Für das Entstehen einer Zuschlagsgebühr ist es unerheblich, wie lange der Beschuldigte/Mandant sich nicht auf freiem Fuß befunden hat. Entscheidend ist allein, dass er in dem Verfahrensabschnitt, für den die Zuschlagsgebühr entstehen soll, überhaupt irgendwann nicht auf freiem Fuß, also i.d.R. inhaftiert oder untergebracht war. Das ist auch der Fall, wenn der Mandant zunächst "nur" vorläufig festgenommen war, dann aber vor Erlass eines Haftbefehls wieder auf freien Fuß gesetzt wird. Dann entsteht z.B. die jeweilige Verfahrensgebühr mit Zuschlag.
Es ist auch nicht erforderlich, dass der Mandant während des gesamten Verfahrensabschnitts, für den eine Gebühr mit Zuschlag geltend gemacht wird, nicht auf freiem Fuß gewesen ist. Wird der Mandant während des Verfahrensabschnitts aus der Haft entlassen, hat das allenfalls Einfluss auf die Höhe der mit Zuschlag entstandenen Gebühr; die Gebühr mit Zuschlag entfällt hingegen nicht nachträglich.
Die Verfahrensgebühr für das vorbereitende Verfahren (Nr. 4104 VV) entsteht i.Ü. auch dann mit Zuschlag, wenn die Anklage zwar ursprünglich schon erhoben war, bevor der Verteidiger für den inhaftierten Mandanten tätig wurde, dann aber zurückgenommen und nach erneuten Ermittlungen eine neue Anklage erhoben worden ist. Pflichtverteidigergebühren mit Haftzuschlag sind unter Anwendung des § 48 Abs. 6 S. 1 RVG auch dann anzusetzen, wenn der Mandant sich lediglich vor Antragstellung und Pflichtverteidigerbestellung, aber während der Tätigkeit des Verteidigers nicht auf freiem Fuß befunden hat.
Für das Entstehen einer Terminsgebühr mit Zuschlag ist es ausreichend, wenn der Angeklagte erst am Ende des Verhandlungstages, aber vor Beendigung des Hauptverhandlungstermins, in Haft genommen wird. Die Terminsgebühr entsteht auch mit Zuschlag, wenn der Haftbefehl, z.B. ein Haftbefehl nach § 230 Abs. 2 StPO, während der Hauptverhandlung aufgehoben wird. Entscheidend ist, dass der Mandant dann zumindest während eines Teils der Hauptverhandlung nicht auf freiem Fuß war; der einmal entstandene (Haft-)Zuschlag entfällt nicht durch die Aufhebung des Haftbefehls (§ 15 Abs. 4 RVG). Die Terminsgebühr mit Zuschlag entsteht immer nur für die Termine, während derer der Angeklagte sich nicht auf freiem Fuß befunden hat (s. das Beispiel 6 unter VII.).