[Ohne Titel]

Ist gegen ein Versäumnisurteil ein unzulässiger Einspruch eingelegt worden, etwa wegen Verfristung (§ 339 ZPO) oder weil ihn die nicht postulationsfähige Partei vor dem LG persönlich eingelegt hat (§§ 340 Abs. 1, 78 ZPO), so hat das Gericht den Einspruch durch Urteil als unzulässig zu verwerfen (§ 341 ZPO). Das Versäumnisurteil wird damit rechtskräftig. Gleiches gilt bei der Verwerfung eines Einspruchs gegen einen Vollstreckungsbescheid (§§ 700 Abs. 1, 341 ZPO). In der Praxis besteht in solchen Fällen regelmäßig Unklarheit, wie abzurechnen ist.

I. Unzulässiger Einspruch gegen Versäumnisurteil

1. Abrechnung bis zum Versäumnisurteil

Bis zum Erlass des Versäumnisurteils ergeben sich in der Regel keine Probleme. Der Anwalt erhält neben der 1,3-Verfahrensgebühr eine 0,5-Terminsgebühr nach Nrn. 3104, 3105 VV. Das gilt auch bei einem Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren (Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3105 VV).

 

Beispiel 1

Nach Eingang der Klage (Streitwert: 8.000,00 EUR) ordnet das Gericht das schriftliche Vorverfahren nach § 276 ZPO an. Da der Beklagte seine Verteidigungsbereitschaft nicht anzeigt, ergeht auf Antrag des Klägers gem. § 331 Abs. 3 ZPO im schriftlichen Vorverfahren ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten.

Abzurechnen ist wie folgt:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   652,60 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. 0,5-Terminsgebühr, Nrn. 3104, 3105 VV   251,00 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 923,60 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   175,48 EUR
  Gesamt 1.099,08 EUR

2. Verwerfung im Einspruchstermin

Wird anschließend Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt und der Einspruch in einem gerichtlichen Termin als unzulässig verworfen, entsteht eine Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VV, da nach dieser Vorschrift jeglicher gerichtliche Termin ausreicht, um eine Terminsgebühr auszulösen. Ein Verhandeln ist nicht erforderlich. Die Höhe beläuft sich jetzt auf 1,2, da die Ermäßigung nach Nr. 3105 VV weder bei einem zweiten Termin[1] noch bei einem Einspruchstermin nach Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren[2] greift.

 

Beispiel 2

Wie Beispiel 1; gegen das Versäumnisurteil wird Einspruch eingelegt. Im anschließenden Einspruchstermin wird der Einspruch als unzulässig verworfen.

Die zunächst entstandene 0,5-Terminsgebühr erstarkt jetzt zu einer vollen 1,2-Terminsgebühr.

Abzurechnen ist wie folgt:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   652,60 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   602,40 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.275,20 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   242,25 EUR
  Gesamt 1.517,25 EUR
[1] BGH AGS 2006, 487 = NJW 2006, 2927 = RVGreport 2006, 428.
[2] BGH AGS 2006, 366 = NJW 2006, 3430 = RVGreport 2006, 304.

3. Entscheidung im schriftlichen Verfahren

Nach § 341 Abs. 2 ZPO kann das Gericht einen unzulässigen Einspruch gegen ein Versäumnisurteil auch ohne mündliche Verhandlung verwerfen. Dies ist der Regelfall.

In diesem Fall wird häufig eine fiktive Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 Nr. 3104 VV geltend gemacht, was jedoch unzutreffend ist.

Die erste Voraussetzung der Abs. 1 Nr. 1 Nr. 3104 VV ist noch gegeben, nämlich, dass ein Verfahren mit einer vorgeschriebenen mündlichen Verhandlung zugrunde liegt, da im Erkenntnisverfahren nach § 128 Abs. 1 ZPO mündlich zu verhandeln ist.

Es fehlt jedoch an der zweiten Voraussetzung, nämlich dass das Gericht nur aufgrund der Zustimmung der Parteien ohne mündliche Verhandlung entscheiden darf. Hier verhält es sich dagegen so, dass nach § 341 Abs. 2 ZPO eine Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung unabhängig davon zulässig ist, ob die Parteien dem zustimmen.

Damit liegen die Voraussetzungen der Anm. Abs. 1 Nr. 1 Nr. 3104 VV nicht vor, sodass eine fiktive Terminsgebühr nicht entsteht.

Zitat

Verwirft das Prozessgericht den Einspruch gegen ein Versäumnisurteil als unzulässig ohne mündliche Verhandlung, entsteht keine Terminsgebühr.

OLG Köln, Beschl. v. 12.12.2018 – 17 W 208/18, AGS 2019, 266 = NJW-Spezial 2019, 380 = RVGreport 2019, 297

 

Beispiel 3

Wie Beispiel 1; gegen das Versäumnisurteil legt der Beklagte Einspruch ein, versäumt dabei allerdings die Einspruchsfrist des § 339 ZPO. Das Gericht verwirft daraufhin den Einspruch ohne mündliche Verhandlung als unzulässig.

Für die weitere Tätigkeit erhält der Anwalt jetzt keine zusätzliche Vergütung. Insbesondere entsteht weder eine weitere Terminsgebühr noch erhöht sich der Gebührensatz der Terminsgebühr auf 1,2. Es bleibt bei der Abrechnung wie in Beispiel 1.

II. Unzulässiger Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid

Eine vergleichbare Rechtslage wie nach einem Versäumnisurteil ergibt sich nach einem Vollstreckungsbescheid, da dieser nach § 700 Abs. 1 ZPO einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleichsteht.

1. Abrechnung bis zum Vollstreckungsbescheid

Im Mahnverfahren verdient der Antragstellervertreter die 1,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 3305 VV sowie die 0,5-Verfahrensgebühr für den Vollstreckungsbescheid nach Nr. 3308 VV.

 

Beispiel 4

Der Antragsteller leitet gegen den Antragsgegner ein Mahnverfahren über eine Forderung i.H.v. 10.000,00 EUR ein. Da der Antragsgegner keinen Widerspruch ein...

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