Leider ist der Sachverhalt nur unvollständig wiedergegeben worden, so dass nicht klar zu erkennen ist, welcher Auftrag zugrunde lag.

Offenbar war es hier so, dass die Anwältin im Scheidungsverfahren beauftragt war und sie sollte parallel dazu eine Folgenvereinbarung über bestimmte Folgesachen aushandeln.

Das Gericht hat hier eine außergerichtliche Tätigkeit nach Teil 2 Abschnitt 3 VV angenommen und eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV zugesprochen. Die Anwendung des § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RVG hat es abgelehnt.

Ob dies im konkreten Fall zutreffend war, kann aus dem Sachverhalt nicht entnommen werden.

Beide Möglichkeiten kommen in Betracht, also

  sowohl die Abrechnung als außergerichtliche Vertretung
  als auch die Abrechnung im Scheidungsverfahren.

Entscheidend ist – wie immer – der Auftrag: Dies soll an folgendem Beispiel verdeutlicht werden:

 
Praxis-Beispiel

Das Scheidungsverfahren ist anhängig. Die Verfahrenswerte belaufen sich für die Ehesache auf 9.000,00 EUR und für den Versorgungsausgleich auf 1.800,00 EUR.

Der Anwalt soll den Zugewinn regeln (Gegenstandswert 30.000,00 EUR und den nachehelichen Unterhalt (Gegenstandswert 12.000,00 EUR). Dies geschieht auch. Es kommt zu einer Folgenvereinbarung.

Im Scheidungsverfahren war damit auf jeden Fall folgende Vergütung angefallen:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV     
  (Wert: 10.800,00 EUR)   683,80 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV     
  (Wert: 10.800,00 EUR)   631,20 EUR
3. Postentgeltpauschale   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.335,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   253,65 EUR
Gesamt 1.588,65 EUR

1.

Ging der Auftrag dahin, unabhängig vom Scheidungsverfahren außergerichtlich eine Einigung über den Zugewinn zu erzielen und auch über den nicht anhängigen Unterhalt und diese Fragen gesondert (im Zweifel in Form einer notariellen Vereinbarung) festzuhalten, dann ist von einem Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung nach Teil 2 Abschnitt 3 VV auszugehen.

Abzurechnen wäre dann wie folgt, wobei hier wohl in Anbetracht des Umfangs und der Schwierigkeit von einer deutlich über der Mittelgebühr liegenden Geschäftsgebühr auszugehen sein wird. Diese soll hier mit 1,8 angenommen werden.

 
Praxis-Beispiel
 
1. 1,8-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV     
  (Wert 42.000,00 EUR)   1.753,20 EUR
2. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV     
  (Wert 42.000,00 EUR)   1.461,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 3.234,20 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   614,49 EUR
Gesamt 3.848,69 EUR

2.

War der Auftrag dagegen dahingehend erteilt, anlässlich des bereits eingeleiteten Scheidungsverfahrens im Rahmen dieses Verfahrens eine Folgenvereinbarung über die bislang nicht anhängigen Gegenstände Zugewinn und Unterhalt auszuhandeln und im Zweifel dort im Scheidungsverfahren als Folgenvergleich zu protokollieren, dann ist nicht von einem Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung nach Teil 2 Abschnitt 3 VV auszugehen, sondern von einem Auftrag im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens.

Ein Auftrag im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens nach Teil 3 VV setzt nicht eine Anhängigkeit voraus. Der Auftrag setzt auch nicht voraus, dass die Gegenstände anhängig gemacht werden sollen, sondern lediglich, dass sie im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens mit erledigt werden sollen. Nimmt man einen solchen Auftrag "zum Aushandeln eines Mehrwertvergleichs" an, dann gilt § 19 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 3 RVG. Außergerichtliche Vergleichsverhandlungen zählen mit zum Rechtszug und werden durch die dort verdienten Gebühren mit abgegolten.

Das bedeutet, dass sich durch die weitergehenden nicht anhängigen Gegenstände der Wert des Verfahrens erhöht, wobei hier dann allerdings ein Fall der vorzeitigen Erledigung gegeben wäre (Nr. 3101 VV), so dass insoweit nur die 0,8-Verfahrensgebühr anfällt.

Die Terminsgebühr für das Aushandeln des Mehrvergleichs entsteht dagegen in voller Höhe aus dem Gesamtwert. Diese Gebühr würde auch schon allein durch die schriftliche Protokollierung anfallen (Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV).

An der Einigungsgebühr würde sich nichts ändern.

Abzurechnen wäre dann wie folgt:

 
Praxis-Beispiel
 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV    
  (Wert: 10.800,00 EUR) 683,80 EUR  
2. 0,8-Verfahrensgebühr Nrn. 3100, 3101 VV    
  (Wert: 42.000,00 EUR) 779,20 EUR  
  gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,3 aus 52.800,00 EUR)   1.459,90 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 52.800,00 EUR)   1.347,60 EUR
4. 1,5-Einigungsgebühr Nr. 1000 VV (Wert: 42.000,00 EUR)   1.461,00 EUR
5. Postentgeltpauschale   20,00 EUR
  Zwischensumme 4.288,50 EUR  
6. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   814,81 EUR
Gesamt 5.103,31 EUR

Ausgehend davon, dass im Scheidungsverfahren bereits eine Vergütung von 1.588,65 EUR angefallen war, ergibt sich durch den Abschluss der Folgenvereinbarung ein Mehraufkommen an Gebühren in Höhe von 3.514,66 EUR.

Im Einzelfall lässt sich nicht sagen, welche Variante für den Anwalt bzw. für den Mandanten günstiger ist. Dies hängt von der Höhe der Geschäftsgebühr ab und von den üb...

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