1. Andere Ansicht als die Literatur
Die Entscheidung des BGH reiht sich ein in die Liste "wenig verwalterfreundlichen" Entscheidungen. Der BGH folgt damit seiner Rspr. aus dem Jahr 2017 und setzt diese fort (BGH, Beschl. v. 14.12.2017 – IX ZB 101/15). Diese Ansicht deckt sich jedoch nicht mit der überwiegenden Lit., wonach teilweise eine solche Kürzung nicht angenommen wird, überwiegend zudem davon ausgegangen wird, dass eine Kürzung bereits durch die "Regelkürzung" der Mindestvergütung in § 13 InsVV eingepreist sei (Wischemeyer/Schur, ZVI 2017, 171, 177; Gortan, NZI 2016, 339, 341; Nerlich/Römermann/Stephan, InsO, 42. Aufl., 2021, § 13 InsVV Rn 17; HK-InsO/Keller, 9. Aufl., 2018, § 13 InsVV Rn 19; HmbKomm-InsO/Büttner, 8. Aufl., 2021, § 13 InsVV Rn 14 ff.; Haarmeyer/Mock, InsVV, 6. Aufl., 2019, § 3 Rn 119; BeckOK-InsO/Budnik, 2020, § 13 InsVV Rn 9). Der BGH ist hingegen der Ansicht, dass sich beide Zuschlagsfaktoren nicht ausschließen, sondern in Ausnahmefällen beide zur Anwendung kommen können. Während der Abschlagstatbestand des § 13 InsVV den grundsätzlichen Minderaufwand regele, dass im Verbraucherinsolvenzverfahren notwendigerweise ein außergerichtlicher Einigungsversuch vorangeschaltet sei in dem eine geeignete Stelle i.S.v. § 305 InsO die notwendigen Unterlagen daher bereits gesichtet und aufbereitet habe, was wiederum dann im Falle des Scheiterns zumindest eine Arbeitserleichterung für den Insolvenzverwalter bedeute, stelle § 3 Abs. 2 e) InsVV demgegenüber den Abschlagstatbestand eines sonstigen Minderaufwandes dar, den es zusätzlich in einem einfachen, überschaubaren Verfahren gebe, wie es z.B. das frühere vereinfachte Verfahren war.
2. Querfinanzierungsgedanke als Orientierung
Bei der Beurteilung, ob und in welchem Umfang die Mindestvergütung des § 13 InsVV zusätzlich jedoch noch nach § 3 Abs. 2 Buchst. e InsVV herabgesetzt werden kann, sei jedoch zu berücksichtigen, dass der Insolvenzverwalter aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 12 Abs. 1 GG) in einem seiner Qualifikation und seiner Tätigkeit angemessenen Umfang vergütet werden muss. Wegen des Grundsatzes der Querfinanzierung muss die Vergütung zwar nicht in jedem Einzelfall kostendeckend sein. Der Insolvenzverwalter muss aber auch dann, wenn er überwiegend in massearmen Verfahren beauftragt wird, im Durchschnitt dieser Verfahren eine auskömmliche Vergütung erzielen können (vgl. BGH, Beschl. v. 15.1.2004 – IX ZB 96/03, BGHZ 157, 282, 286, 288 ff.). Der BGH hatte bereits 2004 folglich entschieden, dass die Verwaltervergütung insgesamt "auskömmlich" sein muss. Auskömmlichkeit bedeutet jedoch nicht, wonach stets und in jedem Insolvenzverfahren auch ein Gewinn erzielt werden muss. Der BGH hat seit vielen Jahren und in vielen Entscheidungen – hier reiht sich die genannte Entscheidung ein – grundlegend dargelegt, dass die Vergütung nicht in jedem konkreten Einzelfall kostendeckend, angemessen und gewinnbringend zu sein hat. Vielmehr gewährleiste die gesetzlich vorgesehene pauschale Berechnung nach der Insolvenzmasse (§ 63 Abs. 1 S. 2 InsO, § 2 Abs. 1 InsVV) gerade keine exakt nach dem konkreten Tätigkeitsaufwand berechnete Vergütung. Systembedingt sind daher im Rahmen einer sog. Querfinanzierung Ungenauigkeiten hinzunehmen, sofern das Große und Ganze stimmt. Dies bedeutet, dass die Vergütung des Verwalters insgesamt auf einen gewissen Gesamtausgleich ausgerichtet ist und daher insgesamt in der Vergütung aller bearbeitetet Verfahren auskömmlich sein muss. Es liegt also in der Natur eines solchen betragsorientierten, pauschalierten Vergütungssystems, dass damit eine Vergütung verbunden ist, die nicht in jedem Einzelfall danach fragt, ob alle notwendigen und gesetzlich gebotenen Tätigkeiten im konkreten Fall auch tatsächlich und in welcher Weise erfüllt worden sind, da pauschalierte Vergütungssysteme solche Unscharfen schlicht bewusst in Kauf nehmen.
3. Querfinanzierung als Ausschluss weiterer Kürzung
Sofern nun diese Grundsätze auch auf das Verbraucherverfahren Anwendung finden sollen und ein Abschlag neben dem bereits vorhandenen Abschlag nach § 13 InsVV auch nach § 3 Abs. 2 e) InsVV zu prüfen sein soll, widerspricht dies nach Ansicht des Autors in gewissem Sinne gerade diesem pauschalen, Unschärfe tolerierenden System, in dem es auch hier noch eine Kürzung der Mindestvergütung anhand § 3 Abs. 2e) InsVV erfordern soll. Die Mindestvergütung dürfte selbst nach Anhebung der Gebühren zum 1.1.2021 nicht kostendeckend sein und daher weiter unter dem Blickwinkel der Querfinanzierung zu würdigen sein. Die Mindestvergütung garantiert lediglich, dass der Verwalter bei masselosen Verfahren nicht ganz "leer" ausgeht und ihm ein gewisser Grundaufwand – gemessen an der Zahl der Gläubiger – entschädigt wird (Haarmeyer/Lissner/Metoja, a.a.O., Kap. 9 Rn 2 ff.). Die Regelung findet als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal auch nur in Verfahren Anwendung, in denen eine nach § 2 Abs. 1 InsVV berechnungsfähige Masse fehlt oder so niedrig ist, dass damit nicht einmal die Mindes...