Rz. 49
Weshalb sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß befindet, ist für die Anwendung des Abs. 4 unerheblich. Hauptanwendungsfall ist sicherlich die Untersuchungshaft; die Vorschrift des Abs. 4 gilt jedoch auch bei
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Unterbringungen nach dem Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG), |
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bei einer Sicherungsverwahrung, |
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einer Zwangshaft (§§ 888, 901 ZPO), |
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vorläufige Festnahme nach § 127 Abs. 1 StPO bzw. § 127b Abs. 1 StPO, |
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der Unterbringung in einer Einrichtung der Jugendhilfe zur Vermeidung der Untersuchungshaft nach § 71 Abs. 3 JGG i.V.m. § 71 Abs. 2 JGG, |
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Betreutes Wohnen, |
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Betreutes Wohnen im psychiatrischen Krankenhaus, |
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Unterbringung im Rahmen von Lockerungen in einem Übergangswohnheim; diese Fallgestaltung ist vergleichbar mit dem Aufenthalt eines Verurteilten im offenen Vollzug. |
Rz. 50
Strittig ist, ob ein Haftzuschlag anfällt, wenn sich der Mandant in offenem Vollzug befindet. Das wird teilweise abgelehnt. Zutreffenderweise kommt es für die Entstehung des Zuschlags jedoch nicht darauf an, ob im Einzelfall aufgrund der Inhaftierung Umstände gegeben sind, die konkrete Erschwernisse der Tätigkeit des Rechtsanwalts zur Folge haben. Daher ist auch im offenen Vollzug Abs. 4 anzuwenden.
Rz. 51
Dagegen kommt ein Haftzuschlag nicht in Betracht, wenn sich der Beschuldigte freiwillig in einer stationären Therapieeinrichtung befindet.
Rz. 52
Dem Verteidiger steht ein Haftzuschlag auch dann nicht zu, wenn der in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebrachte Mandant bereits dauerhaft in einem externen Pflegeheim wohnt (betreutes Wohnen), sich also gar nicht mehr im Krankenhaus der Maßregelvollzugs aufhält.
Rz. 53
Es ist auch nicht erforderlich, dass der Beschuldigte in der Sache inhaftiert oder untergebracht ist, wegen der er verteidigt wird. Dem Verteidiger steht auch dann der Haftzuschlag nach Abs. 4 zu, wenn der Mandant in einer anderen Strafsache inhaftiert ist, in der der Verteidiger nicht tätig ist. Dies beruht darauf, dass der Mehraufwand, der dem Verteidiger dadurch entsteht, dass sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß befindet, unabhängig davon ist, weshalb er inhaftiert ist.
Rz. 54
Unerheblich ist auch, wie lange sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß befunden hat. So reicht es im gerichtlichen Verfahren bei der Verfahrensgebühr für die Anwendung des Abs. 4 aus, dass der Beschuldigte sich zu Beginn des gerichtlichen Verfahrens noch in Untersuchungshaft befand. Es ist nicht erforderlich, dass diese bis zum Beginn der Hauptverhandlung fortbestand. Endete die Untersuchungshaft dagegen schon im vorbereitenden Verfahren, kommt eine Erhöhung nach Abs. 4 für das gerichtliche Verfahren nicht in Betracht, sondern nur für die Gebühren der VV 4100, 4102, 4104.
Rz. 55
Ebenso reicht aus, dass der Beschuldigte erst im Verlauf des Verfahrens – gegebenenfalls auch nur vorübergehend – inhaftiert worden ist.
Rz. 56
Umgekehrt reicht die Inhaftierung erst während eines Fortsetzungstermins nicht aus, um die Terminsgebühr für einen vorangegangenen Hauptverhandlungstermin zu erhöhen, in dem der Beschuldigte sich noch auf freiem Fuß befand.
Rz. 57
Wird gegen den Angeklagten in einem Hauptverhandlungstermin zwar nach vollständiger Urteilsverkündung, aber noch vor Rechtsmittelbelehrung ein Haftbefehl verkündet, so steht dem Verteidiger die Terminsgebühr mit Zuschlag zu. Gleiches muss dann auch für die Verfahrensgebühr gelten, zumal das Einlegen des Rechtsmittels noch durch die Verfahrensgebühr abgegolten wird.
Rz. 58
Die Frage des Haftzuschlags ist für jede Gebühr gesondert zu prüfen. Dies folgt schon aus dem eindeutigen Wortlaut der VV Vorb. 4 Abs. 4: "erhöht sich die Gebühr". Abgestellt wird also auf die konkrete Gebühr. Anderenfalls müsste es in VV Vorb. 4 Abs. 4 heißen "erhöhen sich alle Gebühren".
Beispiel: Der Anwalt wird im vorbereitenden und im gerichtlichen Verfahren vor dem AG als Verteidiger tätig. Im vorbereitenden Verfahren befindet sich der Beschuldigte auf freiem Fuß. Nach Anklageerhebung wird er inhaftiert. Es findet später ein Haftprüfungstermin statt. Nach dem ersten Hauptverhandlungstermin wird der Beschuldigte wieder auf freien Fuß gesetzt. Es findet dann noch ein Fortsetzungstermin statt.
Die Grundgebühr (VV 4100) sowie Verfahrensgebühr der VV 4104 entstehen ohne Zuschlag, da sich der Beschuldigte während des vorbereitenden Verfahrens auf freiem Fuß befand.
Die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens (VV 4106) sowie die Terminsgebühr für den Haftprüfungstermin (VV 4102 Nr. 3) und die Terminsgebühr für den ersten Hauptverhandlungstermin (VV 4108) entstehen mit Zuschlag. Die Gebühr für den Fortsetzungstermin entsteht dagegen ohne Zuschlag, da zu diesem Zeitpunkt der Beschuldigte wieder auf freiem Fuß war.
Zu rechnen ist wie folgt:
I. Vorbereitendes Verfahren
1. |
Grundgebühr, VV 4100 |
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210,00 EUR |
2. |
Verfahrensgebühr, VV 4104 |
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181,50 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
411,50 EUR |
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4. |
1... |