Der Tatbestand für die zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV, sog. Befriedungsgebühr, ist erfüllt.

Zum einen findet die in Anm. Abs. 1 Nr. 3, 2. Hs. zu Nr. 4141 VV geregelte Frist hier keine Anwendung, zum anderen hat der Verteidiger an der Rücknahme der Berufung seitens der Staatsanwaltschaft mitgewirkt.

Nach Anm. Abs. 1 Nr. 3, 2. Hs. zu Nr. 4141 VV entsteht die zusätzliche Gebühr u.a., wenn sich das gerichtliche Verfahren durch Rücknahme der Berufung des Angeklagten oder eines anderen Verfahrensbeteiligten erledigt. Ist bereits ein Termin zur Hauptverhandlung bestimmt, so entsteht die Gebühr nach Hs. 2 nur, wenn die Berufung früher als zwei Wochen vor Beginn des Tages, der für die Hauptverhandlung vorgesehen war, zurückgenommen wird. Entscheidend für die Fristwahrung ist der Eingang der Rücknahmeerklärung bei Gericht.

Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, den Anreiz zu erhöhen, Verfahren ohne Hauptverhandlung zu erledigen, und damit zu weniger Hauptverhandlungen zu führen. Wird diese rechtzeitig durch die Tätigkeit des Verteidigers entbehrlich, ist damit das gesetzgeberische Ziel erreicht, dass das Gericht eine Hauptverhandlung vorbereiten und durchführen muss, für die dem Verteidiger eine erneute Terminsgebühr zustehen würde. Der Gesetzgeber honoriert dies anders als im Fall der Berufungsrücknahme in der laufenden Hauptverhandlung oder während einer Unterbrechung.

a)  Vorliegend hat sich das Berufungsverfahren durch Rücknahme der Berufung seitens der Staatsanwaltschaft erledigt.

b)  Zwar erfolgte diese Rücknahme erst am 9.1.2009, d.h. nur drei Tage vor dem anberaumten Hauptverhandlungstermin am 12.1.2009, und somit nicht in der von Anm. Abs. 1 Nr. 3, 2. Hs. zu Nr. 4141 VV geforderten Frist, doch ist diese Fristenregelung teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass sie nur auf die Rücknahme der Berufung seitens des Angeklagten Anwendung findet.

Der Wortlaut der Norm selbst erfasst auch die Rücknahme eines Rechtsmittels anderer Verfahrensbeteiligter, allerdings ist der Gesetzestext dahingehend planwidrig zu weit geraten, soweit er die Frist für die Rechtzeitigkeit der Rechtsmittelrücknahme auch auf Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft erstreckt.

Eine Anwendung auch auf das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft würde es in die Hand der Staatsanwaltschaft legen, ob die Befriedungsgebühr nach Abs. 1 Nr. 3 zu Nr. 4141 VV entsteht oder nicht. Nach Sinn und Zweck der Frist, nämlich einen Anreiz gerade für den Verteidiger zu schaffen, Verfahren ohne Hauptverhandlung und deren unmittelbare Vorbereitung vor dem Hauptverhandlungstermin zu erledigen, kann die Vorschrift denknotwendig nur auf eine fristgebundene Rücknahme seitens des Angeklagten abstellen.

Eine teleologische Reduktion ist daher aufgrund des zu weit gefassten Wortlautes der Vorschrift in diesem Sinne vorzunehmen.

Unterstützt wird die Auffassung der Kammer von der sinn- und zweckgerechten Anwendung von Anm. Abs. 1 Nr. 3 zu Nr. 4141 VV durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. In der Vorgängervorschrift (§ 84 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BRAGO) war die Befriedungsgebühr nur für die Rücknahme des Strafbefehls vor der Hauptverhandlung vorgesehen. Insoweit konnte die Frist (zwei Wochen vor Beginn des Tages, der für die Hauptverhandlung vorgesehen war) in der Tat die Vergütung (ausschließlich) für denjenigen Verteidiger verbessern, "dessen rechtzeitige Prüfung dazu führt, dass eine Hauptverhandlung und die damit verbundene Vorbereitung des Gerichts aber auch ggf. der Zeugen und Sachverständigen entbehrlich werden", wie es die Gesetzesmaterialien ausführen (Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks 12/6962). Im nunmehr erfassten Fall der Rücknahme der Berufung der Staatsanwaltschaft passt diese Begründung nicht, weil der Verteidiger auf den Zeitpunkt der Rücknahme keinen Einfluss hat. Dieses Problem ist in den Gesetzesmaterialien des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes, soweit ersichtlich, nicht behandelt worden (Gesetzentwurf der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, BT-Drucks 15/1971, S. 227/228).

c)  Der Verteidiger des Beschwerdeführers hat an der Rücknahme des Rechtsmittels hinreichend mitgewirkt.

Geht es um die Rücknahme der Berufung eines anderen Verfahrensbeteiligten – wie hier der Staatsanwaltschaft –, so gilt die Vorschrift für den Verteidiger grundsätzlich auch in einem solchen Fall. Jedoch muss der Verteidiger an der Rücknahme des Rechtsmittels mitgewirkt haben.

Dieses Erfordernis ergibt sich aus der Überschrift des Gebührentatbestandes, die lautet: "Durch die anwaltliche Mitwirkung wird die Hauptverhandlung entbehrlich."

Zudem entsteht nach Anm. Abs. 2 zu Nr. 4141 VV die Gebühr nicht, wenn eine auf die Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit nicht ersichtlich ist.

Welchen Umfang die anwaltliche Mitwirkung hat und welche Tätigkeit der Rechtsanwalt erbringt, ist dabei unerheblich. Entscheidend ist nur, dass der Rechtsanwalt überhaupt zur Vermeidung der Hauptverhandlung beigetragen hat. Auch muss die Mitwirkung nicht ursächlich für...

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