Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des SG ist gem. § 197 Abs. 2 SGG statthaft und auch i.Ü. zulässig, insbesondere fristgerecht eingegangen.
Die Erinnerung ist auch begründet. Zu Unrecht hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle bei ihrer Entscheidung die von den Erinnerungsführern begehrte Rechtsanwaltsvergütung nicht in voller Höhe festgesetzt.
Erstattungsfähig sind gem. § 193 Abs. 2 SGG die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Zu den letztgenannten zählt die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts (§ 193 Abs. 3 SGG). Diese bemisst sich nach dem RVG. Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das GKG nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren. Bei dem Ausgangsverfahren handelte es sich um ein Klageverfahren mit kostenprivilegierten Beteiligten i.S.v. § 183 S. 1 SGG, sodass die Anwendung des GKG gem. § 197a Abs. 1 S. 1 SGG ausscheidet. Obgleich dies in § 193 SGG nicht ausdrücklich geregelt ist, zählen zu den notwendigen Aufwendungen auch die Kosten des dem Klageverfahren vorangegangenen Widerspruchsverfahrens (allg. Ansicht, s. nur B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., 2017, § 193 Rn 5a m.w.N.), weil dessen Durchführung eine Prozessvoraussetzung darstellt.
Welche Arten von Gebühren anfallen, bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zum RVG (§ 2 Abs. 2 S. 1 RVG). Für die Verfahren der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten gilt deren Teil 3. Daneben kommen noch die Allgemeinen Gebühren des Teils 1 zum Ansatz (vgl. Vorbem. 1). Die Maßstäbe zur Bestimmung der angemessenen Höhe einer einzelnen Gebühr lassen sich der Regelung des § 14 RVG entnehmen. Bei der Bestimmung der konkreten Gebühr sind nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG alle Umstände des Einzelfalls, vor allem Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers zu berücksichtigen. Bei den hier einschlägigen Betragsrahmengebühren ist außerdem das Haftungsrisiko des Rechtsanwalts zu berücksichtigen (§ 14 Abs. 1 S. 3 RVG).
Die anwaltliche Bestimmung der Höhe einer angefallenen Gebühr ist für den Erinnerungsgegner grds. verbindlich, wenn sie nicht unbillig ist (§ 14 Abs. 1 S. 4 RVG). Dies hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle indes nicht von Amts wegen zu prüfen. Tritt der Kostenschuldner der Gebührenhöhe nicht entgegen, ist vielmehr von einer der Billigkeit entsprechenden Festsetzung auszugehen (s. nur B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., 2017, § 197 Rn 7 m.w.N.). So liegt der Fall auch hier. Denn der Beklagte des Ausgangsverfahrens hat nur den nach seiner Ansicht zu geringen Umfang der Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr bemängelt.
Die danach im vorliegenden Verfahren allein streitige Anrechnung ist von den Erinnerungsführern korrekt berücksichtigt worden. Entgegen der Ansicht des Erinnerungsgegners, der die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle gefolgt ist, ist die Verfahrensgebühr für das Klageverfahren im vorliegenden Fall im Ergebnis nicht um 150,00 EUR, sondern nur um 130,50 EUR zu kürzen.
Ausgangspunkt der Problematik ist die einschlägige Bestimmung in der Vorbem. 3 Abs. 4 VV. Danach wird eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 VV zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet, soweit sie wegen desselben Gegenstands entsteht. Dies ist hier der Fall. Die Erinnerungsführer sind bereits in dem Klageverfahren vorangegangenen Widerspruchsverfahren von demselben Rechtsanwalt vertreten worden. Für diese Tätigkeit ist eine Geschäftsgebühr gem. Nr. 2302 VV i.H.v. 300,00 EUR entstanden. Wie etwa das SG Gießen mit Beschl. v. 15.3.2018 (S 23 SF 13/17 E) unter Bezugnahme auf Rspr. des LSG Nordrhein-Westfalen (Beschl. v. 1.2.2017 – L 19 AS 1408/16 B, juris Rn 38) im Ausgangspunkt zutreffend ausgeführt hat, kennt die Regelung in der Vorbem. 3 Abs. 4 VV keine weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen. Die Anrechnung tritt bereits mit der Entstehung der betroffenen Gebühren ein; auf die Erfüllung der anwaltlichen Vergütungsforderung kommt es hierfür nicht an. Auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens ist demnach grds. ein Betrag von 150,00 EUR anzurechnen.
Entscheidend für das Ergebnis des vorliegenden Erinnerungsverfahrens ist aber, welche Auswirkungen dieser Anrechnungstatbestand nach sich zieht. Diese Frage war bei Inkrafttreten des RVG nicht ausdrücklich geregelt. Daraufhin ist die Rspr. überwiegend davon ausgegangen, eine Verfahrensgebühr, auf die eine andere Gebühr teilweise anzurechnen sei, könne nur in der verringerten Höhe (also der Differenz) geltend gemacht werden. Diese Rspr., die sich in Kostenfestsetzungsverfahren zugunsten des Kostenschuldners und damit im Ergebnis zu Lasten des i.Ü. zahlungspflichtigen Mandanten des Rechtsanwalts ausgewirkt hat, ist durch den Gesetzgeber sodann bewusst...