Ob nach Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs der Antrag auch als elektronisches Dokument auf dem hierfür zulässigen elektronischen Übermittlungsweg gegenwärtig bereits eingereicht werden kann, § 5 BerHG i.V.m. § 14 Abs. 2 FamFG, § 130a ZPO, ist umstritten. Bislang wurde hiervon ausgegangen. In RVGreport 2020, 370 ff. wurde aber bereits über die anstehende Reform im Rahmen der BerH berichtet. Bereits der damals thematisierte RegE des Gesetzes zur Modernisierung des notariellen Berufsrechts und zur Änderung weiterer Vorschriften sah hier in seiner Begründung eine – vom Autor bislang ebenfalls nicht bemerkte und beachtete – wichtige Fundstelle vor: Es sollte danach nunmehr § 4 BerHG dahingehend modifiziert werden, dass § 130a ZPO explizit eine Nennung findet. Der Gesetzesentwurf ging nämlich davon aus, dass § 130a ZPO gerade und bislang noch keine Anwendung findet. Diese Argumentation erscheint einleuchtend und findet z.B. im Rahmen der Ähnlichkeit zur Erinnerung nach dem BerHG seine Parallele. Das BerHG erklärt die Bestimmungen des FamFG nur subsidiär für anwendbar, nämlich dann, wenn das BerHG selbst nichts Eigenständiges regelt. So wird aus diesem Aspekt heraus auch im Rahmen der BerH bei der Erinnerung argumentiert und hier das Rechtsmittel des BerHG als lex specialis angesehen. Da das BerHG für die Antragstellung ebenfalls eine eigenständige Regelung bietet, verbietet sich "der Gang ins FamFG". So sieht das BerHG eben nur die mündliche oder schriftliche, nicht aber die elektronische Einreichung vor. In seiner Begründung zur Änderung des § 4 BerHG soll nun "explizit" dieser Mangel behoben und eine Öffnung für den elektronische Rechtsverkehr bei Antragstellung erst geschaffen werden, was im Umkehrschluss bedeutet, dass eine solche Regelung bislang nicht vorhanden sein soll.
Die Entwurfsbegründung besagt hierzu Folgendes:
Zitat
"Gegenwärtig können Anträge auf Beratungshilfe nur mündlich oder schriftlich gestellt werden. Da es sich insoweit um eine ausdrückliche und eigenständige Bestimmung im Sinne des § 5 Satz 1 BerHG handelt, findet § 14 Absatz 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG), der für Verfahren nach dem FamFG § 130a ZPO und die auf dessen Grundlagen erlassenen Rechtsverordnungen für entsprechend anwendbar erklärt, anders als andere Verfahrensregelung des FamFG, die nach § 5 Satz 1 BerHG im Verfahren über die Beratungshilfe subsidiär mangels eigener Regelungen entsprechend gelten, nicht anwendbar sein. Der Gesetzesentwurf erachtet es jedoch sinnvoll, dass die von § 4 Absatz 2 Satz 1 BerHG vorgesehene schriftliche Antragstellung unter den Voraussetzungen des § 130a ZPO auch durch eine elektronische Antragstellung ersetzt werden kann. Denn Verfahren, die als sicher genug für die Einreichung von Schriftsätzen bei Gericht angesehen werden, müssen auch als hinreichend sicher für die Einreichung von Beratungshilfeanträgen gelten. Mit der Neuregelung dürfte es dann zulässig sein, dass Rechtsanwältinnen und -anwälte Beratungshilfeanträge, die von ihren Mandanten unterzeichnet wurden, über das besondere elektronische Anwaltspostfach als sicherem Übermittlungsweg im Sinne des § 130a Absatz 4 Nummer 2 ZPO beim Amtsgericht einreichen. Für die Mandanten selbst eröffnen sich dagegen derzeit nur die Möglichkeiten, Anträge im Sinne des § 130a Absatz 3 ZPO qualifiziert elektronisch zu signieren oder die Versandmöglichkeiten über De-Mail im Sinne des § 130a Absatz 4 Nummer 1 ZPO zu nutzen."
Anmerkung
Zwischenzeitlich folgte auf den Gesetzesentwurf hin der konkrete Gesetzesentwurf der Bundesregierung sowie die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses. Der nunmehr vorliegende Gesetzesentwurf wurde am 10.6.2021 in 3. Beratung im Bundestag verabschiedet. Dabei ergaben sich Änderungen bei den Artikeln 15–22 des ursprünglichen Gesetzesvorhabens. I.Ü. – so der Rechtsausschuss – wurde der bisherige Gesetzesentwurf unverändert beibehalten. Da es sich um ein zustimmungspflichtiges Gesetz handelt, muss der Bundesrat diesem noch zustimmen. Am 25.6.2021, in der vorerst letzten Bundesratssitzung dieser Legislaturperiode, wird der Entwurf als TOP 36 behandelt. Für die Thematik ist dabei das nahende potentielle Inkrafttreten und die die diversen Änderungen nachrangig. Bedeutend ist die Kernaussage bzw. die aufgeworfene Aussage des ganzen Vorhabens, wonach eine elektronische Einreichung derzeit zumindest fraglich erscheint. Während man bislang davon ausging, dass seit dem 1.1.2018 alle Schriftsätze elektronisch eingereicht werden können, könnte die nun aufgeworfene Frage doch weitere Probleme mit sich bringen: Welcher Ansicht ist zu folgen? Sollte die Fallgestaltung zutreffen, was ist mit der Wirksamkeit der bisherigen elektronischen Anträge? Müssen diese v.A.w. aufgehoben werden? Was ist mit dem daraus resultierenden Vergütungsanspruch?
Ein Vertrauensschutz dürfte zudem nicht bestehen, da jeder Einreichende zu prüfen hat, ob diese Einreichu...