1. Gegenstandswert und Angelegenheit
Nach Auffassung des BFH hat hier die Kostenstelle die den Klägern zu erstattenden Gebühren zu Recht nach einem Gegenstandswert von 2.400,00 EUR festgesetzt. Die von den Klägern im Entschädigungsklageverfahren geltend gemachten Entschädigungsansprüche i.H.v. jeweils 1.200,00 EUR seien gem. § 22 Abs. 1 RVG zusammenzurechnen, da es sich um dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit i.S.v. § 7 Abs. 1 RVG gehandelt habe. Insoweit hat sich der BFH auf die Rspr. des BGH (BGHZ 205, 260 = JurBüro 2015, 465) bezogen, wonach für das Vorliegen derselben Angelegenheit kumulativ drei Voraussetzungen erfüllt sein müssen:
• |
Es muss sich um einen einheitlichen Auftrag handeln; |
• |
der Rahmen beider Tätigkeiten muss der gleiche sein; |
• |
außerdem muss zwischen den einzelnen Gegenständen ein innerer objektiver Zusammenhang in dem Sinne bestehen, dass es sich um einen einheitlichen Lebensvorgang handelt. |
Nach Auffassung des BFH lagen hier diese Voraussetzungen für die Annahme derselben gebührenrechtlichen Angelegenheiten vor. Der dem Kläger von sich selbst und von seiner Frau erteilte Auftrag sei ein einheitlicher Auftrag gewesen. Auch der Rahmen der anwaltlichen Tätigkeiten sei derselbe gewesen. Innerhalb des von den Klägern gestellten Klageantrags von jeweils 1.200,00 EUR seien im Entschädigungsklageverfahren keine Differenzierungen zwischen den Entschädigungsansprüchen der beiden Kläger vorgenommen worden. Schließlich hat es sich nach Auffassung des BFH auch um einen einheitlichen Lebensvorgang gehandelt. Gegenstand des Entschädigungsklageverfahrens seien nämlich Entschädigungsansprüche wegen der überlangen Dauer des vor dem FG Düsseldorf geführten finanzgerichtlichen Verfahrens gewesen. Für den Entschädigungsanspruch seien für beide Kläger dieselben Verzögerungszeiträume zugrunde gelegt worden.
Demgegenüber hat der BFH das Vorbringen der Kläger nicht als durchgreifend angesehen. Ihr Vortrag, sie hätten ihre individuellen Entschädigungsansprüche in getrennten Klageverfahren geltend gemacht, sei sachlich nicht zutreffend. Abgesehen hiervon wäre eine verfahrensrechtliche Aufspaltung zweier objektiv zusammengehöriger Ansprüche erstattungsrechtlich nicht anzuerkennen (s. BGH AGS 2004, 145 = AnwBl. 2004, 251). Auch das Argument der Kläger, jeder von ihnen habe einen eigenen Zahlungsanspruch auf Entschädigung gehabt, führte nach Auffassung des BFH zu keiner anderen Beurteilung. Dies sei nämlich in den Fällen, in denen eine gebührenrechtliche Angelegenheit mehrere Gegenstände aufweise, stets der Fall.
2. Verfahrensgebühr
Für Verfahren bei überlangen Gerichtsverfahren vor einem obersten Gerichtshof des Bundes fällt nach den weiteren Ausführungen des BFH nach Nr. 3300 Nr. 3 VV eine 1,6-Verfahrensgebühr an, die die Kläger hier auch geltend gemacht hatten. Demgegenüber komme die von den Klägern hilfsweise beantragte Erhöhung der Verfahrensgebühr in Nr. 1008 VV um den Satz von 0,3 nicht in Betracht. Nach Abs. 1 der Anm. zu Nr. 1008 VV könne diese nämlich bei Wertgebühren nur dann berechnet werden, soweit der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe sei. Das sei hier deshalb nicht der Fall gewesen, weil in dem Entschädigungsklageverfahren die individuellen Entschädigungsansprüche beider Eheleute verfolgt worden seien. Deshalb seien auch die einzelnen Gegenstandswerte dieser beiden Entschädigungsansprüche gem. § 22 Abs. 1 RVG zusammengerechnet worden. In einem solchen Falle komme die Erhöhung der Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV grds. nicht in Betracht.
3. Terminsgebühr
Demgegenüber können die Kläger nach den weiteren Ausführungen des BFH nicht die geltend gemachte 1,5-Terminsgebühr, sondern lediglich eine 1,2-Terminsgebühr geltend machen. In Entschädigungsklageverfahren bestimme sich nämlich nach Vorbem. 3.3.1 VV die Terminsgebühr auch in einem Verfahren vor einem Obersten Gerichtshof des Bundes nach Abschnitt 1 des Teils 3 VV. Folglich falle den Prozessbevollmächtigten in diesen Verfahren die 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV an. Die von den Klägern begehrte 1,5-Terminsgebühr nach Nr. 3210 VV ist nach Auffassung des BFH deshalb nicht entstanden, weil sie nach der amtlichen Überschrift des Unterabschnitts 2 zu Teil 3 VV vor dem BFH nur in Revisionsverfahren sowie in Verfahren über Beschwerden nach § 128 Abs. 3 FGO anfallen könne.
4. Postentgeltpauschale
Die Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV ist nach den weiteren Ausführungen des BFH nur einmal entstanden, da sie nach Abs. 1 der Anm. zu Nr. 7002 VV in jeder Angelegenheit nur einmal gewährt werden könne.