auftrag des Rechtsanwalts durch Rücknahme des Rechtsmittels ende, bevor er einen Schriftsatz, der Sachanträge oder Sachvortrag enthalte, einreicht, ermäßige sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 VV auf den Satz von 1,1. Dies setzt nach Auffassung des BAG voraus, dass der Prozessbevollmächtigte des Rechtsmittelgegners aufgrund eines ihm erteilten Auftrags schon vor der Rücknahme des Rechtsmittels das Geschäft betrieben habt (BGH AGS 2018, 154 = RVGreport 2018, 143 [Hansens]).
In Anwendung dieser Grundsätze ist das BAG zu dem Ergebnis gelangt, dass die Prozessbevollmächtigten der Beklagen Tätigkeiten entfaltet hätten, die über Neben- und Abwicklungstätigkeiten i.S.v. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG hinausgingen. Sie hätten nämlich mit Schriftsatz v. 14.10.2022 gegenüber dem LAG ihre Vertretung angezeigt und beantragt, die Berufung des Klägers zu verwerfen bzw. zurückzuweisen.