Nach den weiteren Ausführungen des OVG Münster hatte die Beschwerde der Rechtsanwälte jedoch keinen Erfolg, da das VG Gelsenkirchen auf die Erinnerung des Klägers den Vergütungsfestsetzungsbeschluss der UdG vom 7.4.2022 zu Recht aufgehoben habe.
1. Auslegung des Schriftsatzes vom 12.4.2022 als Erinnerung
Die Rechtsanwälte hatten mit ihrer Beschwerde geltend gemacht, dem Schreiben des Klägers vom (richtig) 12.4.2022 sei nicht einmal ansatzweise zu entnehmen, dass sich dieser gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 7.4.2022 wende. Dem hat das OVG Münster entgegengehalten, dieser Schriftsatz sei nach der erforderlichen Auslegung vor dem objektiven Empfängerhorizont sehr wohl als Erinnerung (Antrag auf Entscheidung des Gerichts) zu verstehen. Zwar werde in dem Schreiben vom 12.4.2022 der Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 7.4.2022 nicht ausdrücklich genannt. Jedoch sei dem Schreiben des Klägers trotz aller Unklarheit und Verworrenheit eindeutig zu entnehmen, dass er sich mit ihm gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss wenden wolle und insoweit eine Entscheidung des Gerichts beantrage. So habe der Kläger mehrfach mit teils wörtlichen Zitaten auf die Gründe des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses verwiesen. Außerdem habe er mehrfach wörtlich unter Bezugnahme auf Ausführungen des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses vorgebracht, dass seiner Meinung nach gleichwohl eine "markante Schlechtleistung" der Rechtsanwälte vorliege, die zur Ablehnung der Vergütungsfestsetzung führen müsse. Ferner habe der Kläger auf die dem Vergütungsfestsetzungsbeschluss beigefügte Rechtsmittelbelehrung verwiesen und ausdrücklich die Worte "Antrag auf gerichtliche Entscheidung!" verwendet. Ferner spricht nach Auffassung des OVG Münster dafür, dass sich der Kläger mit seinem Schriftsatz gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss wenden wollte, auch der Umstand, dass er seinen Schriftsatz vom 12.4.2022 genau an dem Tag verfasst hatte, an dem ihm der Vergütungsfestsetzungsbeschuss förmlich zugestellt worden war.
Somit kommt das OVG Münster zu dem Zwischenergebnis, dass der Schriftsatz des Klägers vom 12.4.2022 als Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu verstehen war. Folglich komme es nicht darauf an, ob er i.Ü. – was die Rechtsanwälte vorgebracht hatten – "skurril, konfus und rätselhaft sowie beleidigend" sei.
2. Ablehnung der Vergütungsfestsetzung
a) Gesetzliche Regelung
Gem. § 11 Abs. 5 S. 1 RVG ist die Festsetzung abzulehnen, soweit der Antragsgegner (das war hier der Kläger) Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben.
b) Anforderungen an die Einwendungen
Das Gesetz knüpft nach Auffassung des OVG Münster die angeordnete Rechtsfolge (nämlich die Ablehnung der Vergütungsfestsetzung) allein an den Umstand der Erhebung einer außergebührenrechtlichen Einwendung oder Einrede an. Damit mache der Gesetzgeber deutlich, dass diese grds. nicht (näher) substantiiert werden oder sich gar als schlüssig erweisen müssen, um die begehrte Festsetzung zu hindern (OVG Münster RVGreport 2020, 254 [Hansens]; KG RVGreport 2007, 62 [Ders.] = KGR 2007, 382). Nach den weiteren Ausführungen des OVG Münster muss die Einwendung oder Einrede lediglich erkennen lassen, dass der Antragsgegner sie aus konkreten, tatsächlichen Umständen herleitet. Sein Vorbringen müsse auf die Besonderheiten des konkreten Falls bezogen sein und es jedenfalls im Ansatz als möglich erscheinen lassen, dass der Vergütungsanspruch, dessen Festsetzung begehrt wird, aus materiell-rechtlichen Gründen unbegründet sein könnte. Nur Einwendungen oder Einreden, die offensichtlich unbegründet, halt- oder substanzlos seien, führten nicht zur Ablehnung der Festsetzung (KG, a.a.O.; OLG Koblenz AGS 2006, 168 = RVGreport 2006, 180 [Hansens]).
c) Die Einwendung des Klägers
Das OVG Münster hat diese Grundsätze auf den Vortrag des Klägers angewandt und ist zu dem Schluss gelangt, seine Einwendung hindere die begehrte Festsetzung der Vergütung. Bereits aus seinem im Vergütungsfestsetzungsverfahren eingereichten Schriftsatz vom 19.3.2022 gehe hervor, dass er dem Vergütungsanspruch der Rechtsanwälte die nicht gebührenrechtliche Einwendung der Schlechtleistung entgegenhalte. Diese habe er daraus abgeleitet, dass die Rechtsanwälte "trotz klar vorliegender Bedürftigkeit" keinen Antrag auf Bewilligung von PKH für das Berufungszulassungsverfahren gestellt haben. Damit – so das OVG Münster – habe der Kläger diese Einwendung aus einem konkreten, tatsächlichen Umstand hergeleitet.
d) Nicht offensichtlich unbegründete Einwendung
Es sei auch nicht offensichtlich, dass dieses Vorbringen unbegründet sei. Nach Auffassung des OVG Münster erscheint es jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass in der Unterlassung, einen Antrag auf PKH zu stellen oder den Antragsgegner insoweit zumindest zu beraten, ein Fehler in der anwaltlichen Prozessführung bzw. Beratung liege. Dass die Rechtsanwälte den Kläger insoweit nicht beraten oder auch nur gefragt haben, folgert das OVG aus ihrem Vorbringen, dass zum Zeitpunk...