1. 0,5-Terminsgebühr aus dem Wert der Hauptsache

Die Entscheidung des OLG ist im Ergebnis zutreffend. Die gleiche Fallkonstellation ist bereits vom OLG Köln entschieden worden, sodass es verwundert, dass das OLG Hamburg darauf nicht eingegangen ist. Es lohnt sich, hier den Leitsatz der Entscheidung des OLG Köln wörtlich wiederzugeben:

Zitat

Terminsgebühr bei Teilklagerücknahme und Säumnis des Gegners

Ist in dem Termin zur mündlichen Verhandlung der Beklagte nicht erschienen und auch nicht ordnungsgemäß vertreten und erörtert der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit dem Gericht einen Teil der Zinsforderung, so erhält der Klägervertreter für den erörterten Zinsanspruch eine 1,2-Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV und eine 0,5-Terminsgebühr nach dem Wert der Hauptsache, wenn der Klägervertreter nach Rücknahme eines Teils des Zinsanspruchs einen Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils stellt.

OLG Köln, Beschl. v. 5.12.2005 – 17 W 232/05, AGS 2006, 224 = RVGreport 2006, 104

2. Problem Teilerörterung

Der Kern des Problems liegt letztlich nicht darin begründet, dass hier nur über eine Nebenforderung erörtert worden ist, sondern darin, ob das Erörtern über einen Teil des Streitgegenstands die Ermäßigung insgesamt ausschließt.

 

Beispiel

Im Termin zur mündlichen Verhandlung erscheint der Beklagte nicht und ist auch nicht anwaltlich vertreten. Das Gericht weist den Anwalt des Klägers darauf hin, dass zwar der Klageantrag zu 1) über 4.000,00 EUR schlüssig sei, nicht jedoch der Klageantrag zu 2) über 6.000,00 EUR. Durch die Erörterung lässt sich das Gericht überzeugen und erlässt das Versäumnisurteil über die Gesamtforderung.

Nach zutreffender Auffassung (OLG Köln AGS 2006, 224; ausführlich N. Schneider, Mischfälle der Terminsgebühr – volle und ermäßigte Gebühr, RVGreport 2013, 82) ist aus dem Teilwert von 4.000,00 EUR nur die 0,5-Terminsgebühr nach Nrn. 3104, 3105 VV angefallen, da insoweit lediglich ein Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gestellt worden ist. Aus dem weiteren Teilwert von 6.000,00 EUR ist die 1,2-Terminsgebühr entstanden, da insoweit vor Erlass des Versäumnisurteils erörtert worden ist. Zu beachten ist § 15 Abs. 3 RVG.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   798,20 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   468,00 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
3. 0,5-Terminsgebühr, Nrn. 3104, 3105 VV   139,00 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
  die Grenze des § 15 Abs. 3 RVG, nicht mehr als 1,2 aus 10.000,00 EUR (736,80 EUR), ist nicht überschritten    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.425,20 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   270,79 EUR
  Gesamt   1.695,99 EUR

Nach a.A. (ArbG Siegburg AGS 2010, 479; Schons, in Anm. zu OLG Köln AGS 2006, 224) soll eine volle 1,2-Terminsgebühr aus dem Gesamtwert abzurechnen sein, da jegliche Erörterung, und sei es auch nur eine Nebenforderung, die Anwendung der Nr. 3105 VV ausschließe.

Unterschiede zwischen diesen beiden Auffassungen ergeben sich allerdings nur, wenn – wie hier – § 15 Abs. 3 RVG nicht greift, wenn also die Summe der Einzelgebühren unter dem Betrag einer Gebühr nach dem Höchstsatz aus dem Gesamtwert liegt.

3. Schon Klagerücknahme führt zur vollen Terminsgebühr

Soweit die Parteien darüber gestritten haben, ob über die Zinsen erörtert worden ist, war dies letztlich unerheblich. Sie haben übersehen, dass eine Klagerücknahme im Termin immer die volle 1,2-Terminsgbeühr auslöst (LAG Baden-Württemberg AGS 2010, 528; KG RVGreport 2006, 149). Daher war schon alleine durch die Rücknahme der Klage hinsichtlich der Zinsen die volle Terminsgebühr aus diesem Wert entstanden.

4. Lösung des Falles

Wie bei Säumnis und Erörterung nur einer Nebenforderung – also bei der im Ausgangsfall gegebenen Konstellation – abzurechnen ist, soll an folgendem Beispiel verdeutlich werden:

 

Beispiel

Im Termin zur mündlichen Verhandlung weist das Gericht darauf hin, dass die Klage i.H.v. 10.000,00 EUR zwar schlüssig sei, nicht jedoch der Zinsantrag (Gegenstandswert 500,00 EUR). Nach Erörterung wird der Zinsantrag zurückgenommen. I.Ü. hatte der Kläger beantragt, ein Versäumnisurteil zu erlassen.

Die 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) fällt nur aus dem Wert der Hauptsache an (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 43 Abs. 1 GKG).

Aus dem Wert der Hauptsache (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 43 Abs. 1 GKG) fällt auch die 0,5-Terminsgebühr an, da hinsichtlich der Hauptsache bei Säumnis des Gegners nur ein Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gestellt worden ist.

Aus dem Wert der Zinsen (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG; § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO) ist dagegen die volle 1,2-Terminsgebühr angefallen, da hierüber erörtert worden ist und eine Klagerücknahme im Termin immer die volle 1,2-Terminsgebühr auslöst (LAG Stuttgart AGS 2010, 528; KG RVGreport 2006, 149). Dass die Erörterung und die Rücknahme nur eine Nebenforderung betraf, ist unerheblich. Die Vorschrift des § 43 Abs. 1 GKG stellt nur ein Additionsverbot, aber kein Bewertungsverbot dar. Nebenforderungen werden dem Wert...

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