1. Abgrenzung Streitwert/Gegenstandswert
Die Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren nach § 63 GKG ist von der Wertfestsetzung für die Anwaltsgebühren nach § 33 RVG zu unterscheiden. Zwar besteht nach § 32 Abs. 1 RVG eine Bindungswirkung für den Anwalt an den vom Gericht festgesetzten Streitwert; jedoch können Auftraggeber und Anwalt nach § 33 Abs. 1 RVG eine gesonderte Festsetzung des Gegenstandswerts beantragen, wenn sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert richten oder es an einem solchen Wert fehlt. In einem solchen Fall setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.
Ein solcher Fall liegt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur dann vor, wenn geltend gemacht wird, dass sich die Anwaltsgebühren nicht nach dem (Gesamt-)Streitwert berechnen, sondern auch dann, wenn geltend gemacht wird, dass für einzelne Streitgenossen nicht der volle Wert, sondern nur ein Teilwert gelte.
2. Anteilige Werte müssen für die Abrechnung feststehen
Eine solche Festsetzung ist auch geboten, da bei unterschiedlichen Kostenquotierungen – wie hier – anderenfalls nicht ermittelt werden kann, welcher Streitgenosse welche Vergütung gegenüber seinem Anwalt schuldet und folglich zur Festsetzung anmelden kann. Insoweit ist § 7 Abs. 2 RVG zu beachten. Der Anwalt kann von jedem seiner Auftraggeber die Gebühren verlangen, die entstanden wären, wenn der Auftraggeber den Anwalt alleine beauftragt hätte. Dazu muss aber festgestellt werden, welcher Gegenstandswert dann der jeweiligen alleinigen Beauftragung zugrunde zu legen ist.
Zudem muss feststehen, an welchem Wert beide Kläger beteiligt sind, da ja nur aus diesem Wert die Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV berechnet werden darf. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Entscheidung des KG (AGS 2021, 281) hingewiesen. Im Gegensatz zur Streitwertfestsetzung nach § 63 GKG findet eine Wertfestsetzung nach § 33 RVG nur zwischen dem Anwalt und dem einzelnen Mandanten statt, und entfaltet nur insoweit Wirkung. Diese Wertfestsetzung ist dagegen nicht – wie eine Streitwertfestsetzung – allgemeinverbindlich.
3. Die Abrechnung
a) Vorbemerkung
Bei der Abrechnung ist jetzt die Vorschrift des § 7 RVG zu beachten. Der Anwalt erhält seine Vergütung insgesamt nur einmal (§ 7 Abs. 1 RVG). Jeder einzelne Auftraggeber schuldet dabei die Vergütung, die er schulden würde, wenn er den Auftrag alleine erteilt hätte (§ 7 Abs. 2 RVG).
b) Gesamtabrechnung
Insgesamt ergibt sich folgende Abrechnung der Anwaltsvergütung (zur Erhöhung der Verfahrensgebühr bei unterschiedlicher Beteiligung mehrerer Auftraggeber s. AG Augsburg AGS 2008, 434; LG Saarbrücken AGS 2012, 56; LG Bonn Rpfleger 1995, 384):
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
1.151,50 EUR |
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(Wert: 101.712,39 EUR) |
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2. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV |
2.347,20 EUR |
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(Wert: 72.109,98 EUR) |
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gem. § 15 Abs. 3 RVG |
3.400,00 EUR |
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nicht mehr als 1,6 |
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aus 173.822,37 EUR |
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3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
2.550,60 EUR |
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(Wert: 173.822,37 EUR) |
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Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
4. |
Zwischensumme |
5.970,60 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
1.134,41 EUR |
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Gesamt |
7.105,01 EUR |
c) Einzelabrechnung
Nunmehr ist zu prüfen, welche Vergütung der Anwalt von den einzelnen Mandanten verlangen kann.
Für die Klägerin zu 1) ergibt sich dabei ein Gegenstandswert i.H.v. 14.125,00 EUR + 72.109,98 EUR, insgesamt 86.234,98 EUR, und damit folgende Abrechnung:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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2.029,30 EUR |
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(Wert: 86.234,98 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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1.873,20 EUR |
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(Wert: 86.234,98 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
3.922,50 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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745,28 EUR |
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Gesamt |
4.667,78 EUR |
Für den Kläger zu 2) ergibt sich ein Gegenstandswert von 87.587,39 EUR + 72.109,98 EUR, insgesamt 159.697,37 EUR, und damit folgende Abrechnung:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
2.640,30 EUR |
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(Wert: 159.697,37 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
2.437,20 EUR |
|
(Wert: 159.697,37 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
5.097,50 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7002 VV |
968,53 EUR |
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Gesamt |
6.066,03 EUR |
4. Die Kostenfestsetzung
a) Vorbemerkung
Zu beachten ist nunmehr, dass ein einheitlicher Kostenfestsetzungsantrag nicht zulässig ist. Vielmehr muss bei mehreren Erstattungsgläubigern für jeden einzelnen Erstattungsgläubiger angegeben werden, welchen Anteil an der Gesamtvergütung er beansprucht.
Besteht die erstattungsberechtigte Partei aus mehreren Personen, so besteht grds. keine Gesamtgläubigerschaft. Vielmehr besteht nach § 420 BGB grds. Teilgläubigerschaft. Mehrere Streitgenossen sind hinsichtlich der auf ihrer Seite insgesamt angefallenen Anwaltskosten dann als Anteilsgläubiger anzusehen (BGH MDR 2023, 395). Diese Teilgläubigerschaft hat zur Folge, dass im Kostenfestsetzungsantrag angegeben werden muss, we...