Handelt es sich um eine Zurückverweisung i.S.v. § 21 Abs. 1 RVG, gilt das nachfolgende Verfahren als neuer Rechtszug.
a) Neuer Rechtszug / eigene Angelegenheit
Bis zum Inkrafttreten des 2. KostRMoG bestanden hinsichtlich der entstehenden Gebühren keine Probleme. Jeder Rechtszug wurde als eigenständige Angelegenheit angesehen mit der Folge, dass nach § 15 Abs. 2 S. 2 RVG a.F. der Rechtsanwalt nach Zurückverweisung im nachfolgenden Verfahren die Gebühren noch einmal verlangen konnte. Demnach verdiente der Rechtsanwalt die Gebühren im nachfolgenden Verfahren gesondert und ggf. zusätzlich zu den Gebühren, die bereits im vorhergehenden Verfahren entstanden waren. Auf den ersten Blick scheint sich hier durch das 2. KostRMoG eine Änderung ergeben zu haben. § 15 Abs. 2 S. 2 RVG a.F. ist weggefallen und durch § 17 Nr. 1 RVG ersetzt worden. Dort heißt es nun aber, dass das Verfahren "über ein Rechtsmittel und der vorausgegangene Rechtszug" verschiedene Angelegenheiten sind. Damit könnte man der Auffassung sein, dass – so jedenfalls zunächst der Wortlaut – das zurückverwiesene Verfahren nicht eine unterschiedliche Angelegenheit ist, da es nicht unbedingt als "vorausgegangener Rechtszug" anzusehen ist, sondern nach § 21 Abs. 1 RVG ein "neuer Rechtszug". Diese Sicht/Auslegung würde aber verkennen, dass durch den Wegfall der § 15 Abs. 2 S. 2 RVG a.F. und die Neuregelung des § 17 Nr. 1 RVG durch das 2. KostRMoG keine gebührenrechtlichen Änderungen beabsichtigt waren, sondern der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass die alte Rechtslage insgesamt von der Regelung erfasst wird. Anderenfalls würde zudem Sinn und Zweck der Regelungen in §§ 17 Nr. 1, 21 Abs. 1 RVG verkannt. Denn sie sollten und sollen nach wie vor sicherstellen, dass der Rechtsanwalt auch im zurückverwiesenen Verfahren noch einmal Gebühren berechnen kann.
b) Gebühren
Es entstehen ggf. nur die Gebühren für das gerichtliche Verfahren noch einmal. Die Verfahrensgebühr für das vorbereitende Verfahren (Nr. 4104 VV) entsteht nicht erneut. Dieser Verfahrensabschnitt ist bereits beendet.
Auch die Grundgebühr nach Nr. 4100 VV entsteht im Verfahren nach Zurückverweisung nicht noch einmal. Sie entsteht nur für die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall. Das gilt auch dann, wenn im Ausgangsverfahren eine Grundgebühr für die "erstmalige Einarbeitung" in den Rechtsfall wegen fehlender entsprechender Gebührenvorschriften in der BRAGO nicht geltend gemacht werden konnte. Etwas anderes gilt allerdings, wenn der Angeklagte für die Verteidigung nach Zurückverweisung einen Rechtsanwalt beauftragt, der ihn bisher noch nicht vertreten hat. Dieser kann dann die Grundgebühr der Nr. 4100 VV verlangen. Diese ist personen- und nicht verfahrensbezogen einmalig.
Da es sich bei dem nachfolgenden Verfahren um eine neue Angelegenheit handelt, entsteht auch zusätzlich eine eigene Auslagenpauschale nach Anm. Abs. 1 zu Nr. 7002 VV i.H.v. regelmäßig 20,00 EUR.
c) Gebührenbemessung
Bei der Bemessung der konkreten (gerichtlichen) Verfahrensgebühr kann nach Zurückverweisung über § 14 Abs. 1 S. 1 RVG ggf. berücksichtigt werden, dass dem Rechtsanwalt das Verfahren bereits bekannt ist. § 48 Abs. 6 S. 2 RVG erstreckt sich nicht auf Tätigkeiten, die der Rechtsanwalt als Wahlanwalt in früheren Rechtszügen erbracht hat.
d) Beispiel
Beispiel
Anklage gegen A wegen schweren Raubs bei der Strafkammer. Diese führt an zwei Tagen die Hauptverhandlung durch und verurteilt den Angeklagten. Auf dessen Revision hin wird das Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben und die Sache an das LG zurückverwiesen. Dort wird an einem weiteren Tag erneut die Hauptverhandlung durchgeführt. Der A ist von Anfang des Verfahrens an von Rechtsanwalt R verteidigt worden. Alle Merkmale des § 14 Abs. 1 RVG sind durchschnittlich.
Entstanden sind folgende Gebühren:
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Im Ausgangsverfahren beim LG sind entstanden die Grundgebühr Nr. 4100 VV, die Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV (vorbereitendes Verfahren), Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV, die... |