Abs. 1, 4 der Anm. zu Nr. 1000, Nr. 3104 VV RVG; § 125 GNotKG
Leitsatz
- Eine Vereinbarung über die Höhe der notariellen Gebühren ist grundsätzlich unzulässig. Deshalb kann eine solche Vereinbarung keine Einigungsgebühr nach Nrn. 1000 ff. VV auslösen.
- Die schriftliche Stellungnahme zu einem über das Gericht schriftlich unterbreitetem Vergleichsvorschlag löst keine Terminsgebühr aus.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 29.7.2021 – 6 W 25/21
I. Sachverhalt
In dem vor dem LG Neuruppin geführten Notarkostenverfahren hatten sich die Antragsteller gegen die von der Antragsgegnerin als Notarin erteilten Kostenrechnungen gewandt. Im Verlauf des Verfahrens hatten die Antragsteller schriftsätzlich einen Vergleichsvorschlag gemacht, der der Antragsgegnerin über das Gericht schriftlich unterbreitet wurde. Hierzu hatte die Antragsgegnerin auch schriftsätzlich Stellung genommen. Wie das Notarkostenverfahren endete, wird in den Beschlussgründen nicht ausdrücklich mitgeteilt. Jedenfalls hatten die Antragsteller vorgetragen, die Beteiligten hätten eine Einigung des Inhalts getroffen, dass die Hauptsache für erledigt erklärt werde, sofern die Antragsgegnerin aus den verfahrensgegenständlichen Kostenrechnungen keine Ansprüche mehr herleite, sondern nur die geringeren Beträge aus den Notarkostenrechnungen vom 2.3.2020 geltend mache.
Im Kostenfestsetzungsverfahren haben die Antragsteller – soweit hier von Interesse – die Festsetzung einer 1,0-Einigungsgebühr und einer 1,2-Terminsgebühr beantragt. Die Rechtspflegerin des LG Neuruppin hat den Kostenfestsetzungsantrag insoweit zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hatte beim OLG Brandenburg keinen Erfolg.
II. Anfall der Einigungsgebühr
1. Gesetzliche Regelung
Nach Nr. 1000 VV entsteht die Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Nach Abs. 1 der Anm. zu Nr. 1000 VV entsteht diese Einigungsgebühr nicht, wenn der Hauptanspruch anerkannt wird oder wenn auf ihn verzichtet wird. Nach Abs. 4 der Anm. zu Nr. 1000 VV entsteht die Einigungsgebühr bei Rechtsverhältnissen des öffentlichen Rechts nur, soweit über die Ansprüche vertraglich verfügt werden kann.
2. Vereinbarung über die Höhe der notariellen Gebühren unzulässig
Nach Auffassung des OLG Brandenburg hatten sich die Beteiligten des Notarkostenverfahrens nach dem Vorbringen der Antragsteller materiell dahin geeinigt, dass der Antragsgegnerin nicht die mit den verfahrensgegenständlichen Kostenrechnungen abgerechneten Beträge, sondern nur die geringeren Beträge aus den Rechnungen der Antragsgegnerin vom 2.3.2020 zugestehen sollten. Damit würde eine Vereinbarung über die Höhe der notariellen Gebühren vorliegen, die gem. § 125 GNotKG unzulässig wäre. Das OLG Brandenburg hat darauf hingewiesen, dass der Notar grds. verpflichtet ist, die gesetzlich vorgeschriebenen Gebühren zu erheben. Deshalb stehe ihm auch keine Gestaltungsmöglichkeit in Bezug auf seine nach der KostO (richtig: nach dem GNotKG) angefallenen Gebühren zu. Folglich sei dem Notar die Vereinbarung höherer oder geringerer Gebühren – abgesehen von den gesetzlichen Gebührenbefreiungen und Ermäßigungsregelungen – schlechthin verboten und nichtig. Diese gesetzliche Regelung diene sowohl dem öffentlichen Interesse als auch dem Schutz des Auftraggebers. Das OLG Brandenburg hat darauf hingewiesen, dass die Verpflichtung des Notars, grds. die nach dem GNotKG angefallenen Gebühren zu erheben, einen für die Amtsausübung des Notars unerwünschten Wettbewerb verhindern und damit die Unabhängigkeit und Unbefangenheit des Notars sichern soll. Außerdem soll hierdurch erreicht werden, dass ein Notar nicht mit gebührenmäßigen Vorteilen und Zusagen für sich werben darf, sondern als Amtsperson unabhängig davon in Anspruch genommen wird, welche Gebühren er für seine Tätigkeit erhebe.
3. Ausnahmen
Der BGH hatte zur Vorgängerregelung des § 125 GNotKG, nämlich zu § 140 S. 2 KostO, die Auffassung vertreten, dass in einem Honorarprozess, in dem fraglich war, ob der Anwaltsnotar als Rechtsanwalt oder als Notar tätig geworden war, ein gerichtlicher Vergleich wirksam geschlossen werden kann, wenn der Prozessvergleich auf der Grundlage einer vom Gericht vorgenommenen rechtlichen Prüfung zustande kommt und die Höhe der in ihm geregelten Notarkosten nachvollziehbar feststeht (NJW 1988, 65). Nach Auffassung des OLG Brandenburg haben die Voraussetzungen für eine solche Ausnahme im entschiedenen Fall nicht vorgelegen.
III. Anfall der Terminsgebühr
Nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV entsteht die Terminsgebühr für die Mitwirkung des Verfahrensbevollmächtigten an einer Besprechung mit dem Ziel der Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens. Der Anfall der Terminsgebühr setzt nach Auffassung des OLG Brandenburg mithin eine mündliche oder fernmündliche Erörterung voraus (s. BGH AGS 2007, 129 m. Anm. Schons = RVGreport 2007, 68 [Hansens] = zfs 2007, 285 m. Anm. Hansens). Hierzu hätten die Antragsteller im Kostenfestsetzungsverfahren nichts vorgetragen. Sie hätten lediglich geltend gemacht, ...