1. Prozessbevollmächtigte der Beklagten nicht beschwert
Nach Auffassung des OLG Celle ist die Prozessbevollmächtigte der Beklagten durch den angefochtenen Streitwertfestsetzungsbeschluss nicht beschwert. Dabei hat das OLG offengelassen, ob die vom LG Hannover vorgenommene gestaffelte Streitwertfestsetzung überhaupt zulässig ist (dagegen OLG Dresden AGS 2022, 463 [Hansens] = JurBüro 2022, 474; OLG Bremen AGS 2022, 92 [N. Schneider] = JurBüro 2022, 141).
Die Streitwertbeschwerde war nach Auffassung des OLG Celle deshalb unzulässig, weil unabhängig von der mit der Beschwerde angestrebten Änderung der Streitwertfestsetzung die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV aus einem Gegenstandswert von 16.452,83 EUR und die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV aus einem Gegenstandswert von 5.496,57 EUR zu berechnen sei. Ein Erfolg der Beschwerde würde daher die Rechtsposition der Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht verbessern.
2. Auswirkungen der Streitwertfestsetzung auf die Anwaltsgebühren
a) Grundsatz
Gem. § 23 Abs. 1 S. 1 RVG bestimmt sich der für die Berechnung der Anwaltsgebühren maßgebliche Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebliche Streitwert gerichtlich festgesetzt, ist diese Festsetzung gem. § 32 Abs. 1 RVG auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgeblich.
b) Ausnahmen
Dies gilt nach Auffassung des OLG Celle jedoch nur dann, wenn der Gegenstand der gerichtlichen mit dem der anwaltlichen Tätigkeit identisch ist. Folglich müsse sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts auftragsgemäß auf denselben Gegenstand bezogen haben, der auch der gerichtlichen Tätigkeit zugrunde gelegen hat (BGH AGS 2018, 60 = RVGreport 2018, 150 [Hansens]).
Soweit sich hingegen der Gegenstand der gerichtlichen Tätigkeit nicht mit derjenigen des Rechtsanwalts decke, berechneten sich die wertabhängigen Gebühren des Rechtsanwalts nach einem anderen Gegenstandswert als nach dem für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Streitwert.
c) Terminsgebühr
Dies gilt nach den weiteren Ausführungen insbesondere für die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV. Diese bestimmt sich – so das OLG Celle – nach dem Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit in der mündlichen Verhandlung. Demgegenüber sei für die gerichtliche Verfahrensgebühr nach Nr. 1210 GKG KV nach § 39 GKG der Gesamtwert aller während des Verfahrens anhängig gemachten Gegenstände maßgebend (s. OLG München AGS 2021, 39 [Hansens] = zfs 2021, 166; OLG Nürnberg NJW 2022, 951).
Daraus folgt nach den weiteren Ausführungen des OLG, dass auch die von der Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit ihrer Beschwerde angestrebte Festsetzung des Streitwertes auf einheitlich 16.452,83 EUR für die Berechnung der Terminsgebühr nicht gem. § 32 Abs. 1 RVG maßgeblich sei. Der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit sei nämlich nicht mit dem der gerichtlichen Tätigkeit identisch.
3. Gegenstandswert der Verfahrensgebühr
Das OLG Celle hat darauf hingewiesen, dass sich die anwaltliche Verfahrensgebühr nach N. 3100 VV ebenso wie die gerichtliche Verfahrensgebühr nach Nr. 1210 GKG KV nach den Anträgen aus den Schriftsätzen vom 31.5.2022 berechnet und damit nach einem Wert von 16.452,83 EUR angefallen sei. Insoweit bestehe nämlich Identität zwischen dem Wert der anwaltlichen und der der gerichtlichen Tätigkeit. Dies habe zur Folge, dass der für die Gerichtsgebühren maßgebende Streitwert gem. § 32 Abs. 1 RVG auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend sei. Die Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe auch nicht geltend gemacht, dass diese Wertfestsetzung unzutreffend sei.
4. Gegenstandswert der Terminsgebühr
Demgegenüber sei für die Terminsgebühr der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit in der mündlichen Verhandlung vom 8.11.2022 maßgebend. Infolge der Teilklagerücknahme berechne sich der Gegenstandswert nicht nach dem ursprünglichen Wert i.H.v. 16.452,83 EUR, sondern nach dem verbleibenden Gegenstand der Klage. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Rücknahme – wie hier – vor dem Aufruf der Sache wirksam geworden sei – und dem Gericht bei der Verhandlung bekannt gewesen sei. Der Kläger habe seine Klage vor Aufruf der Sache mit Schriftsatz vom 0.11.2022 teilweise zurückgenommen. Dieser Schriftsatz war um 8:38 Uhr beim Gericht eingegangen und damit vor Beginn des in dieser Sache auf 9:30 Uhr angesetzten Termins.
a) Teilklagerücknahem vor dem Termin
Damit war die Klagerücknahme gem. § 269 Abs. 1 ZPO vor Beginn der mündlichen Verhandlung wirksam geworden. Einer Einwilligung der Beklagten insoweit hat es nach den Ausführungen des OLG Celle nicht bedurft, da bis zu diesem Zeitpunkt nicht mündlich verhandelt worden war. Ausweislich der Sitzungsniederschrift sei die Teilklagerücknahme sowohl dem Gericht als auch der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu Beginn der mündlichen Verhandlung bereits bekannt gewesen. Demgegenüber entstehe die Terminsgebühr nach N. 3104 VV mit der Terminswahrnehmung durch den Rechtsanwalt, der in dem Termin lediglich vertretun...