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Das VV RVG sieht an vielen Stellen Gebühren mit Zuschlag vor, so z.B. in den Nrn. 4101, 4103, 4105, 4107 VV usw. Wann der Rechtsanwalt diese gegenüber der normalen Gebühr mit einem erhöhten Gebührenrahmen ausgestattete Gebühr erhält, regelt die Vorbem. 4 Abs. 4 VV. Über das Entstehen dieses Zuschlags kommt es in der Praxis immer wieder zum Streit. Der nachfolgende Beitrag stellt die Anwendung dieser Regelung – als Update zu dem Beitrag in RVGreport 2011, 242 – vor.
I. Allgemeines
Die Gebühren mit Zuschlag sind gegenüber der "normalen" Gebühr im Gebührenrahmen erhöht. Wann der Rechtsanwalt diese Gebühr mit einem erhöhten Gebührenrahmen erhält, regelt Vorbem. 4 Abs. 4 VV. Danach verdient der Rechtsanwalt/Verteidiger diese erhöhte Gebühr, wenn sich der Beschuldigte/sein Mandant nicht auf freiem Fuß befindet. Durch diese erhöhten Gebühren sollen diejenigen Mehrarbeiten des Rechtsanwalts abgegolten werden, die durch die Verteidigung eines inhaftierten Mandanten entstehen.
II. Persönlicher Geltungsbereich
Der Zuschlag steht ggf. sowohl dem Wahlanwalt als auch dem gerichtlich beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalt, also i.d.R. dem Pflichtverteidiger, zu. Für den Rechtsanwalt, der nur mit Einzeltätigkeiten beauftragt worden ist, wird ein Zuschlag nicht gewährt (vgl. Nrn. 4300 ff. VV).
Die Vorbem. 4 Abs. 4 VV gilt für den Vertreter/Beistand des Nebenklägers "entsprechend". Daraus folgt, dass es in diesen Fällen nicht darauf ankommt, ob der Beschuldigte sich nicht auf freiem Fuß befindet, sondern darauf, ob der Nebenkläger in Haft ist. Befindet sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß und entstehen dadurch für den Nebenklägervertreter Erschwernisse, so z.B. wenn die Hauptverhandlung wegen einer Erkrankung des Beschuldigten in der Justizvollzugsanstalt stattfinden muss, sind diese Erschwernisse ggf. bei der Terminsgebühr über § 14 RVG erhöhend zu berücksichtigen. Entsprechendes gilt für die in Vorbem. 4 Abs. 1 VV genannten anderen Verfahrensbeteiligten. Entscheidend ist also für das Entstehen des Zuschlags, dass sich der Mandant des Rechtsanwalts nicht auf freiem Fuß befindet.
III. Sachlicher Geltungsbereich
1. Allgemeines
Gebühren mit Zuschlag können in allen Verfahrensabschnitten entstehen, also im vorbereitenden Verfahren (s. Nr. 4105 VV) und im gerichtlichen Verfahren in jedem Rechtszug. Auch die Grundgebühr kann mit Zuschlag anfallen (vgl. Nr. 4101 VV). Die Gebühr mit Zuschlag entsteht für jeden Hauptverhandlungstag (vgl. z.B. Nr. 4109 VV). Endet das Verfahren durch Einstellung oder anderweitig, erhält der Rechtsanwalt die zusätzliche Gebühr Nr. 4141 VV i.H.d. jeweiligen Verfahrensgebühr allerdings ohne Zuschlag (vgl. Anm. Abs. 3 S. 3 zu Nr. 4141 VV).
Der Zuschlag fällt i.Ü. auch bei den Gebühren in der Strafvollstreckung nach den Nrn. 4200 ff. VV an.
Der Zuschlag soll die Erschwernisse abgelten, die dadurch entstehen, dass sich der Mandant nicht auf freiem Fuß befindet. Ob tatsächlich Erschwernisse entstanden sind oder entstehen, ist ohne Bedeutung. Die Gebühr entsteht also immer dann mit Zuschlag, wenn der Beschuldigte in dem jeweiligen Verfahrensabschnitt nicht auf freiem Fuß war. Das folgt schon daraus, dass die Regelung nicht mehr wie § 83 Abs. 3 BRAGO als Ermessensregelung ausgebildet ist. Diese Regelung hat zur Folge, dass der Verteidiger den Zuschlag nicht näher begründen muss.
2. Katalog der erfassten Tätigkeiten
Abgegolten werden durch den (Haft-)Zuschlag u.a. die Schwierigkeiten bzw. Erschwernisse, die der Rechtsanwalt hat, um Zugang zu seinem Mandanten zu bekommen, um sich mit diesem zu besprechen, insbesondere also Besuche in der Justizvollzugsanstalt. Es werden aber auch die besonderen Verfahren, die ggf. durch eine Inhaftierung ausgelöst werden, wie also z.B. Haftbeschwerden, Beschwerden bzw. Verfahren in Zusammenhang mit den Bedingungen der Untersuchungshaft usw. abgegolten. Durch den Zuschlag nicht ausgeglichen wird allerdings der Zeitaufwand, der dem Rechtsanwalt durch die Teilnahme an Haftprüfungsterminen entsteht. Der dadurch entstehende Zei...