Es ist schon erschreckend, was man in Kostensachen manchmal von Richtern und Rechtspflegern zu lesen bekommt. Sicherlich: Fehler macht jeder. Gewisse Grundkenntnisse des Kostenrechts und der Rechtsprechung sollten jedoch erwartet werden können. Hier eine kleine Auswahl dessen, was bei der Redaktion alles auf dem Tisch landet.

1. In einem Verfahren vor dem AG Mainz wurde die Klage hinsichtlich der mit eingeklagten vorgerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr mit folgender Begründung in vollem Umfang abgewiesen:

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... Ist dieser Anspruch bereits deshalb zurückzuweisen, da nicht näher dargelegt ist, inwieweit es sich um anrechenbare bzw. im Prozess nicht anrechenbare Kosten handelt. Geltend gemacht wird hierbei eine 1,3-Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2400 VV (gemeint ist wohl die Gebühr nach Nr. 2300 VV).

Zum Einen war natürlich die Gebühr nach Nr. 2400 VV gemeint, weil die Rechnung noch nach der alten Fassung des RVG abgefasst war. Von der Rspr. des BGH, wonach die Geschäftsgebühr in voller Höhe eingeklagt werden kann, hatte der Richter im Juni 2008 offenbar noch nichts gehört. Zu Ehrenrettung sei hier aber darauf hingewiesen, dass der Richter auf die Gehörsrüge seine Entscheidung geändert und der Klage stattgegeben hat. Es gibt also auch Richter, die über ihren Schatten springen können.

2. Nach der std. Rspr. des LG Leipzig wird die Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 GKG KostVerz. durch die Postentgeltpauschale der Nr. 7002 VV mit abgegolten. Ein Anwalt kann daher neben der Postentgeltpauschale nicht auch noch die von ihm vorgelegten Aktenversendungskosten geltend machen. Er muss sich entscheiden. Das Gericht kennt offenbar nur die Bezeichnung "Aktenversendung" und weiß gar nicht, was sich dahinter verbirgt. Es handelt sich um Gerichtskosten, die vom Gericht erhoben werden. Hierbei handelt es sich nicht um Portokosten o.Ä. Vielmehr muss der Anwalt das Porto für die Rücksendung der Akten, wie die Rechtsprechung klargestellt hat, zusätzlich zahlen (OLG Naumburg AGS~2008, 468). Es handelt sich um sonstige Auslagen, die nach Vorbem. 7 Abs. 1 S. 2 VV i.V.m. §§ 670, 675 BGB zu erstatten sind (siehe dazu KG, Beschl. v. 11.8.2008 - 2 W 39/08, in diesem Heft S. 198).

3. Bemerkenswert ist auch die Erinnerung eines Bezirksrevisors beim LAG Nürnberg, nachdem die Parteien nach Erörterungen im Termin einen Vergleich mit Mehrwert geschlossen hatten. Der Anwalt hatte sowohl eine Terminsgebühr als auch eine Einigungsgebühr aus dem Mehrwert angesetzt, wie es nicht nur dem Gesetz, sondern auch der Rechtsprechung entspricht. Damit war der Bezirksrevisor nicht einverstanden und legte Erinnerung mit folgender Begründung ein:

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Ein Nebeneinander von voller Terminsgebühr und 15/10 Einigungsgebühr kann es nicht geben. Es sind zwei Fälle zu unterscheiden:

Wird der erhöhte Gegenstand in das Verfahren eingebracht und verhandelt, dann entsteht zwar eine volle Terminsgebühr, aber eine 15/10-Einigungsgebühr scheidet wegen VV 1003 RVG aus.

Anders ist es bei dem sogenannten "nur Protokollierungsvergleich". Hier entsteht zwar die 15/10-Einigungsgebühr aus dem erhöhten Vergleichswert, wegen VV 3104 Abs. 3 RVG entsteht die Terminsgebühr nur aus dem Wert der ursprünglichen Ansprüche“.

Der Leser mag selbst entscheiden, welche Personalressourcen mit solchen sinnlosen Erinnerungen verschwendet werden.

4. In einem Verfahren vor dem AG Siegburg hatte der Kläger eine Beratungsgebühr nach § 34 RVG i.V.m. § 612 BGB in Höhe von 175,00 EUR zzgl. Umsatzsteuer eingeklagt. Er erhielt folgende Verfügung:

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... wird der Kläger darauf hingewiesen, dass die Rechnung nicht den Anforderungen des RVGs genügen dürfte. In der Rechnung ist weder der Streitwert noch die Nummer des RVGs ausgewiesen. Die Rechnung dürfte daher nicht fällig sein, so dass die Klage derzeit als unbegründet abgewiesen werden müsste.

Von der seit dem 1.7.2006 geltenden Neufassung des RVG hatte die Richterin offenbar noch nichts gehört, oder die Justiz hat ihr noch kein neues Gesetz zur Verfügung gestellt.

Ist zwischen den Parteien keine Vereinbarung getroffen worden – und dies war nicht vorgetragen –, dann richtet sich die Vergütung nach bürgerlichem Recht. Gebühren, die sich nach dem Streitwert berechnen, gibt es in der Beratung seit Juli 2006 nicht mehr.

Abgesehen davon führt eine fehlerhafte Kostenrechnung nicht zur mangelnden Fälligkeit, sondern nur dazu, dass die Vergütung nicht durchsetzbar ist. Fällig wird die Vergütung selbstverständlich, und zwar unabhängig davon, ob überhaupt eine Rechnung erteilt worden ist.

Norbert Schneider

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