Wird – wie hier – in einem Rechtsstreit mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung ein Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO geschlossen, ohne dass ein mündlicher Verhandlungstermin stattfindet, so erhält der bevollmächtigte Anwalt eine 1,2-Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV.

Der BGH hat bereits mit Beschl. v. 10.7.2006 (II ZB 28/05, FamRZ 2006, 1441) entschieden, dass ein Rechtsanwalt die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV immer dann verdient, wenn ein schriftlicher Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO geschlossen wird, unabhängig davon, ob dies im Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO oder § 495a ZPO geschieht oder die Parteien in einem Verfahren, in dem zunächst die mündliche Verhandlung vorgesehen war, durch Abschluss eines schriftlichen Vergleichs auf die mündliche Verhandlung verzichten (siehe auch BGH MDR 2007, 917). Von dieser Rspr. abzuweichen besteht keine Veranlassung. Der Anfall der Terminsgebühr scheitert auch nicht daran, dass zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses noch die Durchführung einer Güteverhandlung vorgesehen war. Entscheidend ist gem. Nr. 3104 VV nicht, in welchem Stadium sich der Rechtsstreit bei Abschluss des Vergleichs befunden hat, sondern ob es sich um ein Verfahren handelt, für das eine mündliche Verhandlung vorgesehen ist (BGH a.a.O.).

Die Formulierung "in einem solchen Verfahren" in Nr. 3104 VV bedeutet nicht, dass die Ansprüche bereits rechtshängig sein müssen. Wenn eine außergerichtliche Einigungsbesprechung über einen nicht rechtshängigen Anspruch, für den Verfahrensauftrag bereits besteht, genügt, um eine Terminsgebühr auszulösen, so muss im Rahmen der Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV dasselbe für das schriftliche Aushandeln eines Vergleichs gelten, zumal dieses häufig mühsamer ist als eine Besprechung (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 18. Aufl., VV 3104, Rn 53 ff., 58, 61; BGH AnwBl 2007, 381 [= AGS 2007, 166]; siehe auch OLG Köln OLGR 2008, 65 [= AGS 2008, 247]).

Im Übrigen fällt, wenn in einem gerichtlichen Vergleich ein überschießender Vergleich ("Mehrvergleich") unter Einbeziehung nicht rechtshängiger Ansprüche geschlossen wird, die Terminsgebühr grundsätzlich aus dem Gesamtstreitwert an, weil in der Regel davon auszugehen ist, dass die mitverglichenen Ansprüche Gegenstand des Termins waren (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 6.2.2007–23 W 274/06, JurBüro 2007, 482 m. w. Nachw. [= AGS 2007, 399]). Dies ist bei der gegebenen Sachlage nicht anders zu beurteilen, zumal von Anfang an über die Geltendmachung der den Streitgegenstand der Klage bildenden monatlichen Versicherungsleistungen hinaus nach Maßgabe des Verteidigungsvorbringens der Beklagten die Wirksamkeit des Versicherungsvertrages (Berufsunfähigkeitszusatzversicherung) insgesamt im Streit stand.

Von daher ist die Terminsgebühr aus einem Wert von 29.809,05 EUR (5.260,05 EUR + 24.549 EUR) angefallen.

Entgegen der Auffassung der Rechtspflegerin ergibt sich aus Anm. Abs. 2 zu Nr. 3104 VV nichts anderes. Soweit nach dieser Bestimmung die Terminsgebühr, wenn in dem Termin auch Verhandlungen zur Einigung über in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche geführt worden sind, auf eine Terminsgebühr angerechnet wird, die wegen desselben Gegenstandes in einer anderen Angelegenheit entsteht, soweit sie den sich ohne Berücksichtigung der nicht rechtshängigen Ansprüche ergebenden Gebührenbetrag übersteigt, soll verhindert werden, dass die Terminsgebühr mehrfach anfällt (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O., Rn 77, 79). Wenn in Anm. Abs. 2 zu Nr. 3104 VV darauf abgestellt wird, dass "in einer anderen Angelegenheit" bereits eine Terminsgebühr angefallen ist, so muss die andere Angelegenheit noch nicht rechtshängig sein. Das ergibt sich daraus, dass gem. Vorbem. 3 Abs. 3 VV eine Terminsgebühr auch entstehen kann, wenn ein Rechtsanwalt bereits einen Verfahrensauftrag hat und vor Klageerhebung/-einreichung Einigungsgespräche i.S.v. Vorbem. 3 Abs. 3, 3 Var. VV geführt werden. Auch in einem solchen Fall findet eine Anrechnung der Terminsgebühr statt.

Mit der Anrechnungsbestimmung ist indes noch keine Aussage dazu getroffen, aus welchem Wert die Terminsgebühr entsteht. Im Fall der Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV richtet sich der Geschäftswert nach dem Gegenstand, zu dem die Parteien ihr Einverständnis erklärt haben und über den das Gericht entschieden hat (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O., Rn 125; Hartmann, KostG, 39. Aufl., VV 3104, Rn 37, 38, m. w. Nachw.; OLG Hamm JurBüro 2007, 482). Dies ist hier ein Gegenstandswert in Höhe von 29.809,05 EUR.

Entgegen der Auffassung der Rechtspflegerin ist eine andere Beurteilung auch nicht wegen der in Anm. Abs. 3 zu Nr. 3104 VV getroffenen Regelung gerechtfertigt. Soweit nach dieser Bestimmung die Gebühr nicht entsteht, soweit lediglich beantragt ist, eine Einigung der Parteien oder mit Dritten über nicht rechtshängige Ansprüche zu Protokoll zu nehmen, liegt eine solche Fallkonstellation offensichtlich nicht vor und ist für eine Anwendung dieser Bestimmung nach Maßgabe der vorliegenden Gegebenheiten...

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