Der Senat verkennt dabei nicht, dass der BGH mit Beschl. v. 24.1.2007 (NJW 2007, 1692) insbesondere unter Berufung auf die Gesetzgebungsmaterialien entschieden hat, dass die in Nr. 3105 VV vorgesehene Gebührenreduzierung nur dann gelten soll, wenn der Rechtsanwalt im Termin neben der Stellung der Anträge auf Erlass eines Versäumnisurteils tatsächlich keine weiteren Tätigkeiten entfaltet. Dem Anwalt soll auch in einem Termin, in dem eine Säumnislage eintritt, ein beachtlicher, höher zu vergütender Mehraufwand entstehen, wenn er seine Klaganträge nach Erörterung mit dem Gericht angepasst hat (BGH, a.a.O., Rn 10).
Der Senat hält es indessen jedenfalls für den hier vorliegenden Sonderfall, dass sich die Erörterungen der im Termin allein anwesenden Partei mit dem Gericht nicht auf die Hauptforderung, sondern ausschließlich auf eine Nebenforderung – nämlich den Anspruch auf Verzugszinsen, konkret den Beginn der Verzinsungspflicht – bezogen hat und die Klagepartei auf einen erst im Termin erfolgenden Hinweis des Gerichts hin die Klage hinsichtlich der Nebenforderung teilweise zurücknimmt, für geboten, von dem genannten Grundsatz abzuweichen, dass im Säumnistermin doch eine volle 1,2-Terminsgebühr auf den vollen Gegenstandswert entsteht.
In dem vom BGH zu entscheidenden Fall war von der Erörterung und nachfolgenden Anpassung des Klagantrags die Hauptsache betroffen. Gleiches gilt für die Entscheidung des LAG Hessen vom 14.12.2005 (NZA-RR 2006, 436, 437).
Ohne Differenzierung bejaht auch ein Teil der Lit. den Anfall der vollen Terminsgebühr mit einem Satz von 1,2 auf den vollen Hauptsachewert (Mayer/Kroiß/Mayer, 8. Aufl., 2021, VV 3105 Rn 13; BeckOK RVG/v. Seltmann, 62. Ed., Stand: 2021, VV 3105, Rn 1; Riedel/Sußbauer/Ahlmann, RVG, 10. Aufl., 2015, VV 3105 Rn 15).
Ein anderer Teil der Lit. hält hingegen eine Differenzierung hinsichtlich des Gegenstandes der Erörterung im Termin für möglich, sodass nur auf den Teil der Klagansprüche, zu dem die Erörterungen stattgefunden haben, eine Vergütung mit einem Satz von 1,2 anfällt (Toussaint, a.a.O., Rn 9; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 26. Aufl., 2023, RVG VV 3105, Rn 31 – explizit für den Zinsanspruch).
Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Für den hier vorliegenden Spezialfall bedeutet die vom BGH vorgegebene Auslegung von Nr. 3105 VV eine unangemessene Privilegierung des anwaltlichen Vertreters der Klägerseite. Für die Frage des Bestehens eines Zinszahlungsanspruchs ist – entgegen Rn 10 der o.g. BGH-Entscheidung – nicht ersichtlich, wie die Einreichung einer teilweise unschlüssigen Zinsklage nicht auf einer nachlässigen Vorbereitung durch den klägerischen Anwalt beruhen soll. Dem klägerischen Anwalt würde mit dem Ansatz der vollen Terminsgebühr auf den Hauptsachewert eine Vergütung zufließen, die er – wegen eines entgegenstehenden Schadensersatzanspruchs seines Mandanten aus dem Anwaltsvertrag – gegen seinen eigenen Mandanten nicht durchsetzen könnte, da er eine von vornherein für ihn erkennbar unschlüssige Klage gar nichts erst einreichen darf.
Anders als bei einer teilweisen Abweisung der Klage in der Hauptsache, die regelhaft zu einer Kostenquote führen wird, werden die berechtigten Interessen des Prozessgegners bei einer teilweisen Klagrücknahme hinsichtlich der Nebenforderung auch nicht etwa auf der vorgelagerten Ebene der Kostengrundentscheidung geschützt. Die teilweise Klagrücknahme hinsichtlich der Zinsforderung führt nach dem Rechtsgedanken des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nämlich in aller Regel nicht zu einer auch nur teilweisen Kostenbeteiligung des nachlässigen Klägers, da die Höhe der Zinsforderung wegen § 4 ZPO nicht streitwertrelevant ist und daher nicht zu einem sog. "Gebührensprung" führt.
Ferner würde eine Anwendung der o.g. Rspr. des BGH auf die Konstellation der Zuvielforderung von Zinsen in Widerspruch zu § 139 Abs. 2 ZPO stehen. Wenn der Gesetzgeber zur Beschleunigung der Verfahren die richterliche Hinweispflicht für Nebenforderungen reduziert, dann aber das Gericht im Termin – zur Erleichterung der eigenen Arbeit, da bei erfolgender Klagrücknahme die Erleichterung des § 313b Abs. 1 S. 1 ZPO greift und kein Teil-Endurteil (im Sinne eines teilweisen Versäumnisurteils) erforderlich ist – doch diesen Hinweis erteilt, müsste ein auch für die Kosteninteressen der Beklagtenseite achtendes Gericht den entsprechenden Hinweis richtigerweise bereits vorterminlich geben, damit die teilweise Klagrücknahme noch vor dem Termin ausgesprochen werden kann. Dies wiederum führt doch wieder zu einer Ausweitung der vorterminlichen richterlichen Befassung des Gerichts mit den Nebenforderungen.
Schließlich erscheint der Mehraufwand für den Klägervertreter, der dadurch entsteht, dass der Klägervertreter die eindeutige Rechtslage hinsichtlich der zunächst fehlenden Fälligkeit der zweiten Rate der Hauptforderung anhand des richterlichen Hinweises nachvollzieht, dem Senat so gering zu sein, dass eine Mehrvergütung von nahezu 400,00 EUR eindeutig unangemessen ist.