I. Fragen
1. Ausgangsfall
Rechtsanwalt A hat den Kläger in dem vor dem LG Hamburg anhängigen Zahlungsrechtsstreit über 20.000,00 EUR als Prozessbevollmächtigter vertreten. Nach streitiger mündlicher Verhandlung hat Rechtsanwalt A ein der Klage in vollem Umfang und auf Kosten des Beklagten stattgebendes Urteil erwirkt, das rechtskräftig geworden ist. Nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils beantragt Rechtsanwalt A, gem. § 11 RVG seine Vergütung gegen den Kläger festzusetzen. Der zu diesem Antrag gehörte Kläger macht geltend, Rechtsanwalt A habe ihn in dem Rechtsstreit schlecht vertreten, was der Rechtsanwalt bestreitet.
Wie berechnet sich der in dem Vergütungsfestsetzungsantrag geltend gemachte Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts A? Welche Entscheidung wird der mit dem Vergütungsfestsetzungsantrag befasste Rechtspfleger des LG Hamburg treffen?
2. Abwandlung
Der Kläger – vertreten durch Rechtsanwalt B – wendet gegenüber dem Vergütungsfestsetzungsantrag des Rechtsanwalts A ein, er habe eine Gegenforderung, mit der er gegen den Rechtsanwalt A unstreitig zustehenden Vergütungsanspruch aufrechne.
Was sollte Rechtsanwalt B vortragen, damit die Einwendungen des Klägers im Vergütungsfestsetzungsverfahren Aussicht auf Erfolg haben?
II. Lösungen
1. Lösung zum Ausgangsfall
I. Berechnung der Anwaltsvergütung
Rechtsanwalt A ist für das Betreiben des Geschäfts nach Vorbem. 3 Abs. 2 VV die Verfahrensgebühr angefallen. Da Rechtsanwalt A die Klageschrift eingereicht und einen Termin zur mündlichen Verhandlung wahrgenommen hat (s. Nr. 3101 Nr. 1 VV), ist ihm die in Nr. 3100 VV bestimmte 1,3-Verfahrensgebühr angefallen. Für die Wahrnehmung des Verhandlungstermins vor dem LG Hamburg ist Rechtsanwalt A ferner nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VV die Terminsgebühr entstanden, die nach Nr. 3104 VV einen Gebührensatz von 1,2 hat. Ferner kann Rechtsanwalt A die Postentgeltpauschale nach Nr. 7002 VV und nach Nr. 7008 VV auf den Gesamtbetrag 19 % Umsatzsteuer berechnen. Damit ergibt sich folgender Vergütungsanspruch.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
1.068,60 EUR |
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(Wert: 20.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
986,40 EUR |
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(Wert: 20.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
394,25 EUR |
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Gesamt |
2.469,25 EUR |
II. Einwendungen im Vergütungsfestsetzungsverfahren
1. Grundsätze
Gem. § 11 Abs. 5 S. 1 RVG ist die Festsetzung der Vergütung abzulehnen, soweit der Antragsgegner – hier also der Kläger – Einwendungen erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Da diese Einwendungen nach ganz h.A. keiner Substantiierung oder Schlüssigkeit bedürfen, muss sich aus ihnen ergeben, dass das tatsächliche Vorbringen des Antragsgegners – seine Richtigkeit unterstellt – den verfahrensgegenständlichen Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts in irgendeiner Weise beeinflussen kann.
2. Einwendung des Klägers
Vorliegend hat der Kläger nicht lediglich eine Unmutsäußerung dergestalt vorgetragen, dass er sich durch Rechtsanwalt A schlecht vertreten fühlt. Vielmehr hat der Kläger dem Rechtsanwalt A vorgehalten, dieser habe ihn in dem Rechtsstreit schlecht vertreten. Dahinter steht der Vorwurf, dem Kläger sei infolge der Schlechterfüllung des Anwaltsdienstvertrages ein Schaden entstanden, den er der Vergütungsforderung aufrechnungsweise entgegenhalte.
Somit hat der Kläger dem Grunde nach eine Einwendung erhoben, die zur Ablehnung der Vergütungsfestsetzung gem. § 11 Abs. 5 S. 1 RVG führen kann.
3. Einwendung substanzlos
Allerdings sind auch außergebührenrechtliche Einwendungen, die nach dem Rechtsgedanken des Rechtsmissbrauchs offensichtlich aus der Luft gegriffen sind und die haltlos oder offensichtlich unbegründet und ohne jeden konkreten tatsächlichen Anhaltspunkt vorgebracht wurden, unberücksichtigt zu lassen. Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn der Einwand substanzlos ist oder erkennbar rechtsmissbräuchlich erhoben wurde.
Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor. Der Kläger hat lediglich Schlechterfüllung des Anwaltsdienstvertrages geltend gemacht, ohne hierzu objektiv erfassbare Tatsachen vorzubringen. Insoweit erscheint das Vorbringen des Klägers rechtsmissbräuchlich, als die Tätigkeit des Rechtsanwalts A für den Kläger in vollem Umfang erfolgreich gewesen ist. Er hat nämlich ein der Klage in jedem Punkt stattgebendes Urteil gegen den Beklagten erwirkt. Der Kläger hat auch nicht geltend gemacht, dieser Erfolg sei aufgrund eines zu umfangreichen und kostenintensiven Vorgehens des Rechtsanwalts eingetreten. Der Kläger hat seine Einwendung auch dann nicht konkretisiert, nachdem Rechtsanwalt A den Vorwurf der Schlechtvertretung bestritten hat.
Der Rechtspfleger wird deshalb die Einwendung des Klägers unberücksichtigt lassen und dem Vergütungsfestsetzungsantrag des Rechtsanwalts A stattgeben.
2. Lösung zur Abwandlung
Das Vorbringen des Klägers in der Abwandlung stellt grds. einen zur Ablehnung der Vergütungsfestsetzung führenden außergebührenrechtlichen Einwand i.S.d. § 11 Abs. 5 S. 1 RVG dar. Denn e...